Onida schrieb:Damit will ich sagen: Warum suchen wir immer solche Gründe? Zu alt, schwere Arbeit, keine Zeit? Warum können wir nicht lieber Wege suchen, die uns dies ermöglichen? Es sind unsere Wünsche, Träume, warum müssen wir da zurückstecken?
Ich glaube, es ist etwas anderes. Nicht so sehr "zurückstecken," sondern realistisch Prioritäten setzen. Früher hat man sich doch auch oft etwas vorgemacht: In ein paar Jahren, da will ich dann mir ein Segelboot kaufen, in ein paar Jahren mache ich eine Reise, in ein paar Jahren will ich noch Kinder haben, im Ruhestand will ich noch den Flugschein machen... usw.
Wenn man ganz ehrlich ist, waren das doch oft Ausreden, weil man nicht realistisch sagen wollte: ich habe jetzt andere Prioritäten, ich schufte lieber bis zum Umfallen, weil ich gerne Geld scheffele, oder ich gehe lieber in jeder freien Minute tanzen oder oder oder... und deswegen werde ich auch in ein paar Jahren nicht die Reise machen und den Flugschein und so weiter.
Solange wir uns vorgemacht haben, wir haben unbegrenzte Lebenszeit, und Gesundheit, so lange konnten wir auch so tun, als brauche man niemals einen Plan aufgeben: einfach aufschieben war das Motto.
Das ändert sich mit dem Alter irgendwann: irgendwann wird man da realistischer. Jedenfalls ich.
Ich empfinde das auch nicht unbedingt negativ. Das ist vielleicht anders, als wenn ich 30 wäre. Mit 30 empfände ich es vermutlich auch als unfair, wenn ich Pläne und Träume aufgeben müsste. Mit 50 ist es schon nicht mehr so, auch, weil man jetzt ja schon mehr auf der "Haben" Seite hat. Und mit 70, vermutlich gar nicht mehr so, weil man die Realität akzeptiert hat.
Materielle Dinge werden weniger wichtig. Zeit wird wichtiger. Mir ist das ganz besonders bewusst geworden, und ich denke, diese ganzen Gedanken sind erst ausgelöst worden, als vor 6 Wochen mein bester Freund aus meiner Kindheit und Jugend plötzlich starb.
Sterben tun nur die Alten, so dachte man immer. Höchstens bei einem tragischen Unfall, da stirbt mal ein Junger. Und so war es ja auch bisher immer. Nun auf einmal jemand, der genauso alt war wie ich. Einfach so, Herzinfarkt.
Mich hat das sehr beeindruckt.
Mehr Zeit haben für die Menschen, die einem etwas bedeuten. Das ist mir immer wichtiger.
Das hat für mich z.B. auch Einfluss auf die Gestaltung meiner Wohnwelt: Wir renovieren gerade ein Gästezimmer. Hoffentlich wird es sehr intensiv genutzt werden, in Zukunft. Kommunikationstechnologie: kann man nie genug haben. Wifi, usw. Räume, um mit Freunden zusammen zu sein. Bei uns z.B. klimabedingt unser swimmingpool. Da habe ich voriges Jahr einen neuen grossen Grill eingebaut, damit wir mit Freunden draussen feiern können.
Aber auch Raum um das Alleinsein zu geniessen. Meiner Frau ist der Garten wichtig, aber er sollte zum geniessen einladen, nicht dazu, auch noch das Wochenende auf den Knien arbeitend zu verbringen. Pflegeleichte Pflanzen sind auch schön, wobei wir uns den Luxus von Gärtnern leisten.
Ein wenig bewusster Leben, so kann man das glaube ich zusammenfassen. Das bedeutet älter werden für mich: bewusst akzeptieren, was ich habe und was nicht, wo ich bin und wo nicht, wer ich bin, und das dann geniessen.