@rhapsody3004 Die Beziehung zu meinem ersten Freund war toxisch. Ich war 18, ich hatte das Gefühl, dass sich niemand für mich interssiert und dann tauchte
er am Horizont auf. Er war selbstbewusst, wusste, was er vom Leben wollte, teilte mit mir einige Interessen und schenkte mir einfach Aufmerksamkeit, die mir auch innerhalb der Familie damals fehlte.
Meine Mutter hatte sich damals gerade von meinem Vater getrennt, sie und ich hatten den Kontakt zu ihm ganz abgebrochen. Mein Vater war mutmaßlich psychisch krank, zum damaligen Zeitpunkt bereits Alkoholiker und während meiner Kindheit bin ich mehr als einmal Zeuge geworden, wie er meine Mutter in seinen schlechten Phasen zusammen geschlagen hat. Mir gegenüber war er verbal übergriffig.
Ich Nachhinein betrachtet, war mein damaliger Freund also auch etwas wie ein Vaterersatz und dass das sowohl ziemlich schräg ist, als auch prädestiniert dafür ist, in ein ungutes Machtgefälle abzutriften, liegt auf der Hand. Verschlimmert hat sich diese Situation dann noch, als sich mein Vater schließlich umgebracht hat, als ich 20 war.
Ich war labil, war gerade erst für mein Studium 300km von meiner Heimat weg nach Bayern gezogen und die einzige Person, aus meinem alten Umfeld, die mich regelmäßig besucht hat, war mein Ex. Damals begann er, mir finanzielle Aufgaben abzunehmen, damit ich mich damit in meiner Situation nicht auch noch beschäftigen muss. Toll, dachte ich. Da ist jemand der mir hilft, der mir beisteht, während mich alle anderen im Stich lassen.
Diese "Hilfen" weiteten sich aus. Irgendwann meinte er, für mich beurteilen zu können, dass meine Mutter und meine alten Freunde mir nicht gut tun und er redete mir ein, dass ich ein Niemand bin. Das hat er wunderbar subtil gemacht. Ich war sein "Dickerchen" (ich hatte Untergewicht, bekam aber trotzdem mein Essen von ihm eingeteilt, damit ich nicht "weiter auseinander gehe"), sein "Dummerchen" (ich habe im Gegensatz zu ihm Abitur), ich könne nicht mit Geld umgehen und wehe, ich bin mal krank daheim geblieben und habe ihm nichts gesagt. Er würde sich doch Sorgen um mich machen. Gleichzeitig kam er manchmal, angeblich wegen Arbeit, Fitnessstudio, Abendschule erst nach Mitternacht heim, ohne das anzukündigen. Und dass er mir regelmäßig mit einem Lächeln im Gesicht erzählt hat, er würde nie eine Frau schlagen, es sei denn, sie geht fremd, entsprach natürlich auch diesem Schema.
Wie gesagt, ich da eine menschliche Katastrophe gegen die andere ausgetaucht und mittlerweile kann ich mir deshalb auch nur an den Kopf fassen. Aber damals war ich schwer depressiv und fühlte mich alleine gelassen. Er hatte diese Erlösernummer aber auch tatsächlich so gut drauf, dass z.B. auch meine Mutter erst im Nachhinein mitbekommen hat, wie sehr er uns gegeneinander ausgespielt hat. Wenn sie zu Besuch war, war er immer so freundlich und zuvorkommend, dass sie ihn fast schon als eigenen Sohn angesehen hat.
Wichtig ist es, nach einer solchen Beziehung zu reflektieren, wieso man sich ausgerechnet diesen Partner ausgesucht hat. Warum man so lange bei ihm geblieben ist. Und dann muss man Wege finden, in Zukunft eben nicht mehr in die gleiche Beziehungsfalle zu tappen.