Ältere Männer haben, was jüngere nicht haben...

sacredheart schrieb:Ich meine so den Typ, der mit Mitte 50 plötzlich wieder Kleidung (*) trägt, wo man sich fragt: 'Hast Du Dich heute morgen im Kinderheim angezogen?', wo wochenlang Bändchen von irgendwelchen Parties getragen werden um zu zeigen: Guckt mal, ich war bei irgendeiner Techno Sause und die in ihre Sprache auffallend häufig eine vermeintliche Jugendsprache integrieren, die aber auch meist schon wieder überlebt ist, im Klartext, die vor einem Jahr 'LOL' für sich entdeckt haben. Authenzität ist manchmal besser als hip.

An sowas habe ich jetzt nicht gedacht. Eher an Menschen, die sich immer wieder inspirieren lassen, die Lust haben, Neues auszuprobieren, neue Themengebiete für sich entdecken, gern reisen, wandern, radfahren, oder irgendwelche Projekte für sich entdecken, z.B. im Bereich Theater, Fotografie, Technik, Sport (was halt zu einem passt). In der Regel braucht man dazu keine quietschbunte Kleidung - und wenn, finde ich es auch nicht schlimm.

Jedenfalls finde ich den Typ "altersgrauer Daddy ohne weitere Lebensziele, aufs Rentendasein wartend" nicht so attraktiv.

martenot schrieb:Jedenfalls finde ich den Typ "altersgrauer Daddy ohne weitere Lebensziele, aufs Rentendasein wartend" nicht so attraktiv.

@martenot

Da bin ich bei Dir. Ich finde auch die Idee, das richtige Leben erst nach Renteneintritt anzufangen, sehr gefährlich, besonders wenn man die Zeit zuvor eher angesessen hatte. Immerhin besteht ja auch das Risiko, dass das aus gesundheitlichen Gründen dann zu spät ist.
Aber natürlich, wenn man kann, dann finde ich es auch besser, wirklich weiterzuleben.

Ich kenne aber viele Leute, die weniger durch eigene Faulheit, sondern mehr durch andere Umstände, sehr oft gesundheitlicher Art, daran gehindert werden.

Natürlich ist es schade, wenn innerlich jemand mit 30 schon seit 20 Jahren 50 ist.

@martenot
@sacredheart

Ich muss mich nicht als "Berufsjugendlicher" verkleiden, mir deren Sprachgewohnheiten noch ihren Musikgeschmack zu eigen machen, um mich deutlich jünger zu fühlen als manche von ihnen, deren Wunschhorizont nur bis zum Reihenhäuschen und zur Karriereleiter reicht.
Ich finde, man ist nie zu alt, um sich zu interessieren und zu engagieren - kulturell, sozial und politisch.
Wer aufhört, Träume und Wünsche zu haben, der hört auch bald auf zu atmen.

sacredheart schrieb:Ich finde auch die Idee, das richtige Leben erst nach Renteneintritt anzufangen, sehr gefährlich, besonders wenn man die Zeit zuvor eher angesessen hatte.

Das war eine Denkweise, die ich früher in meiner Jugend häufig von den Älteren gehört hatte. Da hieß es meistens, "das machen wir später, wenn wir in Rente sind." Leider haben einige davon das Renteneintrittsalter kaum überlebt, oder sie waren bis dahin schon zu krank, um die Pläne noch umsetzen zu können.

@martenot

Dieses Warten auf und Verschieben nach der Rente kenne ich von Familienangehörigen und Bekannten, die dann in der Tat vorher den Löffel abgaben. Traurig aber wahr.

Doors schrieb:Ich finde, man ist nie zu alt, um sich zu interessieren und zu engagieren - kulturell, sozial und politisch.
Wer aufhört, Träume und Wünsche zu haben, der hört auch bald auf zu atmen.

Das ist genau meine Denkweise, und genau das macht einen Menschen für mich auch attraktiv - unabhängig vom Alter.

Wie gesagt, meiner Erfahrung nach hören aber viele Menschen schon Jahre oder Jahrzehnte vor ihrem Lebensende auf, noch Träume und Wünsche zu haben. Einer meiner Bekannten beispielsweise schleppt sich seit mehreren Jahren ziemlich gelangweilt durch sein Frührentner-Dasein. Hätte er nicht seinen Hund, wüsste er nicht, wie er den Tag herumbringen sollte. Auf Reisen, Ausflüge, Wanderungen, Hobbys etc. hat er irgendwie keine Lust mehr.

Doors schrieb:Ich finde, man ist nie zu alt, um sich zu interessieren und zu engagieren - kulturell, sozial und politisch.
Wer aufhört, Träume und Wünsche zu haben, der hört auch bald auf zu atmen.

@Doors

Jau. Wobei ich auch an mir sehe, dass sich Wünsche und Träume verlagern und ich mich in fortgeschrittenerem Alter freier fühle. Ich fühle mich relativ frei von den meisten materiellen Wünschen und Zielen und ich selbst habe eigentlich nur noch Ziele, die den Bereich Reisen und Begegnungen, na gut und Konzerte betreffen.

Wenn man mal sein Traumauto gefahren hat, dann weiss man eben auch, dass das Leben dadurch auch nur kurze Zeit schöner wird und man kann sich anderen Zielen widmen, nicht mehr dem nächsten Fahrzeug.

Bei mir, hat neben den Irrungen und Wirrungen meines Privatlebens in der Vergangenheit, irgendwie die '50' einen Schalter umgelegt und mir gesagt: Du hast nicht mehr ewig Zeit. Nicht mehr: Man müsste mal..., sondern (je nach Größe der Idee) dieses Wochenende oder dieses Jahr.

Das geht aber vor allem dann gut, wenn man auch Ziele und Träume hat, die echt erfüllbar sind. Interessante Wanderungen zB brauchen keinen gewaltigen Vorlauf. Ich habe Glück, dass meine Frau an den gleichen Sachen Freude hat wie ich. Oft ist eine resignative Haltung ja auch der Beziehungsdynamik geschuldet.

Die Mentalität 'irgendwie überstehen müssen' finde ich auf einen Zahnarztbesuch gut angewendet, auf das ganze Leben bezogen hat man dann eben auch nur das getan.

Mein persönlicher Alptraum sind Gesundheitsvorträge in irgendwelchen Krankenhäusern. Wenn mein Leben so leer wäre, dass ich das für einen angemessenen Zeitvertrieb hielte, hätte es doch gar keinen Sinn mehr, Informationen zu sammeln, die mein Leben verlängern.

sacredheart schrieb:Mein persönlicher Alptraum sind Gesundheitsvorträge in irgendwelchen Krankenhäusern.

Als bekennender Hypochonder könnte ich dann gleich da bleiben, weil ich sämtliche Symptome hätte - oder mich gleich zum Friedhof überweisen lassen. Wie sagte doch einst ein Friedhofsgärtner zu einer alten Dame auf dem Friedhof? "Na, Oma, meinst Du, es lohnt sich für Dich noch, nach Hause zu gehen?"

Nee, Vorträge oder Medien-Beiträge zum Thema Krankheiten spare ich grossräumig aus.

Abgesehen davon finde ich, dass älter werden durchaus gewisse Vorzüge hat. Wenn man in der zweiten Halbzeit spielt, ist das Spielende in greifbare Nähe gerückt, aber man kann ggf. doch noch vor dem Abpfiff ein paar schöne Tore machen.

EnyaVanBran schrieb:Eine eigene Wohnung, sie wollen also nicht bei dir einziehen

Das ist richtig. Im Gegenteil, bei der momentanen Situation am Immobilienmarkt muss man eher die Leute davon abhalten, bei sich als Untermieter In einziehen zu wollen. Meine Hobbies brauchen teils viel Platz, ein Zelt im Garten für ne Nacht oder zwei ist schon das Äußerste, was hierzu anzubieten wäre. 😉

Doors schrieb:Wie sagte doch einst ein Friedhofsgärtner zu einer alten Dame auf dem Friedhof? "Na, Oma, meinst Du, es lohnt sich für Dich noch, nach Hause zu gehen?"

Wie der ältere herr beim Krankentransport zur begleitenden Sanitäterin sagt:

'Wohin fahren wir denn?'

'Zum Friedhof!'

'Aber ich bin doch noch gar nicht tot.'

'Wir sind ja auch noch nicht da.'

Oder anders gedacht, ein zettel auf dem Küchentisch:

'Wir sind zum Friedhof, viele Grüße, Oma und Opa PS: Wir kommen aber wieder'

Da muss ich an eine Szene aus der Serie "Stromberg" denken.
Der Protagonist erscheint im Büro, nach Trennung des Partner bzw. aus Angst, Kummer, dem Alleine sein ziemlich hilflos auf, in für ihm jugendlicher Kleidung.

Reife oder Unreife entstehen ja nun mal nicht durch Kleidung. Ich werde kein anderer Mensch, nur, weil ich mich anders anziehe.

@Swiffer25

Yepp, das ist auch die FOlge, wo er Werbung für die Band seines Kumpels aus der Schule macht:

Mädchen, Jungen, Girls und Boys, alle hören Hypernoise.

Ja, der Lurchi hatte nicht wie der Becker einen Stock im Arsch, der konnte auch mal locker hier nicht nur so..... aber ist ja keiner mal so ein bisschen locker in dem Bums hier...

@Doors

Allerdings kann Kleidung auch ein Signal sein für eine wiedererlangte Unreife....

@sacredheart

Natürlich sendet Kleidung Signale aus, sagt aber sonst eigentlich nicht viel über die Persönlichkeit, die drin steckt.

Swiffer25 schrieb:Der Protagonist erscheint im Büro, nach Trennung des Partner bzw. aus Angst, Kummer, dem Alleine sein ziemlich hilflos auf, in für ihm jugendlicher Kleidung.

Die Frage ist andererseits, wie diese jugendliche Kleidung aussieht. Mir scheint, die Kleidungsstile sind heutzutage deutlich verwischter als früher. Ich erinnere mich, dass es früher ziemlich einfach war: die jungen Leute trugen Jeans und Turnschuhe, die alten Leute trugen Rentnerbeige und altmodische Gesundheitsschuhe. Heutzutage tragen (auch) die älteren Leute Jeans und Turnschuhe, das Rentnerbeige wird nicht mehr so oft gewählt. Ehrlich gesagt hätte ich keine Lust, ab Erreichen einer bestimmten Altersstufe zu einer grau-beigen Rentnerkleidung überzuwechseln.

@martenot

Meine Generation (Jg. '54) ist mit Jeans, T-Shirt, Turnschuhe etc. aufgewachsen - warum sollten wir uns im Alter verkleiden?
Andererseits: Als ich jung war, gab es eine Menge Gleichaltrige, die artige "Stoffhosen" mit Bügelfalte, Nyltest-Hemd und Krawatte, ja, selbst Hut trugen. Ein Blick auf alte Filmaufzeichnungen zeigt derart ausstaffierte Jungmänner sogar bei Rock-Konzerten. Das fand ich damals schon gruselig.

Doors schrieb:Meine Generation (Jg. '54) ist mit Jeans, T-Shirt, Turnschuhe etc. aufgewachsen - warum sollten wir uns im Alter verkleiden?

Sehe ich auch so. Ich habe mein Leben lang Jeans, T-Shirt und Turnschuhe getragen. Für mich wäre ein "alterstypisches" Outfit einfach unpassend und ungewohnt. Ich würde mich darin nicht wohlfühlen.

Wobei mir nicht ganz klar ist, welche Art von Jugendkleidung als inadäquat empfunden werden würde. Viele Jugendliche tragen ja auch einfach nur T-Shirt, Jeans oder andere einfache Hosen mit Turnschuhen oder andere Sportschuhe.

Jetzt, wo die Babyboomer nach den "Achtundsechzigern" in Heime kommen, ändert sich selbst dort so einiges. Volksmusik war gestern, die Einwohner von heute hören Zappa.

martenot schrieb:Die Frage ist andererseits, wie diese jugendliche Kleidung aussieht. Mir scheint, die Kleidungsstile sind heutzutage deutlich verwischter als früher. Ich erinnere mich, dass es früher ziemlich einfach war: die jungen Leute trugen Jeans und Turnschuhe, die alten Leute trugen Rentnerbeige und altmodische Gesundheitsschuhe. Heutzutage tragen (auch) die älteren Leute Jeans und Turnschuhe, das Rentnerbeige wird nicht mehr so oft gewählt.

Die 1. Jeans-Generation erlebte ihre Jugend in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts und diese darf man doch getrost mit ihren Jeans alt werden lassen.
Danach wurde dieser Modetrend höchstens noch weiterentwickelt.

Die Seitenhiebe jüngerer gegen ältere oder betagte Leute, die Jeans, T-Shirts und Turnschuhe tragen finde ich insofern unberechtigt, da dieser revolutionäre Kleidungsstil eben von der damaligen Jugend quasi durchgeboxt wurde und inzwischen standesgemäßen Ansprüchen entspricht, sowohl in der Geschäftswelt als auch in der Politik.

Wer von den älteren Damen- und Herrschaften Beige, Lindgrün und Altrosa trägt, neigte wohl auch früher dem eher Unauffälligen zu.