sherlocksfemme schrieb:Warum kann man da nicht beide Meinungen gleich werten?
wenn das Thema des Unterrichts "Evolution" lautet, dann muss der Schüler die Konzepte der Evolution erlernen und in einer Prüfung wiedergeben. Glauben muss er nicht daran.
Allgemeiner:
Von einem Schüler muss die Fähigkeit erwartet werden können, Konzepte, Gedanken, Ideenkonstrukte auch soweit abstrakt zu lernen, umso sie in Grundzügen zu verstehen, nachzuvollziehen und auch wiederzugeben, auch wenn er diese für falsch hält oder sogar, wenn diese falsch sind.
Diese Fähigkeit wird immer und immer wieder im Unterricht und auch später im Leben benötigt! Es handelt sich um eine der Grundfähigkeiten des Lernens!
Oben hatte ich schon das Beispiel "Thema Weltreligionen" als Beispiel aufgeführt: wenn das Thema "Islam" lautet, dann muss der Schüler die Konzepte, die Ideen des Islam lernen und wiedergeben können. Moslem muss er deswegen nicht werden. Aber wenn er nur hinschreibt "Ich bin Atheist und Islam ist scheisse!", dann ist da eine "6" fällig.
Aber man kann das an noch deutlicheren Beispielen zeigen: wenn das Thema "Kommunismus" lautet, dann muss der Schüler die Grundzüge der kommunistischen Idee, das Wirtschaftsmodell, das Verständnis vom Menschen im Kommunismus lernen und wiedergeben, Kommunist muss er deswegen nicht sein oder werden. Aber nur hinzuschreiben, "Kommunismus ist scheisse" würde korrekt mit einer "6" gewürdigt.
Wenn im Literaturunterricht ein Werk behandelt wird, dann muss der Schüler lernen und wiedergeben können, welche Gedankenwelt des Autors dahinter steckte, muss die aber natürlich keineswegs übernehmen.
Es geht noch weiter: im Physikunterricht wird das Äthermodell
Wikipedia: Äther (Physik) behandelt. Wir wissen heute, dass das falsch ist, aber es ist trotzdem für das Verständnis von Physik sehr wichtig, dieses Modell zu verstehen, also muss der Schüler das lernen und die Ideen dahinter wiedergeben können, sogar im direkten Wissen, dass dieses Modell bewiesenermassen falsch ist.
Oder um das wohl extremste Beispiel zu nennen: wenn das Thema "Holocaust" lautet, dann müssen die Schüler lernen und verstehen und wiedergeben können, wie die Faschisten damals die Ausrottung der Juden begründeten, wie sie in ihrem Gedankenmodell die Morde rechtfertigten. Aber natürlich darf der Schüler deshalb nicht zum Nazi werden!
Kurz: wenn die Inhalte eines bestimmten Gedankenkonzepts auf dem Lehrplan stehen, dann müssen diese Inhalte gelehrt, gelernt und verstanden und wiedergegeben werden. Übernommen werden müssen sie nicht.
"beide Meinungen" gibt es da also nicht. Wenn das Thema "Islam" lautet, sind Antworten zum Hinduismus nicht eine "zweite Meinung", sondern wertlos. Wenn das Thema "Französische Revolution" lautet, dann sind Antworten zum Thema Kulturrevolution nicht eine "zweite Meinung", sondern wertlos. Wenn das Thema "Die Leiden des jungen Werthers; Empfindsamkeit" lautet, sind Antworten zum Thema Naturalismus nicht eine "zweite Meinung", sondern wertlos.
Und wenn das Thema "Evolution" lautet, sind Antworten zum Kreationismus nicht eine "zweite Meinung", sondern wertlos.