Streuselchen schrieb:Naja stop, nun vermischt du da was, was unfair gegenüber meiner Person ist. Über Arbeitslosigkeit habe ich mich hier mit keinem Wort ausgelassen und das ist auch nicht der Punkt. Weiter schreibe ich nicht umsonst "Suchtkrank".
Allein der Versuch, mich hier mit Arbeitslosbashern in eine Ecke drängen tu wollen ist etwas, was ich sonst mit Ignoranz strafe.
Ich habe es deswegen verwendet, da ich mich gut daran erinnern kann, dass du eben wie auch hier bei "Suchtkranken" ähnliche Interpretationsmuster oder Schlussfolgerungen angeführt hast. Habe ich hier schon mal ernsthaft jemanden "gebasht"? Ehrlich?
Ich schreibe eigentlich oft und gerne zu den Beiträgen etwas, die mich interessieren oder gewisse Sequenzen haben, die ich selber einigermaßen kenne. Wenn ich den Eindruck habe, die Distanz zwischen meiner und der anderen Meinung ist zu groß, dann lasse ich es in der Regel. Das Gefühl habe ich bei deinen Kommentaren meist nicht. Ich habe geschrieben, dass ich deine Interpretation von Christiane F. punktuell unterkühlt wahrnehme, nicht dass du empathielos wärst. Das glaube ich durchaus überhaupt nicht. Die öffentlche Wahrnehmung um Christiane F. oder anderen öffentlichen Personen ist nur mMn in der Regel etwas schief, da wir oft unsere eigenen Erwartungshaltungen hineininterpretieren, was ich wiederum gerade in diesem Fall unfair finde. Ob du dich dann auf meinen Beitrag einlässt oder nicht, ist alleine deine Entscheidung. Ich erwarte das nicht, habe ich dir auch schon mal geschrieben. Wenn doch, würde ich das irgendwie kenntlich machen.
Streuselchen schrieb:Und das darf ich wohl?
Natürlich, aber du musst auch damit rechnen, dass jemand eine Rückmeldung gibt, die möglicheweise nicht in dein Konzept passt. Ignoranz bringt außer eigener Selbstüberschätzung bei gleichzeitiger Abwertung des anderen in der Kommunikation mMn gar nichts. Ich wollte dich weder abwerten noch bloßstellen! Das kannst du mir auch mal glauben.
Streuselchen schrieb:Mir ist auch das Mitleid für die Fixerin und die erwachsene Christiane F. abgegangen.
Streuselchen schrieb:Für das "in die Szene abrutschende" Kind ist es noch da, allerdings ist das lange her und Möglichkeiten, sich ein gutes, schönes Leben aufzubauen, hatte sie mehr als so manch anderer.
Belege sind hier wirklich schwierig, da wir alle unterschiedlich wahrnehmen. Bei mir ist nicht hängengeblieben, dass sie jemals Mitleid eingefordert hätte, eher das Gegenteil. Sie hatte öfter geäußert, dass sie nicht recht verstehen kann, warum Leute ihre Privatgeschichten interessant finden. Auch Mitleid wollte sie mMn nie von "uns" haben. Da es ist doch interessant oder auffällig, dass "wir" uns trotzdem dafür oder dagegen aussprechen... Sich ein "schönes, gutes Leben aufzubauen", so wie du es nennst, finde ich etwas naiv. Nachdem was alles vorgefallen ist, scheint das für mich unmöglich zu sein. Das Beste daraus zu machen, trifft es besser. Und das hat sie für mich auch getan.
Streuselchen schrieb:Was soll das erwähnen dass da auch coole (Pädophile - sexuelle Missbraucher) Freier dabei waren, das erwähnen das alles nicht so schlimm war weil ja schließlich sie immer den Ton angegeben hätte?
Meine Sicht ist anders. Ihre Selektion (Kindersitz...) der Freier ist nun mal ein positives Anzeichen, da sie versuchte, die Situationen so einzurichten, dass sie entsprechend mit einem geringeren Risiko für sie selbst behaftet und damit begehbarer waren. Für mich macht es einen Riesenunterschied ob ich mich einer Situation völlig willenlos aussetze oder eben ein gewisses Setting schaffe, ich versuche eine Situation so selbstbestimmt zu kontrollieren. Und ja, es war ihre beschissene Realität, trotzdem ist es völlig legitim und normal auch positive Verknüpfungen damit zu haben. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass diese "positiven" Momente/Erfahrungen aus ihrer Perspektive überlebenswichtig für sie waren. Das sagt nichts über Freier im Allgemeinen aus, das ist dann mMn wieder eine andere Baustelle. Das es aber pädophile Menschen gibt, die wiederum netter/cooler/sympathischer... als andere sein können, verwundert mich hingegen überhaupt nicht. Vielleicht fällt mir diese Trennung einfacher, da ich Pädophilie als psychische Erkrankung sehe, die ich als solche für mich aktzepieren muss. Nur dann kann kann man Löungskonzepte und Therapien schaffen, dass zB keine/eingeschränkte sexuelle Reizbarkeit und ein Umgang entsteht, der es Betroffenen (!) erlaubt, wieder am Alltag teilzunehmen, so dass keine jungen Menschen/Kinder darunter leiden müssen. Das ist selbstverständlich nur meine eigene Auffassung.
Streuselchen schrieb:Die Chance darüber zu sprechen hat sie sich nicht erarbeitet - es war eine Zufallsbegenung vor Gericht, die Autoren und Christiane F. zusammenbrachte. Der mitsich bringende Geldsegen und der Ruhm im weiteren dann evtl der Grund warum sie überlebte, wo andere bereits den Drogentod erwartet hatten.
Ja, und andere lernen halbbetrunken zufällig jemanden auf der Toilette kennen, der als Produzent arbeitet und Interesse an einem hat. Dennoch hat sie es wohl geschafft, das Interesse aufrecht zu erhalten und gewisse Bereiche ihres Privatlebens so zu "verkaufen", dass es ein großer Erfog war. Das zweite Buch hat sie "mitgeschrieben", in den Interviews hat sie ebenso selbstmitgewirkt. Dazu verhalf ihr sicher auch ein gewisses, glamouröses Äußeres, welches sie oft selbstbewusst unterstrichen hat. Das kann man ihr mMn nicht unbedingt vorwerfen, ebenso nicht den Wunsch vieler, dass so ein Fame zwangsläufig zum totalen Ausstieg führen muss und sie letztlich als tolles Vorbild hätte fungieren können. So ist sie vllt viel authentischer für Leidensgenossen. Die Botschaft, dass eine Sucht nicht zwangsläufig zum totalen Aus führen muss, gerade auch dann, wenn man es nicht schafft davon zu lassen, halte ich für relevant. Vllt hat sie für sich ein "Maß" gefunden und möchte es einfach nicht mehr verteufeln, da ihr klar ist, dass die Sucht ein Bestandteil ihrer Persönlichkeit ist und bleiben wird. Vllt hat sie auch die Erfahrung gemacht, dass Pathologisierung eher das Gegenteil bei ihr bewirkt und vllt kommt sie so gerade aus dieser Suchtgeschicht besser raus, bzw besser damit klar.
Streuselchen schrieb:ihr müsst es nur alles wie ich machen mit dem Heroin und ich müsst nur einen starken Charakter haben auf dem Kinderstrich"
Nein, ich sehe nicht diesen heroischen Vorbildcharakter nach allem, was ich von ihr mitbekommen habe. Vllt wünscht du dir das von ihr? Mag sein, dass du da über andere Dokumente verfügst... Ein "starker, stabiler Charakter" ist aber wahrscheinlich allgemein im Prostitutionsgewerbe dringend erforderlich. Selbstschutz, damit nichts zerbricht. Also, wenn dann schon selbstbewußt, Grenzen setzen, Kontrolle, eigene Selektion... Ich halte solche Sachen eher für überlebensnotwendig für Betroffene.
Streuselchen schrieb:Das geht eben gar nicht! Und das tat sie in ihrem Buch, das tat sie in Interviews viele Jahre nach dem Buch. Ja selbst anschaffen ging sie als Erwachsene dann manchmal nur noch so zum Spaß, ohne das Geld wirklich je gebraucht zu haben - hatte sie erwähnt. Ohne vielleicht zu bedenken, das genau das ein Anzeichen dafür gewesen sein könnte, dass sie schwere psychische Schädigungen erlitten haben muss um so ein gestörtes Verhältnis zum Sexualleben im späteren Lebensverlauf gehabt zu haben.
Geht eben schon!
;) Wie gesagt, ich sehe ihre Selbstsicherheit als eine Ressource, die sich dann vllt nochmal beweisen wollte. Trotz allem! Psy. Erkrankungen haben in der Regel ihren Ursprung in der (frühen) Kindheit, deshalb würde ich eher von nachfolgenden Traumata sprechen. Ich verstehe deinen Punkt, vllt war es so, dass sie (negative) Aufmerksamkeit/Selbstbestätigung nochmal erzwingen wollte. Es ist halt nun mal ihr Lebensverlauf. Für meine Verhältnisse können aber auch Gauner und Ganoven aus ihrer Sicht stolz auf ihre Taten sein. Eigentlich fast alle, da sie ihre Taten genauso einschätzen, wie jeder andere Mensch seine "ehrliche" Arbeit auch entsprechend positiv bewertet. Selbst mancher Serienmörder wird wahrscheinlich seine "Erfolge" als ansprechend oder gar genial deuten... Das macht die Abneigung natürlich nicht geringer.
Streuselchen schrieb:Aber so wird Christiane F. eben nicht präsentiert und so präsentiert sie sich selbst nicht.
Ich kann mir vorstellen, dass so ein völliger Bruch und die Offenlegung darüber, dass das eigene Leben bisher eine einzige Verfehlung war, (was für sie offensichtlich auch nicht den Tatsachen entspricht) nicht immer positiv verarbeitet werden kann. Wird so eine Art Kniefall nicht vielmehr von der Öffentlichkeit erwartet?
Streuselchen schrieb:Sie feiert sich als Heldin und möchte wahrgenommen werden als eine, die ein aufregendes Leben hatte - zu den coolen gehörte... Nena zum Weltstar gemacht hat und und und.
Man hört in Interviews eben nicht "Ja ich bin in meiner Kotze eingeschlafen und wieder darin aufgewacht" - nein, man hört wie sie David Bowie traf und all die anderen coolen Socken und was das Heroin ihr überhaupt "ermöglicht" hätte.
Da klingt etwas Missgunst für mich mit. Warum kann sie sich nicht selbst feiern? Sie war doch auch irgendwie "cool", kannte enstprechende Ikonen, hatte neben all den Scheiss auch Spaß und Freude. Das hört sich für mich so an, als müsste sie ewig dafür büßen, um endlich Barmherzigkeit zu erfahren. Dazu kennt ihre "Eskapden" im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern eigentlich fast jeder. Warum ihr daraus einen Strick drehen? Ich verstehe dich da nicht...
Streuselchen schrieb:wie Dämonen die man niemals los wird weil man von Kindheit an lernt mit ihnen zu leben! Würde mich das kalt lassen, wäre ich nicht in Ordnung.
Ein starkes Bild. Ich habe schon davon geschrieben, dass es für mich eine durchaus gute Option ist,
mit diesen Dämonen zu leben oder es zu lernen, sofern man sie nicht losbekommt.
Streuselchen schrieb:Es lässt mich aber nicht kalt
Das merke ich und deswegen nehme ich mir gerne die Zeit dir ausführlich zu schreiben.
Streuselchen schrieb:Die Ü50 Christiane F. hingegen hatte viele MÖGLICHKEITEN sich ihrer Sucht zu entsagen- das haben andere Suchterkranke nicht, die müssen ganz anders zusehen wie sie zurecht kommen - und da finde ich es irgendwo vermessen, eine geheilte Vorzugaukeln, die trotzdem Heroin nimmt wann immer sie das möchte.
Ja, das mag schon sehr widersprüchlich anmuten, dennoch haben auch andere Suchterkrankte die Möglichkeit, Hilfen in Anspruch zu nehmen. Ob die breite Öffentlichkeit, der Rummel ihr dabei nützlich waren, wer weiß das schon...