Zeo schrieb:Diese "Stammtischparolen" sind in diesem Fall die Wahrheit, wie ich dir mit dem Artikel gezeigt habe. Es wird viel mehr Ritalin rausgeschossen, als sinnvoll und richtig wäre.
Nein, deswegen stimmt die Aussage, die du getätigt hast trotzdem nicht. Es gibt nach internationalen Richtlinien eine Definition, wann man von ADHS/ADS sprechen kann. Nur weil manche Ärzte (aus welchem Grunde auch immer) vorschnelle Diagnosen stellen, bedeutet das eben nicht, dass die Medizin als Gesamtkonzept dazu tendiert, Tagträumerei zu pathologisieren. Es ist nun einmal schlicht so, dass auch Ärzte selbst nur Menschen sind, und daher gerade die Psychiatrie ein unglaublich schweres Fach ist, da man von subjektivem Druck, ausgehend von Patienten und anderen Institutionen, geradezu eingeengt wird, und dennoch dazu in der Lage sein muss, eine rationale Entscheidung zu treffen. Und im Gegensatz zur landläufigen Meinung, der gemäß das Primärziel von Ärzten offenbar zu sein scheint, möglichst lukrative Kooperationen mit Pharmaunternehmen herauszuschlagen, gibt es durchaus auch Mediziner, denen vor allem die Genesung ihrer Patienten am Herzen liegt.
Und es ist auch gar nicht notwendig die Medizin für die Überpathologisierung des AD(H)S zu verteufeln, da längst kompetente Wissenschaftler diesem Problem auf die Spur gekommen sind, wie dein Link ja eigentlich verdeutlicht. Es handelt sich um einen Artikel aus dem Ärzteblatt, einem Journal, das an Ärzte gerichtet ist. Es ist also keinesfalls so, dass die Ärzteschaft dieses von dir angesprochene Problem ignoriert oder unter den Teppich kehrt.
Und um zu verstehen, aus welchem Grund Ärzte dazu tendieren können, MPH ohne gegebene Indikation zu verschreiben, verweise ich auf folgenden Ausschnitt:
"Es wird relativ schnell und relativ viel verordnet", konstatierte Kongressleiter Professor Gerd Glaeske. So würden Kinder- und Allgemeinärzte beim Thema ADHS aber oft unter einen gewissen Druck geraten: "Sie merken, dass es den Eltern schlecht geht und die Kinder offensichtlich Probleme haben." Manchmal werde dann vorschnell diagnostiziert und auch therapiert, um die Eltern zu entlasten. "Dadurch werden dann aber auch Kinder und Jugendliche mit Arzneimitteln behandelt, bei denen andere Möglichkeiten der multimodalen Therapie wie etwa Psychoedukation, Familien- oder Ergotherapie einen Nutzen haben", sagte Glaeske.
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/arzneimittelpolitik/article/557878/experten-sehen-maengel-versorgung-kindern-adhs.html (Archiv-Version vom 03.12.2013)Darüber hinaus gibt es verschiedenste (meiner Beurteilung nach) seriöse Quellen, die sich ebenfalls mit den Folgen und der Indikation von MPH befasst haben:
http://web.archive.org/web/20071114222821/http://www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll/071-006.htmhttp://www.bundesaerztekammer.de/downloads/ADHSLang.pdfAber selbstverständlich sollte man auch die Forschungen im Hinblick auf die Langzeitfolgen im Auge behalten. Und ich gebe durchaus zu, dass es nicht unbedingt im Interesse der Pharmaindustrie liegen würde, wenn sich stichhaltige Beweise finden ließen, die gegen die Verschreibung von MPH sprächen.