@HereIAm12 Ehrlichkeit kann unbeliebt machen. Ich empfehle aus Lebenserfahrung ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit. Die Lüge ist, nach Ausssage meiner Frau, ein "pushup for reality".
Wahrheit kann ein scharfes Schwert sein, das geliebte Lügengespinnste zerfetzt - und den darin Lebenden unter Umständen gleich mit.
Möchte man einem fetten pickeligen Teeny-Girl, das sich mit einer Handbreit Make-Up zukleistert, mit dem Pushup die Titten hinter's Ohr klemmt und ihre Jeans auf Halbmast setzt, weil sie so hofft, in der Disco ihren Märchenprinzen aufzureissen, sagen:
"Hoffnungslos, so eine Wurstfigur wie Du kann höchstens noch im Blindenwohnheim etwas reissen!"
Oder wünscht man ihr einfach nur viel Erfolg.
Möchte man seinem Mitarbeiter sagen, dass man ihn auf die Abschussliste gesetzt hat und eigentlich nur auf die nächste Personalreduzierung wartet, um ihn in die Freiheit (der Arbeitslosigkeit) zu entlassen, weil er zu oft krank ist?
Möchte man seinem Kumpel sagen, dass man froh ist, dass er nur noch ein halbes Jahr hat, bevor er an Krebs krepiert, und dass man sich drauf freut, dann seine Witwe nach Strich und Faden durchzu... äh, ...trösten?
Dieses Lügenthema haben wir hier doch nun schon so oft behandelt. Ich krame mal in meinem Archiv:
Wir sind daran gewöhnt, mit den "little white lies" zu leben. Überbordende Ehrlichkeit macht die Welt nicht automatisch zu einem besseren Ort.
Wer einen charmanten Mann wie mich hat, bekommt allerdings nichts als die reine Wahrheit zu hören:
Sie: Findest Du meinen Bauch zu dick?
Er: Nö, er wird ja sowieso von Deinen Hängetitten verdeckt.
bzw.
Sie: Wie findest Du meine neue Frisur?
Er: Schön, lenkt wenigstens vom Gesicht ab.
Nein, mein Verhältnis zu Wahrheit und Lüge ist, wir haben das in einem gefühlten Dutzend Wahrheit/Lüge-Threads schon behandelt, ein eher taktisches.
Wenn ich mit meinem (inzwischen Ex-) Chef in Gehaltsverhandlungen gehe, werde ich ihm nicht sagen, dass er mit DIESER Krawatte beschissen aussieht. Ich sage entweder nichts oder ich lobe sie, auch wenn man mit so einem grellbunten Lappen nicht mal erhängt werden möchte.
Bin ich irgendwo zum Essen eingeladen, kann ich meine Gastgeber natürlich höflich fragen: "Was war's denn,bevor Sie es eingeäschert haben?" oder auf die Nachfrage: "Wie finden Sie das (Namen des Gerichts einsetzen)? Schmeckt's Ihnen?" ein "Geht so. Ach übrigens, wo ist die Toilette?" herauswürgen. Ob ich dann noch mal eingeladen werde, ist natürlich fraglich. Aber ich darf ohnehin überall nur zwei Mal hin. Das zweite Mal zum Aufräumen und Entschuldigen.