Cathryn schrieb am 16.01.2019:Ich bin der Meinung, dass die Kinder, wenn sie denn von zuhause aus beigebracht bekommen haben, dass die Evolution nicht stattgefunden hat, sondern alles durch eine Schöpfung entstanden ist, nichts dafür können, dass sie so erzogen wurden und man die Eltern verantwortlich machen sollte und nicht die Kinder.
Ich arbeite selbst als Lehrerin und ich verbringe einen nicht unbeträchtlichen Teil meiner Zeit damit, Kinder irgendwie zu sanktionieren, für etwas, was sie woanders gelernt haben oder mich mit "freidenkenden Eltern" auseinanderzusetzen.
Das von dir genannte Beispiel ist ja punktuell, das Problem weitaus vielschichtiger:
Um kurz bei deinem Beispiel zu bleiben: Es gibt immer wieder Eltern, die Religion sehr eng auslegen und das führt rein inhaltlich zu Problemen - Stichworte: Märchen (da böse Mächte), Schöpfungstheorie, Weihnachtslieder, (die Liste ist im Alltag sehr viel länger) .... Wenn erst mal ein Konflikt entstanden ist, kann man aus allem etwas machen - das Problem für dich als Lehrer ist, dass die Eltern so sehr in ihrer Ideologie verhaftet sind, dass sie sich gerne zeitintensiv mit dir auseinandersetzen, aber das nicht oft damit endet, dass du eine Bibel geschickt bekommst und den Hinweis, dass für dich gebetet wird - die Diskussion findet dann nicht mehr auf einer sachlichen Ebene statt. Es gibt keine Einigung - wenn weiterhin Märchen gelesen werden, bekommen die Kinder gerne mal "Grippe" oder so.
Dann gibt es Probleme, die den Unterricht indirekt betreffen - auf der sozialen Ebene (z.B. Zeugen Jehovas lehnen es ab, Geburtstage zu feiern - gibt schon ein Problem, wenn andere Kinder etwas mitbringen am Geburtstag oder man ein Geburtstagslied singt) - an Weihnachten dürfen die Schüler dann nicht an Wichtelaktionen teilnehmen, an der Fastnacht dürfen die Schüler auch nicht mitmachen. Oft dürfen muslimische Schülerinnen nicht mit ins Schullandheim, oder nicht mit, falls man da ins Schwimmbad geht, oder .... auch wenn du ins Theater gehst .... Dann gibt es auch die "national denkenden deutschen Eltern", die ihrem Kind beim Geburtstag Pizzaschnecken mit Schweinefleisch mitgeben (mit voller Absicht), obwohl 1/3 der Klasse muslimisch ist ....
Dann gibt es Probleme, was das Verhalten angeht (anderes Problemfeld) - es gibt Eltern, die die Kinder sehr frei erziehen - und musst sehr lange darum kämpfen, dass das Kind beispielsweise einsieht, dass es im Unterricht richtige Antworten nicht einfach reinrufen darf. Oder es gibt Eltern, die Strafarbeiten bzw. Nachsitzen anfechten, weil ihnen das zu spießig ist oder sie es für eine nicht sinnvolle pädagogische Strafe halten ... Was tust du, wenn das rein vegane Kind im Schullandheim ein Saitenwürstchen isst und die vegane Kost, die die Eltern für es durchgesetzt haben, ablehnt.
Dann gibt es die Eltern, die sich "aus Prinzip" gerne an der Schule abarbeiten ... Die beginnen oft sehr sinnlose Grundsatzdiskussionen - nur der Diskussion willen. Beliebte Themen an unserer Schule: Die 1€ Zusatzversicherung (die dann greift, wenn das Kind etwas anstellt, was die normale Haftpflicht nicht bezahlt), Eltern, die grundsätzlich nur abends zum Elterngespräch kommen können und dann nur so, dass sie sicherstellen, dass der Lehrer extra nochmals in die Schule fahren kann und dann provokativ nochmal 15 Minuten oder länger zu spät kommen "Sie sind ja Lehrer und haben eh nichts zu tun und bekommen dafür zu viel Geld, da können sie auch mal auf Leute warten, die es nicht zu gut haben".