@Kc Ich arbeite zwar seit Jahren mit Geflüchteten, habe aber nicht den Eindruck, dass sich hier oben kurz unterm Nordpol wirklich nennenswerte Zahlen von konversionswilligen Nicht-Christen unter den Geflüchteten ausmachen lassen. Zumindest ist weder mir noch dem lokalen Diakonischen Werk bzw. der Kirchengemeinde ein Fall bekannt.
Unter den Geflüchteten finden sich allerdings Christen, die vor der Verfolgung in ihren Heimatländern geflohen sind (Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Russland, Syrien). Die gehen, verglichen mit den eingeborenen Christen, deutlich "offensiver" mit ihrem Glauben um, halten Fastenzeiten, Sonntagsruhe, Festtage strenger ein und gehen auch häufiger zu Gottesdiensten. Für manche ist eben eine Form von Tradition und Heimatgefühl, die ihnen Sicherheit vermitteln. Auch wenn ich den Glauben anderer nicht teile, so respektiere ich ihn.
Die Motive, in der BRD vom Islam (ich denke, darum geht es hauptsächlich) zum Christentum zu konvertieren, sind so vielfältig wie die Konvertiten. "Nicht auffallen wollen", Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft, Dankbarkeit gegenüber christlichen HelferInnen, neue Partnerschaften mit Christinnen/Christen, "Missionsopfer" oder auch die Idee, als Konvertit bei Abschiebung in den Herkunftsländern bedroht zu sein und deshalb einen erneuten Asylantrag stellen zu können - oder eben eine echte Glaubenserfahrung: Möglich ist alles.
Was ich allerdings erlebe, ist, dass viele Geflüchtete hier mit ihren muslimischen Traditionen und Regeln brechen und mir dann sagen: Hier MUSS ich ja nicht mehr, hier kontrollieren mich weder Chefs noch Nachbarn, weder Revolutionsgarden noch Religionspolizei, weder Taliban noch Boko Haram.
Hier kann ich unverschleiert herum laufen, schwul/lesbisch sein, mir meinen Partner selbst suchen, arbeiten gehen, Bier trinken und Grillwürstchen essen oder nachts auf die Strasse gehen. Diese Freiheiten scheinen mir vor allem Frauen zu geniessen. Vielleiciht haben die auch keine Lust, sich in ein neues religiöses Korsett zwingen zu lassen.
Ich bin gespannt, was Deine Studien ergeben.