Ritalin (Methylphenidat)
Ritalin gehört zur Gruppe der Amphetamine und unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz, daher ist jede Verschreibung meldepflichtig. Es ist anregend und produziert pharmakologische Effekte, die denen von Kokain und anderen Amphetaminen ähnlich sind. Methylphenidat wird auch für die Behandlung der Narkolepsie (eine Schlaf-Wach-Störung mit Symptomen wie Tagesschläfrigkeit, Kataplexie, fraktioniertem Nachtschlaf, auch übersetzt als "unerholsamer Schlaf") eingesetzt.
Die Zunahme der Produktion und Verwendung dieser Droge in den letzten Jahren kann jedoch im Wesentlichen auf die Behandlung von ADD-Kindern zurückgeführt werden. Eine zunehmende Anzahl von Mißbräuchen ist in neuerer Zeit auf Jugendliche zurückzuführen, die Methylphenidate wegen ihrer anregenden Wirkungen nehmen: zur Vertreibung von Müdigkeit, zur Aufmerksamkeitssteigerung, um nächtelang studieren zu können oder um die euphorisierende Wirkung zu erleben. Pharmazeutische Tabletten werden zumeist oral eingenommen oder auch pulverisiert nasal. Einige Abhängige lösen die Tabletten in Wasser und spritzen, wobei die unlöslichen Füllmittel der Tablette kleine Blutgefäße verstopfen und ernsthafte Schäden in der Lunge und der Augennetzhaut verursachen können. Mitte der 90er Jahre wurde in den USA das Medikament zur Party-Droge, das Schulkinder in pulverisierter Form wie Kokain schnupften.
Wirkungen und Nebenwirkungen
Ritalin soll nach Herstellerangaben Kindern mit "hyperkinetischen Verhaltensstörungen im Rahmen einer Gesamttherapie" verordnet werden. Es ist kein Heilmittel, sondern unterdrückt lediglich Symptome und muß daher kontinuierlich eingenommen werden. Ob Ritalin abhängig macht, ist umstritten.
Wirkungen nach Rätsch (1998):
stimmungsaufhellend und euphorisierend
vermittelt ein Gefühl erhöhter Energie
steigert die Aufmerksamkeit, Wachheitsgrad und Leistungsfähigkeit
senkt den Appetit
vertreibt Müdigkeit
Blutdruck und Puls steigen
die Pupillen erweitern sich
die Muskulatur wird stärker durchblutet
Sauerstoff- und Glucosekonzentration im Blut steigen an
Zum Teil können auch empathogene und halluzinogene Effekte auftreten.
Mögliche Nebenwirkungen sind Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit und Magenbeschwerden. Niedrige orale Dosen (2,5-20 Milligramm) führen zu Reaktionen, die den biochemischen Vorbereitungen des Körpers in Schreck-, Flucht- oder Angriffsreaktion entsprechen: erhöhter Blutdruck, beschleunigter Puls, entspannen der Bronchialmuskulatur, gesteigerte Aufmerksamkeit, Euphorie, Erregung, Wachheit, ein vermindertes Müdigkeitsgefühl, Appetitverlust, Stimmungsaufhellung, verstärkte motorische Aktivität und Rededrang, die Leistungsfähigkeit nimmt kurzzeitig zu, Geschicklichkeit und Feinmotorik können sich verschlechtern. Diese unerwünschten Wirkungen klingen mit steigender Therapiedauer oft ab. Weitere Nebenwirkungen sind Übererregbarkeit, Müdigkeit, Traurigkeit, Ängstlichkeit, Weinerlichkeit, Kopfschmerzen Schwindel, Gewichtsverlust, Mundtrockenheit, Durchfall und Verstopfung. In mäßigen Dosen (20-50 Milligramm) kommt es zur Stimulierung der Atmung, leichtem Zittern, Unruhe, weitere Steigerung der motorischen Aktivität, Schlafstörungen und ausgeprägteren Erregungszuständen. Müdigkeit und Appetit werden stärker unterdrückt. Überdosierung führt z.B. zu Krämpfen, Fieber, Zittern bis hin zu Kreislaufkollaps und Atemlähmung. Diese unerwünschten Wirkungen klingen mit andauernder Einnahme häufig ab. Nach längerer Anwendung können beim plötzlichen Absetzen ausgeprägte Depressionen und Müdigkeit als Entzugssyndrom auftreten. Die vollständige Normalisierung des Schlafmusters kann einige Wochen dauern. Wechselwirkungen beim Mischkonsum mit anderen Substanzen sind risikoreich: Mit Alkohol sind Wechselwirkungen nicht kalkulierbar, eine Alkoholvergiftung ist möglich. Cannabis kann die Wirkung von Ritalin verstärken, es können Halluzinationen auftreten! Mit Ecstasy eingenommen wird der Kreislauf stark belastet, ein stärkerer Flüssigkeitsverlust ist möglich. Ängstliche Personen, Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Schilddrüsenüberfunktion und psychischen Erkrankungen (Schizophrenie, Tourette-Syndrom, Depression etc.) und Schwangere sollten kein Ritalin konsumieren. Eine Studie des M. D. Anderson Cancer Center (Universität Texas) äußert die Vermutung, dass Methylphenidat möglicherweise krebserregend ist. In dieser Studie zeigten sich bei 12 Kindern (Standarddosengabe) nach drei Monaten chromosomale Abweichungen (wie z.B. Mutationen). Der Zusammenhang zwischen chromosomalen Abweichungen und Krebs ist gut dokumentiert.
Schmidt (o.J.) berichtet über die Entstehungsgeschichte: "Es begann alles damit, dass der Pharma-Chemiker L. Panizzon im Jahre 1944 rein zufällig Methylphenidat entdeckte, wovon seine Frau Rita naschte und die belebende Wirkung lobte, weswegen der Stoff dann auch "Ritalin" getauft wurde. Man hatte also nicht ein Medikament zur Therapie einer bereits existierenden Krankheit gesucht oder gefunden, sondern zufällig einen Wirkstoff (ein Amphetaminderivat), von dem man noch gar nicht recht wusste, wofür er zu gebrauchen sein könnte. K. Conners und L. Eisenberg gaben dann später einen verwandten Wirkstoff, Dexedrine, versuchsweise an zwei Schulklassen mit farbigen Unterschichtkindern in Baltimore, USA. Und siehe da: das ansonsten nervige und rüpelhafte Verhalten der Schüler "normalisierte" sich auffallend. Es war ein Mittel gefunden, das Verhalten der Kinder an Ghetto-Schulen chemisch zu beeinflussen. Man bemerke: Es lagen nicht irgendwelche medizinischen Diagnosen bei den Kindern zugrunde. Es waren einfach verhaltensschwierige Ghetto-Kids, deren Sozialverhalten chemisch angepasst werden sollte, anstatt an ihren chronisch traumatisierenden psychosozialen Verhältnissen sozialpolitisch etwas zu verbessern. Aber damit hatte man immer noch keine richtige Krankheit gefunden, gegen die das Mittel helfen sollte. Denn dass man verhaltensschwierige und psychosozial benachteiligte Kinder mit einem Psychopharmakum einfach nur chemisch ruhigstellt, hätte natürlich niemand so ohne weiteres akzeptieren können. Das wäre ein Skandal gewesen. Also musste man eine offizielle medizinische Krankheit finden, denn anders ließ sich das Mittel auch nicht erfolgreich vermarkten. Zunächst verfiel man auf die Idee, dass Kinder eben krank seien, wenn das Mittel bei ihnen wirkte, wenn nicht, waren sie einfach gesund. Man nannte die Krankheit zunächst "funktionelle Verhaltensstörung", was die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA aber bald untersagte, weil es zu unspezifisch sei. Prompt wurde das Leiden umbenannt in "minimale zerebrale Dysfunktion (MCD)", was sich aber wissenschaftlich auch als unbauchbares Konstrukt erwies (z.B. Schmidt, M.H. 1992). Daraufhin geisterte das Syndrom "hyperkinetische Störung" durch Kindergärten und Schulen, bis der amerikanische Psychiatrieverband endlich das Kürzel "ADHS" erfand (nach Blech 2003)."
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/SUCHT/Ritalin.shtml