@Tussinelda Ich denke wir treffen einfach unterschiedliche Grundannahmen.
Die Annahme, die ich bei dir herauslesen würde (korrigiere mich, wenn ich falsch liege):
Es gibt viele qualifizierte Frauen, die die Jobs gerne machen würden, aber sie werden von patriarchischen Entscheidungsträgern unterdrückt.
Meine Annahme ist:
Es gibt viele qualifizierte Frauen, die die Jobs gerne machen würden, aber irgendwann im Leben die Entscheidung treffen müssen, ob sie den Fokus auf Familie oder Karriere legen.
Wenn Annahme 1 ausschließlich zutrifft, ist eine Quote die Lösung der Probleme. Wenn Annahme 1 und 2 zutrifft oder nur die zweite, liegen die Probleme eben tiefer. In diesem Punkt kann ich die Haltung der Arbeitgeber eben nachvollziehen. Wenn du eine Person von der Nachwuchsführungskraft zur Top-Führungskraft weiterbilden willst, kostet das viel Zeit und Geld. In unserer Gesellschaft ist es aktuell der Standard, dass die Frau mehr in die Familie investiert als der Mann. Das hat viele Gründe und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es dem Mann, der sich da stärker engagieren möchte, nicht unbedingt leicht gemacht wird. Ich kann grundlegend nachvollziehen, dass die Arbeitgeber sich dann so entscheiden, wie sie sich eben entscheiden. Dies ist den aktuellen Umständen geschuldet.
Wir sind uns ja im Grunde dahingehend einig, dass die Quote vielleicht ein Anfang ist, aber nicht die Lösung. Ich glaube nicht, dass die Quote hier zu einem Umdenken führen wird. Um es mal überspitzt auszudrücken: Warum sollte sich ein Arbeitgeber darum scheren, einer jungen Mutter familienfreundliche Arbeitszeiten zu ermöglichen, damit sie nicht in einen Burnout rennt, wenn die Quote doch erfüllt ist? Gerade die Wirtschaft kann da ein wahres Haifischbecken sein. Wenn jemand schwächelt wird eher am Stuhl gesägt statt Unterstützung angeboten.
Ich denke man muss auch nicht darüber streiten, ob Familie und die Top-Karriere aktuell so toll zu vereinbaren ist. Mein Chef gesteht mir beispielsweise eine sehr familienfreundliche Flexibilität zu. Es kommt aber auch gerne mal vor, dass ich den Nachmittag mit dem Kleinen verbringe, um dann nochmal ins Büro zu fahren. Da hänge ich dann bis 22 Uhr rum und erledige mein Zeug. Da würde ich sagen, dass kann ich 1-2 Jahre so durchziehen, aber kann das die familienfreundliche Dauerlösung sein? Ich sehe bei der Quote eben zusätzlich auch das Problem auf der Meta-Ebene, dass man sich nun darauf ausruht und eine nachhaltige Lösung aus dem Blick verloren wird. Dementsprechend halte ich es auch für wichtig, über die Nachteile einer Quote zu reden statt sie unreflektiert abzufeiern. Damit erhöht man nämlich auch den Druck und vermittelt die Message, dass da noch mehr gemacht werden muss.
Ich halte die Quote dementsprechend nicht für eine nachhaltige Lösung.