Laucott schrieb:Wir träumten, fantasierten, hatten doch zu einem bestimmten Zeitpunkt im Leben ein Ziel das wir erreichen wollten.
Ich frage mich ob diese anvisierten Ziele, vor allem im Kindsalter, jemals wirklich realisiert worden sind.
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Als Beispiel möchte ich gerne, den schon seit geraumer Zeit, bestehenden Wunsch meiner Tochter aufführen eine
Kriminalpolizistin zu werden, was ich in dem Alter schon für recht ungewöhnlich einstufe.
Auch ich wollte mal jemand sein der ich nie geworden bin.
Nun bin ich aber halt jemand anderes geworden, aber trotzdem verdammt glücklich.
Der letzte Satz ist der wichtigste! Deine Tochter wird garantiert noch einige Stationen, Berufe, Lebensentwürfe und so weiter entdecken, davon träumen und vielleicht verwirklichen. Mach Dir da mal keine Sorgen!
In dem Alter, was bei mir schon sehr lange her ist, wollte ich, wie viele, Lokführer werden. Nun, ich habe noch nie eine Lokomotive geführt, obwohl ich die Bahn immer noch faszinierend finde.
Dann kam der typische Polizist. Zwei, drei Jahre vor dem Abitur aber gab es zwei eher konkrete, wenn auch ganz gegensätzliche Wünsche: Verkehrspilot oder Kinderarzt. Ich liebe es zu reisen und fremde Länder zu sehen, und ich liebe Kinder und ihnen zu helfen.
Dem Piloten hat der Sehtest zum Führerschein einen sehr schnellen Tod bereitet: damals stellte die Lufthansa, die einzige nennenswerte airline in Deutschland, nur Anwärter mit perfekter Sehstärke ein. Ich musste mir eine Brille besorgen, bevor ich fahren durfte.
Der Kinderarzt war immer noch in Reichweite, obwohl ich bemerkte, dass vor allem die Chemie es nie schaffen würde, Interesse bei mir zu wecken, was nicht nur an den grottenlangweiligen Lehrern in der Schule lag. Und Chemie ist ein ganz wichtiger Faktor im Vorphysikum, welches angehende Mediziner gerne aussiebt. So liess ich mich vom Medizinstudium abbringen, was ich später ab und zu mal bedauert habe. Ich habe praktische Erfahrung in dem Bereich gesammelt, als ich Rettungssanitäter als Freizeitbeschäftigung wurde. Das war aber schon während meines Studiums. Hätte ich die früher gehabt, wäre ich hartnäckiger hinter dem Medizinstudium her gewesen.
Interessiert hatte mich dann Jura sehr. Ich hatte schon immer ein Talent mit Sprache und Texten umzugehen. Ich wusste aber noch nicht, was ich damit genau machen will. Abschreckende Beispiele gab es genug, mein Onkel der Richter am Finanzgericht war... boah, dachte ich, das Langweiligste was es gibt! Der Meinung bin ich noch heute - Steuern zahle ich, aber dann will ich keine Minute mehr mit diesem Thema verbringen.
Irgendwann lockte eine sehr gute, sichere, bezahlte Stelle im Höheren Dienst einer Landesbehörde. Fein. Damit konnte ich gut leben. Aber, was war mit den Träumen der Kindheit?
Fliegen tue ich nun privat. Die anderen Länder sehen, das hat sich verwirklicht: ich habe in Italien und England studiert, bin schliesslich in die USA ausgewandert, reise noch immer sehr gerne, und will meinen Ruhestand vielleicht einmal in Mexico verbringen.
Der andere Traum, Familie und Kinder zu haben, hat sich ebenfalls erfüllt, und der war mir wichtiger als jeder Beruf. Ich würde nie das Familienleben gegen berufliche Karriere austauschen.
Dann passierte ein interessanter Zufall: mir wurde eine Stelle bei der Polizei angeboten. Ha, ich habe tatsächlich noch diesen Kindheitstraum erfüllt.
Schliesslich habe ich eine wichtige Entscheidung getroffen: trotz all der Sicherheit und dem geregelten Lebensablauf als Beamter, war ich nicht ganz zufrieden. Ich habe dann beschlossen, noch einmal alles zu ändern und bin Rechtsanwalt geworden. Ich blieb in der Materie, bin heute Strafverteidiger (frühere Polizeikollegen sagen ich habe "Verrat" begangen und die Seite gewechselt
:) ) und habe mich selbstständig gemacht. Damit bin ich hochzufrieden.
Im Rückblick auf die vielen Jahrzehnte kann ich sagen: der Weg war keineswegs geradlinig und oft von Zufällen und Überraschungen begleitet. Aber, wie es in Frank Sinatras Lied so schön heisst: es war "my way."
Gelernt habe ich daraus zweierlei: man ist nie zu alt, um noch einmal etwas ganz Neues zu machen, etwas von vorne zu beginnen, glücklich zu werden. Und am Wichtigsten ist wirklich, Menschen zu haben, mit denen man glücklich ist. Familie und echte Freunde.
Mal sehen, was noch kommt. Ein oder zwei Bücher würde ich gerne noch schreiben. Eine Ranch mit Pferden besitzen. ... ...
:)