@M11 Ich empfehle Behringer und Jerouschek. Das sind die besten Autoren auf dem Gebiet, vor allem die aktuellsten.
Tatsache ist, dass es in Italien bis auf ein paar Ausnahmen praktisch keine Hexenprozesse gab, vom Vatikan hatte niemand Interesse daran, man schaltete eher politischer Gegner aus - und Regionen wie Venedig widersetzten sich sowieso sowas, Venedig widersetzte sich sogar der Ketzerverfolung. Der Hexenwahn ist vor allem was Deutsches, desweiteren Schweden und England, Frankreich auch wobei in Frankreich wieder die "Werwölfe" viel aktiver als hier waren.
Grob gesagt kann man sagen, dass die meisten höheren Kirchenleute einfach zu gebildet waren um das zu glauben und die Bibel zudem kaum Passagen enthält die man so interpretieren könnte, dass Hexerei existiert. Die meisten Bischöfe, Kardinäle und selbst belesene Mönche glaubten entweder überhaupt nicht an irgendwas Hexenartiges oder sie glaubten dass es selbsternannte Hexen gäbe, aber diese sich ihre Magiekünste nur einbildeten und dementsprechend keine Gefahr für die Gesellschaft darstellen und höchstens wegen Aberglauben gerügt-, nicht aber hingerichtet werden sollten.
Viele hielten übrigens den Glauben, dass Hexen was bewirken könnten, für Ketzerei.
Die Hauptgründe wieso man Hexenprozesse überhaupt mit Kirche assoziiert ist erstens die Bezeichnung als Inquisition, wegen des Inquisitionsverfahrens, da man selbige aus den Ketzerjagden des Mittelalters kennt und zweitens der Hexenhammer.
Jedoch ist ersteres nur die Prozessart, letzteres insgesamt recht unwichtig. Der Hexenhammer ist deswegen so im Fokus, weil er eines der ersten Werke ist, die sich auf die Hexenthematik spezialisieren und er alle bisherigen (also vor 1485) Meinungen, "Beweise" und Vorfälle zusammenträgt. Jedoch ist bis heute sehr strittig, ob das Werk überhaupt groß was irgendwas beeinflusst hat. Wer sich mit der Geschichte des Autors befasst wird sehen, dass der Typ (Institoris) überall aneckte, verhasst war, sogar Verbote erhielt, teilweise Städte gar nicht mehr betreten durfte, eben wegen des Ärgers den er auslöste und weil eben die meisten Kleriker seinen Hexenmythos als Unsinn abtaten und er auch bei den Prozessen selten irgendwas beweisen konnte - die liefen meistens ins Leere.
Zwar verwiesen zu späteren Zeiten Hexenjäger immer wieder mal auf den Hexenhammer, aber das war nur das übliche Autoritätsgesülze und die meisten von ihnen waren weltliche Herren.
Falls es interessiert auch mal das Buch zum Hexenwahn in Esslingen (ebenfalls von Jerouschek) durchlesen. Dort wird das klar was sich in vielen Gebieten abspielte: Hexenwahn kam und ging mit dem weltlichen Regierenden der gerade dran war, sprich den Ratsherren und co. Es ging meistens von einer oder wenigen Personen aus. Eine Stadt oder ein Gebiet war vollkommen friedlich (in dieser Hinsicht), es gab auch immer Anklagen gegen vermeintliche Hexen, die meist aus der sozialen und ungebildeten Unterschicht kamen und oft mit Neid, persönlichen Fehden oder Fremdgehen usw zu tun hatten - aber die Herren ignorierten diese Anklagen meist und verwiesen die Bürger darauf, dass es Aberglaube sei. Dann kommt aber ab und zu ein Verrückter an die Macht der entweder dran glaubt oder weiß wie er durch Hexenprozesse Kohle machen kann (und eventuelle politische Gegner los wird) und dann gings los. Solche Leute nahmen diese Anzeigen dann an und so fürhte eins zum anderen, Städte und Dörfer ohne Hexen erlebten dann oft innerhalb weniger Jahre 100 und mehr Prozesse - und wenn der verantwortliche Herr irgendwann starb wurde es wieder ruhig und die "Hexen" waren wieder verschwunden.
Es ging selten von der Kirche aus, was nicht heißen soll dass es nicht auch fanatische Kleriker gab. Aber allgemein waren die Täter weltlich und die indirekten Verursacher, bzw. die Denunzianten, ungebildete, unzufriedene Bauern oder Stadtvolk aus der Unterschicht.
Übrigens waren damals abergläubige Akte und Magieversuche tatsächlich sehr üblich, selbst bei tiefgläubigen Christen (die die Magie dann halt als göttlich verstanden, zB magische Handlungen mit Marienfiguren vollziehen und sowas).
Wenn man also sucht, dann findet man solche Personen tatsächlich immer und deswegen explodierten die Hexenprozesse auch (neben den Falschanschuldigungen unter Folter). Nur ist die Frage halt ob es jemand ernst nahm und die meisten Angehörigen des Klerus taten das entweder nicht, waren sich zu unsicher um da über Recht und Unrecht zu entscheiden oder ihnen waren andere Probleme einfach wichtiger.
Selbst Innozenz VIII. gab Institoris diese Hexenbulle nur auf seine Bitte hin und wahrscheinlich verfasste Institoris den Text sogar selbst. Den Papst juckte das wenig, er war dem Mönch wohl einen Gefallen schuldig und setzte seine Unterschrift drunter - das Thema interessierte den ansonsten nicht.