Fußball: Ein Spiegel der Gesellschaft?
18.09.2016 um 04:34Manche Leute meinen Fussball sei eine Sache auf Leben und Tod...ich lann ihnen versichern es ist weitaus ernster als das
"Der Sozialismus, an den ich glaube, hat nichts mit Politik zu tun. Es ist eine Lebensweise. Es ist Menschlichkeit! Ich finde, die einzig richtige Lebensweise, die zum Erfolg führen kann, führt über das gemeinschaftliche Bestreben. Dabei arbeitet jeder für den anderen mit, man hilft sich gegenseitig und am Ende bekommen alle einen Anteil vom Lohn. Das mag viel verlangt sein, aber genau so sehe ich den Fussball und genau so sehe ich das Leben."
keyshan schrieb am 17.09.2016:Da die Spieler heute ohnehin aus allen Teilen der Welt kommen, gibt es auch keine Verankerung in der Stadt/Region, aus der die Mannschaft stammt. Vorallem bei den Top- Mannschaften ist das so.Was sind Top-Mannschaften? Solche, die international spielen oder mindestens in der ersten Liga eines Landes mit sehr guter Fünfjahreswertung spielen? Dann ist deine Aussage eine Falschaussage, aber ja, wundert mich nicht.
Doors schrieb:Bei den ollen Römern hiess es noch "Brot und Spiele". Der Spätkapitalismus ersetzt dies durch Dosenbier und Fussball.Ach, wie schön. Mir fälschlicherweise Nähe zur FDP unterstellen, weil ich einst eine kritische Aussage zum Kinderbekommen getätigt habe, aber selbst herablassend auf die "Unterschicht" schauen, die es nötig hat, sich "Brot und Spiele" rein zuziehen.
Sócrates: Von Fahnen und Freiheitenhttp://www.club-bellevue.com/socrates-von-fahnen-und-freiheiten/
Was muss sich in Brasilien, deiner Meinung nach, an der Organisation und Struktur des Fußballs noch generell ändern?
In Wirklichkeit muss sich eigentlich fast alles ändern. Zuerst die Basis: Man muss dieses Volk erziehen. Ohne Erziehung unterstützt du die bestehenden Ungleichgewichte ...
Welche Bedeutung hat Corinthians für die Menschen in Brasilien?[...]
Corinthians ist wie eine Fahne, die eine Legion von Anhängern zusammenschließt. Diese Fans haben das Gesicht, das Aussehen von Brasilien. Der Migrant, der Leidende und der Kämpfer. Ich sehe also die Wichtigkeit der corinthianischen Flagge genau darin – sie ist der Kern des Zusammenschlusses der sozial Bedürftigsten dieses Landes. Natürlich existiert zusätzlich immer noch eine gemeinsame sportliche Vision, aber wenn sich dieses Publikum organisieren würde, wären sie sehr stark und könnten etwas bewegen. Diese Flagge könnte vielleicht wichtiger sein als unsere Nationalflagge.
Also kein globalisierender Prozess?[...]
In Wahrheit verknüpfen sich die Kulturen aufgrund ihres vereinfachten Zugangs zueinander. Heute gibt es keine Isolation mehr. Du hast online Kontakt mit jedem auf der ganzen Welt. Jede Ausdrucksform, egal welche, hat eine große kulturelle Nähe zu jeder anderen. Aber die Wurzel bekommst du nicht. Das ist unmöglich. Ihr selbst werdet nie Schwarze der Favelas von Rio de Janeiro sein. Das geht nicht. Ihr könntet vielleicht versuchen so zu leben, aber eure Wurzel kann euch niemand nehmen. Und der brasilianische Fußball versucht derzeit an seiner eigenen Wurzel rumzustochern und nimmt sich somit etwas von seiner Identität.
Stichwort Wurzeln: Zurzeit spielen Tausende Brasilianer außerhalb des Landes. Welche Auswirkung hat das auf die brasilianische Liga?
Das hat einen wirtschaftlichen Grund und ich sehe das als eine der Konsequenzen unserer schlechten Fußballadministration. Wenn wir eine kompetentere Administration hätten, die sich auch mit einer wirtschaftlichen Rehabilitierung beschäftigen würde, würden diese Spieler das Land nicht verlassen. Wenn ich Kunstvermittler von Leonardo da Vinci wäre, verkaufte ich natürlich nicht Leonardo da Vinci, sondern sein Werk, die Mona Lisa. Wir machen das Gegenteil, wir verkaufen die Künstler und kaufen deren Werke zurück. Wir zahlen an kostenpflichtige TV-Sender, um das Spiel eines Brasilianers in Europa zu sehen. Es müsste genau das Gegenteil sein: Die Typen sollten sich von hier aus an die ganze Welt verkaufen. Die ganze Welt würde dafür zahlen, so wie Brasilianer auch für italienische, englische oder deutsche Meisterschaften bezahlen, um ihre eigenen Spieler spielen zu sehen.
Bist du stolz, Brasilianer zu sein?Socrates starb an einem Sonntag und am selben Tag, Stunden später, wurde Corinthians Meister (zum fünften Mal), wie er es sich viele Jahre zuvor, noch vor seinem einjährigen Gastspiel in Italien, in einem Interview gewünscht hatte.
Ich möchte es vielleicht nicht unbedingt Stolz nennen, aber ich habe eine immense Freude dabei, Brasilianer zu sein. Stolz ist mir ein bisschen fern, weil sich dieses Land noch sehr verbessern muss, aber ich liebe es. Ich kann mir nicht vorstellen, in einem anderen Land zu wohnen. Meine Seele ist zutiefst brasilianisch.
Juvenile schrieb am 21.09.2016:Wenn du dich vorher informiert hättest, würdest du wissen das Dosenbier in Stadien verboten ist.Im Wohnzimmer vor der Idiotenlaterne allerdings nicht - und da konsumiert die Bevölkerungsmehrheit Fussball.
AthleticBilbao schrieb am 20.09.2016:Doppelmoral ohne Ende, wie herrlich. :|Und wo bitte steht in meinem Einzeler etwas von "Unterschicht"? Zum Nachlesen:
Dogmatix schrieb am 19.09.2016:Jo, das hat ja ne lange Tradition bei der Linken, sich über das Opium des Volkes lustig zu machen. Da gibts aber auch klügere Ansätze.Im Gegenteil - in meiner "Linken" wurde Fussball als "proletarischer Sport" (vgl. die zahlreichen Arbeitersportvereine einst und Migrantensportvereine jetzt) angesehen. Wer keinen Fussball mochte, galt als dekadenter Abweichler. Aber damit konnte ich leben.
Doors schrieb:Im Wohnzimmer vor der Idiotenlaterne allerdings nichtWenn sich die "Linke" drum kümmerte, die Menschen vor der Idiotenlaterne zuerst auf ihre Seite zu bekommen bevor dann die große Aufklärung kommt (über die wahren Verhältnisse oder die Wissenschaft des ökonomischen Sozialismus, @Doors oder "seine" Linke mag hier noch anderes einfügen wollen), und nicht umgekehrt (das zweitere als Voraussetzung fürs erstere anzusehen), wäre sie erfolgreicher (gewesen) als sie ist (war). Und ja, das hat ne längere Tradition. Aber jeder nach seiner Façon.