Eure Erlebnisse in der Psychatrie
22.02.2016 um 22:50
Ich war vor Jahren mal in einer Tagesklinik und dann später, nach einschneidenden persönlichen Erlebnissen, innerhalb von kapp einem Jahr gleich drei Mal. In zwei unterschiedlichen Psychiatrien, weil ich zwischenzeitlich umgezogen bin.
Einrichtung 1 hat an und für sich einen ziemlich guten Ruf, aber es war kurz vor Weihnachten und alles heillos überfüllt. Dort gab es zwar eine Geschlossene, die eigentlich nur für die "härteren" Fälle gedacht war, aus Gründen der Überbelegung ist dort aber erst einmal jeder gelandet, bis in den anderen Abteilungen passende Zimmer frei geworden sind. Ebenso habe ich schon im ersten Gespräch mit meinem Arzt gemerkt, dass man mich schnell wieder los werden wollte, weil ich nach meinem versuchten Suizid (Schlaftabletten, ich bin direkt vom Krankenhaus direkt dorthin gekommen) recht schnell einen vernünftigen Eindruck gemacht habe. Schon nach drei Tagen dufte ich das Gebäude auch ohne Begleitung verlassen (dadurch, dass da alles querbeet gemischt war, konnte man prinzipiell von einer "Geschlossenen" im klassischen Sinn auch gar nicht mehr reden) und das, obwohl die Psychiatrie malerisch an einem steilen Berghang gelegen war und es somit für mich ein leichtes gewesen wäre, meine ursprünglichen Pläne doch noch in die Tat umzusetzen. Mir ist allerdings erklärt worden, dass ich mein Leben gar nicht beenden wollte (aha, beim ersten Gespräch, schön, dass man mich besser kennt als ich mich) und schon nach zwei Wochen wurde ich dann entlassen. Es gab überhaupt kein Therapieangebot und mit meinem Arzt habe ich genau zwei Mal gesprochen: Beim Aufnahme- und beim Entlassungsgespräch. Geholfen hat mir das also nicht.
Aufenthalt zwei und drei hatte ich dann in Einrichtung 2, jeweils einen Monat war ich dort. An meiner Lage hatte sich zwischenzeitlich nämlich leider nicht viel verändert. ich habe mich jedoch beides mal selbst eingewiesen. das eine Mal bin ich von Klassenkameraden dazu gedrängt worden, die sich Sorgen um mich gemacht und sich wirklich ganz lieb um mich gekümmert haben (haben mich dorthin gefahren, sind während des Aufnahmegesprächs auch dort geblieben und sind dann auch noch mit mir meine Sachen holen gegangen), das andere mal hab ich den Versuch, dem Leben vorzeitig ein Ende zu setzen, doch noch abgeblasen, mein Zeug gepackt und jemandem Bescheid gesagt, um mich dort hin zu fahren. In Einrichtung 2 gibt es allerdings nur mehrere teiloffene Stationen, in denen alle Krankheitsbilder zusammengewürfelt sind. Beim ersten Mal hatte ich Glück, da war ein Platz in einem Zweierzimmer mit angeschlossenem Bad frei. Beim anderen Mal... Da war ich zuerst zu viert in einem Dreierzimmer, in dem es nur ein Waschbecken gab, danach kam ich in ein reguläres Zimmer, an das wenigstens eine eigene Toilette angeschlossen war.
Ich muss dazu sagen, dass ich massive Probleme damit hatte, nach dem Duschen im Bademantel über den Flur zu laufen oder auch nur die allgemeinen Toiletten zu benutzen, die oft genug vollgekotzt oder -geschissen waren, sodass man erst mal einem Pfleger Bescheid sagen musste, damit man sie benutzen konnte. So etwas hat bei mir regelmäßig Panik ausgelöst und ich habe mehrmals darum gebeten, einen Platz in einem Zimmer mit Bad zu bekommen, sobald einer frei wird. Wurde mir allerdings verwehrt, aber wie gesagt, zumindest die andere Zwischenlösung war drin. Immerhin gab es dort ein Therapieprogramm, auch wenn das nicht besonders üppig ausgefallen ist. Da die Psychiatrie jedoch eine katholische Einrichtung war, in der auch Nonnen tätig waren, die über das normale Programm Angebote gemacht haben, habe ich da mitgenommen, was ich kriegen konnte. Ich bin zum meditativen Tanz und sonntags sogar zum Gottesdienst - ich bin eingeschworene Atheistin :D
Das Team, vor allem die Pfleger, waren allerdings in Ordnung, da kann ich mich nicht beschweren. Klar, mit manchen habe ich mich besser verstanden und manche mochte ich nicht, aber das hat dann ja auch was mit dem Menschen an sich und nicht nur mit seiner Position zu tun. Ich hatte manchmal eher Probleme im Kontakt mit manchen Mitpatienten. Da dort vom aufgedrehten Alkoholabhängigen bis zur dementen alten Frau alles vertreten - und teilweise in einem Zimmer mit mir - war, war das aber, naja, vorauszusehen. Immerhin hatte ich beide Male recht früh Ausgang, das habe ich genossen... und auch immer versucht, mich nützlich zu machen und sei es nur, um denjenigen, die nicht alleine raus durften, mal was aus dem Supermarkt mitzubringen.
In der Nachschau hat sich zudem als problematisch herausgestellt, dass meine Narkolepsie damals noch nicht diagnostiziert war. Dass ich mich teilweise zu den unmöglichsten Zeiten schlafen gelegt habe, wurde mir negativ ausgelegt. Ich würde mich ja nicht bemühen, mehr Aktivität zu zeigen. Da konnte ich noch so häufig sagen, dass mich der Schlafzwang überkam, prompt, dass ich mal einen Leerlauf im Tagesplan hatte und ich jedes Mal froh war, es überhaupt ins Bett zu schaffen. Auch wenn ich verstehe, dass man das mitunter mit einer depressiven Symptomatik verwechseln kann - ich kenne den Unterschied und habe den auch ziemlich direkt kommuniziert. Das ist meiner Meinung nach auch eines der größten Defizite, mit denen man zu kämpfen hat, wenn man einmal in die psychiatrischen Mühlen geraten ist: Jedes mögliche Symptom einer Krankheit wird zu Beginn nicht ernst genommen und erst einmal nur unter psychiatrischen Gesichtspunkten betrachtet. Aus diesem Grund vergehen mitunter Jahre bis zu einer Diagnose, die man ohne großen Aufwand auch viel früher hätte haben können. das habe ich nicht nur bei mir erlebt.