Link: www.planet-wissen.de (extern)Hier sind ein paar erleuterungen zu den Thema Intelligenz....
Intelligenz (lat. intelligentia, Einsicht, Erkenntnisvermögen) ist ein vielschichtiger Begriff in mehreren Fach- und Wissensgebieten (siehe unten). Allen Definitionen von Intelligenz ist gemeinsam, daß sie einen Bezug zu Verstehen, Denken und Begreifen haben, also irgendwie mit Geist, Verstand und Funktionen des Gehirns in Zusammenhang stehen.
Den Begriff Intelligenz gibt es fast in allen Sprachen europäischen Ursprungs in gleicher oder sehr ähnlich lautender Form. Hinter dieser äußerlichen Ähnlichkeit verbirgt sich jedoch eine außerordentliche Dynamik in der Anwendung des Begriffes.
Mehrere Arten von Intelligenz
Neben geistigen Fähigkeiten des Begreifens, Denkens oder der Klugheit werden mit dem Wort "Intelligenz" auch andere Aspekte bezeichnet:
* Künstliche Intelligenz (KI) - die Fähigkeit bestimmter Computerprogramme, menschliche I. nachzuahmen (EDV)
* Emotionale Intelligenz (EI, siehe unten)
* Die Gesellschaftsschicht der wissenschaftlich Gebildeten
* Als "Intelligenzen" (z.T. veraltet) Vernunftwesen, heute eher verwendet für die Vorstellung "außerirdischer" intelligenter Wesen.
Kontrovers wurde und wird die Frage diskutiert, wodurch "die Intelligenz" bestimmt wird. Heute gilt als sicher, dass ihr Ausmaß zu einem Großteil erblich bedingt ist. Aber ohne Lernen, Schule und Ausbildung verkümmert jede angeborene Begabung (siehe auch Kaspar Hauser).
Intelligenz als Begriff der Allgemeinen Psychologie
Der Begriff Intelligenz umfaßt allgemein die geistigen Fähigkeiten des Menschen. Dazu gehören insbesondere Denkvermögen, Auffassungsgabe, Rationalität, Logik, Urteilsvermögen und Kreativität.
Intelligenzforschung auf dem Gebiet der Allgemeinen Psychologie bezeichnet sich heute oft als Kognitive Psychologie, die mit Bereichen der Entwicklungspsychologie und der Hirnforschung zusammenwirken kann.
Siehe auch Psychologie.
Die Forschung zur menschlichen Intelligenz im Rahmen der neuronalen Gehirnforschung belegt eine äußerst komplexe Signalverarbeitung der Informationen beim Menschen.
So werden zur Informationsverarbeitung zwar bestimmte neuronale Bereiche eindeutig lokalisiert (z.B. in den Bereichen Stammhirn, Kleinhirn und Großhirn), dennoch scheinen bestimmte Informationsverarbeitungsprozesse dezentral organisiert zu sein.
Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz (KI) bezeichnet demgegenüber die mechanisch-elektronische Nachbildung menschlicher Intelligenz innerhalb der Informatik.
Die KI findet zunehmend Einsatz in der ingenieurwissenschaftlichen oder medizinischen Technik.
Mögliche Anwendungsszenarien sind: Optimierungsprobleme (Reiseplanung, Schienenverkehr), Umgang mit natürlicher Sprache (automatisches Sprachverstehen, automatisches Übersetzen, Suchmaschinen im Internet), Umgang mit natürlichen Signalen (Computer Vision und Mustererkennung).
Intelligenz als Begriff der Differentiellen Psychologie
Intelligenz ist in der Bedeutung Verstand auch eine Eigenschaft, die quantitative Unterschiede einschließt. In dieser Verwendung in der Persönlichkeits- und Differentielle Psychologie ist Intelligenz eingebettet in die Persönlichkeit und ein Bestandteil der Persönlichkeitsunterschiede zwischen verschiedenen Individuen. Man spricht von höherer Intelligenz, rascher Auffassungsgabe oder Klugheit. Diese Verwendung schließt auch Tiere mit ein. Man spricht sowohl von klugen Hunden als auch von der Intelligenz von Pferden und Affen.
Als Fachbegriff der Psychometrie wurde "intelligence - Intelligenz" in der Zeit um 1900 geprägt, wobei der inhaltliche Impuls aus dem englischen Sprachraum kam. Der Begriff überschneidet sich in seiner Bedeutung mit Begriffen wie Begabung, Talent und Lernfähigkeit, wobei in der Regel unterschiedliche Begabung und unterschiedliche Lernfähigkeit gemeint werden und die allen Menschen gemeinsame Lernfähigkeit stillschweigend vorausgesetzt wird (also die Intelligenz, die einen Menschen von einem Schimpansen unterscheidet).
Intelligenzquotient bzw. IQ
Für die Messung der psychometrischen Intelligenz (IQ) waren die Forschung des Franzosen Alfred Binet, der zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts gemeinsam mit Theodore Simon im Auftrag der französischen Regierung ein Testverfahren zur Auswahl von schwachsinnigen Vorschulkindern entwickelte, von bahnbrechender Bedeutung.
In diesem ersten Intelligenztest werden viele kleine Aufgaben gestellt.
Da Binet feststellte, dass ältere Kinder anspruchsvollere Aufgaben lösten als jüngere Kinder und auch schneller und damit eine höhere Punktzahl erreichten, wurde daraus in den folgenden Jahren der Intelligenzquotient, abgekürzt IQ, als Maß der Intelligenz entwickelt, anfangs bezogen auf das Lebensalter, später auf den Mittelwert der Gesamtbevölkerung.
Binet hat seine Arbeiten kritisch gesehen und sah in seinem Punktesystem nicht die Messung einer abstrakten Intelligenz, sondern nur eine Hilfestellung bei einer Einstufung von Schülern. Charles Spearman und andere haben jedoch auf seinen Arbeiten aufgebaut und die Theorie eines Allgemeinen Faktors der Intelligenz entwickelt.
Die Anzahl der richtigen Aufgaben sowie die Bearbeitungsgeschwindigkeit und der Vergleich mit Gleichaltrigen wurde somit zur empirischen Grundlage des frühen Intelligenzbegriffes, welcher "Intelligenz" am IQ festmacht und nach wie vor bei wissenschaftlich validierten Intelligenztests (z.B. dem CFT3-Grundintelligenztest von Cattell/Weiss) bei erwachsenen Probanden und Kindern Anwendung findet. Eine Weiterentwicklung brachte die Informationspsychologie, die den IQ durch das Konzept des Arbeitsspeichers ersetzt, der ein physikalisches Maß der Intelligenz bzw. der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit darstellt, nämlich die verarbeiteten Bit pro Zeiteinheit.
Der "Normal-IQ" liegt bei 100 mit einer Streuungsbreite zwischen 85-115. Nur ca. 2,2% der Bevölkerung haben einen IQ über 130 (Hochbegabung) oder unter 85.
Da die Zuverlässigkeit der Testergebnisse mit zunehmender Abweichung vom statistischen Mittel sinkt, hat der IQ außerhalb der Grenzen zwischen 55 und 145 praktisch keine Bedeutung mehr.
Von dieser Unsicherheit sind jedoch nur 0,26% der Bevölkerung betroffen.
Eine weitere Fehlerquelle ist die mit zunehmenden Lebensalter geringer werdende Vergleichbarkeit von "Normalintelligenz".
Der klassische Intelligenzbegriff wird in den letzten Jahren von mehrdimensionalen Intelligenzmodellen angegriffen, die nicht-kognitive Persönlichkeits-Eigenschaften einbeziehen.
Die Problematik der IQ-Tests liegt auch darin, dass vorwiegend die Geschwindigkeit bei der Lösung relativ leichter Tests gemessen wird.
In der Realität ist jedoch Intelligenz vor allem als Fähigkeit zur Lösung nichttrivialer Probleme interessant.
Jeder, der Testaufgaben trainiert, kann seinen IQ deutlich steigern.
Auch die Motivation bei den Tests wirkt sich stark aus.
Stephen Jay Gould hat sowohl den "einen" IQ, als auch Intelligenz aus verschiedenen, voneinander relativ unabhängigen Faktoren (primary mental abilities) zusammengesetzt, als wissenschaftlich fragwürdig und als ein untaugliches Konzept kritisiert.
Klassische Intelligenztests messen im Wesentlichen logisch-analytische Fähigkeiten und erlauben damit beispielsweise kein Urteil über den nicht-rationalen Umgang mit den Mitmenschen (EQ).
Emotionale Intelligenz und EQ
Nicht analog dem IQ-System (auf Mittelwert 100 und Standardabweichung 15 skaliert), aber durchaus beschreibend lassen sich auch persönliche und emotionale Faktoren in zielgerichteten und erfolgreichen Handlungskonzepten erkennen. Während bei planvollem Handeln in Gruppen der IQ sicher auch eine Rolle spielt, sind die Wahrnehmung bzw. Kontrolle von Emotionen in gefährlichen Situationen und andere Persönlichkeitseigenschaften des EQ eher eine unabhängige Variable der ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung. Besonders große Unterschiede zwischen den Menschen zeigen sich im Umgang mit den eigenen Gefühlen; er hängt u.a. von der Prägung durch die Herkunfts-Familie und dem Selbstwertgefühl ab, ändert sich aber auch durch spätere Erfahrungen oder Seminare etc.
Im europäischen Kulturkreis besitzt (analytische) Intelligenz (IQ) einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert und wird nach vielfacher Meinung gegenüber kreativen und sozialen Begabungen (EQ) bisweilen überbewertet. Zur Zeit ist aber ein Umkehren des Pendels zu beobachten, da immer mehr sog. reine soft skills als Schlüsselqualifikationen bezeichnet werden.
Die Diskussion, was wichtiger für individuellen Erfolg oder auch für fruchtbare Beiträge zur Volkswirtschaft oder der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung ist - die "emotionale Intelligenz" oder die eigentliche (kognitive Faktoren beschreibende) Intelligenz - ist überflüssig. Denn jeder ausschließlich analytisch Hochintelligente wird ohne eigene soziale Kompetenzen oder ein förderndes Netzwerk trotz seiner (theoretischen) Leistungsfähigkeit isoliert bleiben. Und ein rein auf Basis sozialer Fertigkeiten agierender "Instinkttäter" kann ohne eigenen Leistungs- oder Sachbeitrag auch kaum langfristig erfolgreich sein, zumindest nicht in "Leistungsgesellschaften".
Erfolgsintelligenz
Die Theoroe der Erfolgsintelligenz behauptet, das Zusammenwirken einer von den Verfechtern dieser Dichotomie postulierten zweigeteilten rationalen und emotionalen Intelligenz zu beschreiben.
Die psychologische Forschung (siehe insb. Hunter und Schmidt) zeigt aber, dass der stärkste einzelne Prädiktor für Erfolg im Berufsleben die allgemeine Intelligenz ist, auch als G-Faktor bezeichnet (General Intelligence). Auch die Forschung zu Lebenserfolg bzw. Lebensleistung zeigt einen Zusammenhang zwischen erfülltem Leben, Lebensleistung und klassischen Intelligenzmaßen. Die neue Strömung, soziale Kompetenzen, emotionale Stabilität, Extroversion, Anpassungsfähigkeit und andere persönlichkeitsbezogene Eigenschaften als Emotionale Intelligenz zusammenzufassen und zu benennen, kann zweifach gedeutet werden:
Als überflüssige Verwischung der Grenzen zwischen Intelligenz als in sich zusammenhängendem Konstrukt und davon bisher abgegrenzten Perönlichkeitsvariablen,
oder als nützlicher Hinweis, dass Intelligenz (im herkömmlichen Sprachgebrauch) natürlich nicht alles ist. Die Überfrachtung des Intelligenzbegriffs muss für seine weitere Erforschung und Beschreibung nicht hilfreich sein, da ja die Intelligenz im Ursprungssinn noch nicht hinreichend beschrieben ist, und der eigentliche Denkprozess noch weitere Forschung erfordert.
Die Entwicklungspsychologie zeigt, dass sich kognitive Fähigkeiten und soziale Fertigkeiten nicht immer parallel entwickeln und beide gefördert werden müssen. Tatsächlich können sich Probleme bei einseitiger Förderung von Kindern mit überdurchschnittlicher Auffassungsgabe (Thinking Speed) ergeben. Im regulären Lehrbetrieb häufig kognitiv unterfordert, kann ein solches Kind mit dem Überspringen einer oder mehrerer Klassen auch einer sozialen Überforderung ausgesetzt werden. Schulpsychologen können bei einer solchen Entscheidung wichtige Hinweise und Unterstützung geben.
Intelligenz als Begriff der Soziologie
Intelligenz als Bezeichnung für die Gesamtheit aller Gebildeten wurde erstmals 1844 im Polnischen von K. Libelt gebraucht, 1846 im Russischen von W. G. Bielinski, im Deutschen später von Karl Kautsky. Die Intelligenz ist eine besondere soziale Schicht, deren Beitrag zum arbeitsteiligen Haushalt der Gesellschaft in Intelligenzleistungen besteht. Sie entwickelte sich in der Neuzeit aus der sozialen Schicht der Geschulten und des akademisch gebildeten Bürgertums.
Die Intelligenz kann ihre Rolle als Kognitive Elite der Gesellschaft (vgl. die Metapher der freischwebenden Intelligenz bei Karl Mannheim) nur ausfüllen, wenn die Auslese über die Bildungswege dazu führt, daß die ein besonderes Maß an Intelligenz (vgl. IQ) erfordernden Berufe und Arbeitsplätze wirklich mit den intelligentesten Personen besetzt werden. Wenn bestimmte Berufsgruppen dann tatsächlich eine mehr oder minder dauernde Intelligenzauslese darstellen, dann hat das zur Folge, daß die Zugehörigkeit zur Intelligenz durch Ausbildung eines entsprechenden Heiratskreises eine feste Eigenschaft bestimmter Familien wird (siehe Vererbung der Intelligenz). Dazu stoßen in jeder Generation eine mehr oder minder große Zahl von sozialen Aufsteigern (vgl. soziale Mobilität) hinzu. Der Grad der intellektuellen Begabung bei den Kindern dieser Berufsgruppen ist durchschnittlich höher als bei den Nachkommen anderer Schichten und demzufolge nach entsprechender Ausbildung ihr Anteil am Humankapital der Gesellschaft. Fraglich ist jedoch, wo die Grenze nach unten zu ziehen ist. Die Entscheidung hängt letztlich davon ab, ob unter Intelligenz die geistige Potenz an sich verstanden wird oder auch ihre schöpferische Aktivierung mit in die Begriffsbestimmung einbezogen wird (vgl. Kreativität).
Die Intelligenz entstand und entfaltete sich mit dem Zerfall der ständischen Gesellschaft. Sie wurde zum kritischen Träger der Wissenschaft, der Kunst, der Technik, der Wirtschaft und der Politik. Die Intelligenz ist das dynamische Element der Gesellschaft, das die die jeweils gegebenen sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Formen der Gesellschaft immer wieder in Frage stellt, weil sie ihr lediglich als Stadien eines Entwicklungsprozesses erscheinen.
Die Intelligenz als soziale Schicht war bis 1990 auch fester Bestandteil eines kommunistisch geprägten Gesellschaftsverständnisses, das nicht umhin konnte, die Existenz einer Geistes- und Bildungselite wahrzunehmen. Aber auch Adolf Hitler in "Mein Kampf" und andere verwendeten den Begriff in dieser Bedeutung. In der DDR verstand man unter "Intelligenz" die Gesamtheit aller Personen mit einem Hochschulabschluß oder Fachschulabschluß. Im westlichen Deutschland, wo der Begriff auch weite Verbreitung erlangte, konkurriert "Intelligenz" auch heute noch mit dem älteren Begriff Intellektuelle bzw. mit Akademiker oder erscheint gar als soziologischer Fachbegriff in der slawischen Form Intelligentsia.
Die Ausweitung der höheren Bildung hebt formal eine wachsende Zahl von Menschen auf den Bildungsstand der Intelligenz. Parallel dazu verläuft jedoch ein Absinken des sozialen Ansehens und Marktwerts der zur Massenerscheinung gewordenen höheren Bildungsgrade (vgl. Bildungsinflation). Zum Intelligenzproletariat rechnet man deshalb all diejenigen, denen es auf Grund einer zeitweiligen Überproduktion an formaler Bildung nicht möglich ist, ihr Humankapital auf dem Arbeitsmarkt in einen Dauerarbeitsplatz umzumünzen. Insbesondere zahlreiche Absolventen der Geisteswissenschaften studieren in der Gegenwart damit eigentlich das Fach Arbeitslosigkeit. Daß es eine Herrschaft der Intelligenz als Herrschaft einer Meritokratie geben könne, ist nur eine Utopie......