@Yen Erst einmal herzlichen Glückwunsch zum Ausbildungsvertrag!
Da Du ja noch gar keine Erfahrung in der Pflege hast wird das also ein Sprung ins kalte Wasser, richtig?
Finde ich nicht schlimm, so an etwas neues heran zu gehen. Manchmal muss man einfach seinen ganzen Mut zusammen nehmen und springen; und nach dem ersten Schock macht es dann plötzlich Spaß.
Ganz grundsätzlich ist das ein Job wie jeder andere und die Bandbreite an Menschentypen, mit denen man seitens der Kunden, Kollegen und Vorgesetzten zusammen arbeitet ist breit gefächerten.
Das Du selbst schon einmal Personal geführt hast und kein ganz junges Häschen mehr bist, könnte für Dich ein großer Pluspunkt sein: ich vermute jetzt einfach mal, dass Du Dich (nach erfolgter Einarbeitung) gut organisieren kannst und auch eine gewisse Erfahrung im Umgang mit Menschen hast. Das ist ein super Fundament auf das Du aufbauen kannst.
Die abfälligen Bemerkungen über die Pflege, die Du schon zu hören bekommen hast, kannst Du einfach mal zur Seite schieben. Die zeigen so richtig schön, wie der Beruf angesehen ist.
Ich habe mit den Jahren das Gefühl bekommen, dass es (bezogen auf das Ansehen) im Wesentlichen nur zwei Extreme gibt: die Seite, die uns verherrlicht und die, für die wir den Stellenwert von Reinigungspersonal haben.
Das sollte man an sich abgleiten lassen.
Auf jeden Fall ist die Pflege, egal in welchem Bereich, ein riesiger Markt mit Jobgarantie. Wenn man möchte kann man sich gut weiterbilden und/oder sich selbständig machen.
Wenn man das Examen in der Tasche hat kann man schon sehr wählerisch sein, was man machen und für wen und zu welchen Konditionen man arbeiten möchte.
Ich kann es wirklich oft nicht nachvollziehen wenn sich examinierte Kollegen von einem schlechten Arbeitgeber bei mieser Bezahlung ausnutzen lassen.
Könnte u.a. mit daran liegen dass viele konfliktscheu sind und sich nicht trauen, für sich selbst einzustehen.
Die Pflege ist auch nur eine Dienstleistung.
Sicherlich schon was anderes als in anderen Dienstleistungsberufen, da wir viel näher an den Menschen dran sind, aber man muss sich ja nicht von seinen Kunden aufsaugen lassen.
Ich sehe mich nicht als Familienersatz, Kummerkastentante oder sonst irgendwas sondern möchte als erstes handwerklich saubere Arbeit leisten. Das klingt vielleicht erst einmal blöd, aber die Möglichkeiten Fehler zu machen ( mit vllt üblen Konsequenzen für den Betroffenen) sind schier unendlich. Also erwarte ich von meinem Arbeitgeber dass die Grundlagen meiner Arbeitsbedingungen so geschaffen werden, dass ich vernünftig arbeiten kann.
Wenn ich darüber hinaus nette Kunden habe, die sich unkompliziert versorgen lassen ist das prima, wenn nicht, muss ich mir einen Weg suchen mit diesen Menschen zurecht zu kommen. Auch das gehört für mich zum professionellen Arbeiten dazu. Sagen wir mal, ein Kunde ist ein kleines bisschen Persönlichkeitsakzentuiert, braucht viel Aufmerksamkeit und Lenkung. Warum sollte ich mich da in Diskussionen und Kämpfen mit diesem Mensch verlieren? Warum sollte ich ihn merken lassen, dass ich ihn anstrengend finde oder vllt nicht mag? Das ist ja auch nicht wichtig, denn dieser Mensch hat eine Leistung gekauft und ich bin die Person, die sie zu erbringen hat. Also suche ich mir einen Weg, diesen Menschen zu händeln; wenn es bedeutet, dass ich schauspielern muss: super, nichts leichter als dass.
Und wenn es absolut nicht geht oder mir durch diesen Menschen Schaden droht melde ich es weiter hoch und erwarte, dass meine Vorgesetzten tätig werden.
Ich muss mir weder alles gefallen lassen noch mich gefährden lassen.
Genau so wie ein Kunde aus einem Geschäft rausfliegen und Hausverbot bekommen kann, kann ein Pflegekunde gekündigt werden. Wird noch viel zu selten gemacht, was ich so von Kollegen aus anderen Firmen/ Bereichen mitbekomme, liegt vllt auch wieder mit da dran, dass Pflegekräfte sich viel zu selten auf die Hinterbeine stellen.
Zum Thema Mobbing: das ist mir zwar auch schon begegnet, ich finde aber nicht dass es wirklich häufig vorkommt.
Man sollte auch nicht jeden Konflikt (entweder zwischen zwei Kollegen oder das Team betreffend) gleich als Mobbing bezeichnen. Und wenn ein Kollege immer wieder Mist baut und man es ihm deswegen immer wieder sagen muss ist auch das noch kein Mobbing.
Auch wenn der Ton bei der Arbeit, weil gerade viel zu tun ist, sachlich-knapp ist, ist das kein Mobbing und der Kollege, der genervt wirkt ist möglicherweise von was ganz anderem genervt, nicht von mir. Da ist offene und respektvolle Kommunikation das Schlüsselwort.
Ich muss meine Kollegen auch nicht unbedingt heiß und innig lieben und erwarte es umgekehrt auch nicht von ihnen. Es sind meine Kollegen, nicht meine Freunde; dafür habe ich mein Privatleben und ich muss gestehen, dass ich das auch getrennt halte. Man sollte sich auch gut überlegen, was man aus seinem Privatleben erzählt und was man besser für sich behält. Auch den Kunden gegenüber.
Die Arbeit miteinander muss funktionieren, nicht mehr aber auch nicht weniger.
Wichtig finde ich auch, sich die Dienstplangestaltung und den Umgang mit Überstunden anzusehen.
Rollieren die Schichten nach vorne ( früh-spät-nacht-frei) oder sind da ständig Schaukelschichten geplant? Gibt es Prämien für das kurzfristige Einspringen aus dem Frei? Werden Überstunden angesammelt um sie irgendwann am Sankt Nimmerleinstag abzubauen oder werden sie direkt ausbezahlt?
Persönlich finde ich die zweite Option am fairsten.