@FF @Durchfall Ich denke, geschlechtsspezifische Erziehung findet auch heute noch statt. Ein Junge weint nicht, ein Mädchen macht sich nicht schmutzig usw.
Natürlich war sie zu Zeiten, als Anne Ohrn noch der pädagogische Leitfaden war, noch ausgeprägter. Aber ob sie die Kinder immer glücklich gemacht hat? Was mag der Menschheit entgangen sein?
Von Emil Nolde (Maler, Museum gleich bei mir um die Ecke) weiss man, dass er von seinem Vater dafür verprügelt wurde, weil er Wolken hinterher geträumt und sie gemalt hat, weil das nix für Jungs ist. Glücklicherweise konnte Papa Nolde seinem Emil das nicht ausprügeln. Die Kulturgeschichte ist voll von solchen Beispielen.
Mensch sind nun einmal unterschiedlich - und Kinder sind Menschen. Ja, tatsächlich! Wo wäre die Menschheit wohl ohne die "Träumer", die von einer besseren Welt philosophieren, ohne die "Versponnenen", die uns als KünstlerInnen erfreuen, ohne die "Hyperaktiven", die es zu neuen Ufern zieht, oder die sich im Sport abzappeln? Wenn man sich die Biografien bedeutender Persönlichkeiten als Wissenschaft, Kunst, Kultur, Wirtschaft und Politik ansieht, wird man erstaunt sein, wie viele "Schulversager" hier zu finden sind.
Wenn ein Junge gerne gärtnert, dann ist das gut und nicht schlecht. Viele bedeutende Botaniker, Gartengestalter und Landwirtschaftsexperten sind Männer. Hobbies oder Berufe nach Geschlechtern zu sortieren - darüber sollten wir doch schon längst hinaus sein. "Flink wie die Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl" - wir wissen, wohin das geführt hat.
Mein Sohn kocht und backt gern - sollte ich ihm das als unmännlich verbieten und ihn zum Fussball prügeln? Vielleicht wird aus ihm einmal ein Sterne tragender Star-Koch - und selbst wenn nicht, kann er später seine WG, seine PartnerIn, seine Familie bekochen. Er liest gern, schreibt Geschichten, zeichnet Comics und spielt gernt Theater. Wem wäre damit geholfen, wenn ich ihm solchen "Mädchenkram" verbieten würde?
Meine jüngste Tochter spielt Fussball, macht Karate, rudert und schiesst gern. Ihre Mitschülerinnen beschäftigen sich mit Schminken, Klamotten kaufen, BRAVO und dubiosen TV-Soaps. Natürlich eckt sie an in Schule und Freundeskreis. Aber muss ich sie deshalb dazu zwingen, statt im Boot vor RTL zu hocken?
Ich habe mein Umfeld schon vor Jahren damit schockiert, dass ich damit leben könnte, wenn mein Sohn schwuler Ballett-Star in New York und meine Tochter lesbische Fallschirmjägerin bei der Fremdenlegion (noch ohne Frauen. Noch!) wäre.
Was meine Kinder einmal werden, ist mir egal - Hauptsache, sie sind glücklich dabei.
Wenn mehr Menschen Mut zum Anderssein hätten, wäre die Gesellschaft eine andere.