@hallo-ho hallo-ho schrieb:Echt? Wenn du auf gebildete Menschen triffst, die in einem deiner Gebiete oder auch in anderen kompetent sind, löst das in dir Selbstmordgedanken aus? Bei mir löst das regelmäßig interessante Gespräche aus, in denen sowohl mein Gesprächspartner als auch ich viel lernen können oder auch auf Altbekanntes eine neue Perspektive bekommen.
Ja, echt. Wenn ich mir anschaue, wer oder was heute alles Abitur macht oder mit welchen Leuten ich zusammen studiert habe, dann löst das in mir ein beinahe körperliches Unbehagen aus. Das mag auch daran liegen, dass der Begriff 'Bildung' zu einer reinen Farce verkommen ist, der es stumpfsinnigen Ja-sagenden Papageien heute ermöglicht ein möglichst angenehmes Leben zu führen.
Was Viele, und vermutlich auch Du, heute darunter verstehen, ist viel Wissen oder viel Fach-Wissen, was ich darunter verstehe, ist charakterliche Reife. Dass das nicht das selbe ist, schreibt schon Aristoteles, wenn Dir das zu weit hergeholt ist, dann denk einfach daran, dass sich die AfD unlängst eigentlich als Konsortium von Doktoren und Professoren gegründet hat. Im Mittelfeld findest Du dann das 3. Reich, das ein für allemal bewiesen hat, dass unser moderner Bildungsbegriff reine Oberflächlichkeit darstellt und vor rein gar nichts schützt oder bewahrt.
Und ja, auch auf die Gefahr hin mir es hier mit der gesamten 'Anti-Arroganz'-Fraktion zu verscherzen, ich halte mich für besser als die meisten und viele die vielleicht einen höheren Bildungsabschluss haben. Ich bin einer von Zehn- oder vielleicht Hunderttausend und der Gedanke daran auf gleicher Stufe zu stehen mit diesen unzähligen, umweltverschmutzenden, zerstörerisch-gierigen Fressmaschinen, diesen DNA-gesteuerten Fleischpuppen mit einer ganzen Menge 'Bildung', dieser Gedanke könnte in der Tat eines Tages das Zünglein an der Waage sein, das dazu führt, dieser meiner ohnehin mehr beschwerlichen als gedeihlichen Existenz auf diesem Planeten ein Ende zu setzen.
Ich habe das oben schon angesprochen und um das nochmal zu verdeutlichen: Es ist nicht allein die Bildung, es ist nicht allein die Intelligenz, es ist nicht nur Schläue, es ist eine Form der Zurückhaltung, des 'keine Freude daran habens' aufzufallen, gepaart mit der Fähigkeit des Weitblicks, des Überblicks und einer gewissen Eleganz in den Zügen oder eine gewisse 'Vornehmheit', Zurückhaltung, kurz das, was man früher, als man dieses Bildungsideal erdachte, darunter verstand und was so viele heute unter dem Begriff 'Intelligenz' eigentlich verstehen und wo sie sinnlos dahinter herhecheln.
Ein schönes Bild, das das beschreibt liefert die Verfilmung von Jack Londons 'Seewolf', gleich zu Beginn, als auf dem Schiff ein Feuer ausbricht und die tumbe Masse sich gegenseitig niedertrampelt während nur der Protagonist ruhig bleibt, hilft und überlegt vorgeht. Das Unvermeidliche lässt sich sowieso nicht abwenden und es sitzen im wahrsten Sinne des Wortes eh alle im selben Boot, nur einem aus Tausend wird das halt gewahr und er handelt, wie man es von einem vernünftigen Menschen erwarten dürfte, wohingegen die Masse tut, was sie eben so verächtlich macht: Jeder hat Angst zu kurz zu kommen, jeder denkt nur an sich und schließlich sinkt das Schiff im viehischen Geschrei der Meute.
Ich kann Dir sagen, was den Unterschied macht: Mut. Das ist einer der zentralsten, wenn nicht der zentralste Begriff der Aufklärung. Habe MUT Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen. Dämliche Bildchen mit Namen zu versehen und sich zu merken, das kann ich auch einem dressierten Affen beibringen und in der Tat halte ich persönlich den Unterschied in der Intelligenzleistung zwischen einem dressierten Primaten und einem mäßig begabten Erdenbürger für geringer, als den Unterschied zwischen einem wahrhaften Genie und einem vollkommenen Durchschnittsmenschen. Aber anders als Braveheart sage ich: der Mut ist es, der Männer aus uns macht. Und ohne den ist alles Wissen, alle Intelligenz einfach nur nutzlos, wenn nicht sogar gefährlich bis schädlich.
Bon Appétit.