Der Begriff "Fremdgehen" ist ziemlich "unflexibel".
Wenn man es als "Handlungen (oder gar Gedanken) die mich ohne wenn und aber dazu bewegen würden eine Beziehung zu beenden" definiert, dann ist "Fremdgehen" für mich ganz klar JEDE Form von Vertrauensmissbrauch, Illoyalität, sowas.
Welche Bereiche des Lebens da eingebunden sind.. dass müssen Partner die in einer Beziehung sind stets unter sich abmachen, denn es mag zwar ein paar "moralische Formvorlagen" geben, aber was für wen richtig ist kann auch sehr individuell sein.
Ich lebe in einer offenen Beziehung, aber das inkludiert auch den bedingungslos offenen Umgang miteinander.
Sexuelle Kontakte außerhalb der Beziehung sind also für uns kein Thema, solange gewisse Regeln die wir miteinander abgesprochen haben eingehalten werden und wichtig ist hier auch, dass sie nicht eingehalten werden weil es "vereinbarte Regeln" sind, sondern das wir beide davon überzeugt sind, dass diese "Spielregeln" von großer Wichtigkeit für alle Beteiligten sind.
Mit einem Partner jedoch der mich belügt, auch (oder gar insbesondere) wenn es um Kleinigkeiten geht und bei dem ich mich nicht drauf verlassen kann, dass man wenn es drauf ankommt stets bedingungslos zueinander steht... damit könnte ich nicht leben bzw würde meine Zeit und alles was man sonst so in eine gute Beziehung investiert nicht investieren wollen.
Luminita schrieb am 22.02.2025:Das läuft ganz normal. Du musst dir das nur so vorstellen, dass es dann kein "Du darfst nicht mit anderen Personen Kontakt aufnehmen / Sex haben / eine Beziehung führen" gibt.
Ich hab die Erfahrung gemacht, dass es den meisten monogamen Menschen entweder nicht möglich ist sich das vorzustellen oder sie wollen es aus irgendwelchen Gründen nicht.
Luminita schrieb am 22.02.2025:Die Frage ist in dieser Situation "Kommt für dich eine Beziehung in Frage, wenn die theoretische Möglichkeit besteht, dass ich in ein paar Monaten mit dem Wunsch nach Öffnung der Beziehung für mich ankomme? Das Ganze unter der Bedingung, dass für beide die gleichen Regeln und Möglichkeiten gelten."
Exakt und wenn man es genau betrachtet ist das doch bei vielen Beziehungsaspekten so, dass in der Kennenlernphase der Zeitpunkt kommt an dem man die rosa Brille absetzen, das Verliebtsein ignorieren sollte und sich zusammen setzen um in (mindestens) einem unglaublich wichtigem Gespräch rauszufinden ob es überhaupt sinnvoll ist eine Beziehung aufzubauen und dabei gibt es so viele Dinge die so viel wichtiger sind als die Frage wie man zu Monogamie steht.
Passen die Lebensentwürfe zusammen? sieht man in die gleiche Richtung, wenn es um die Frage geht ob man Kinder möchte?
Wie bei Landeiern wie mir nicht unüblich war es beim Kennenlernen für mich auch sehr wichtig ob dieser "potentielle Bald-Partner" es sich langfristig vorstellen kann aufs Land zu ziehen, denn in der Stadt leben kommt für mich nicht in Frage.
Ist einer reiselustig während der andere eher Heimweh kriegt?
Neigt einer von beiden dazu jede freie Minute mit dem Partner verbringen zu wollen während der andere mehr "Platz" braucht?
Ich habe so viele Beziehungen zerbrechen sehen.. so viel "Herzschmerz" und viele dieser Beziehungen wären nie zustande gekommen, wenn man sich an dem Punkt an dem es "ernst" wird zusammengesetzt hätte und über die Frage "Streben wir eine monogame Beziehung an?" hinausgegangen wäre um zu prüfen ob die Zukunftsvorstellungen überhaupt kompatibel sind.
Luminita schrieb am 22.02.2025:Das klingt gerne mal so, aber bitte nicht falsch verstehen: Ich wechsel nicht wöchentlich irgendwelche Partner*innen, auch nicht monatlich.
Ich denke das ist ein Vorurteil/eine Vorstellung, die offenen Beziehungen ewig anhaften wird.
Für mich (und so ziemlich jeden den ich kenne der in einer offenen Beziehung lebt) ging es bei der Ansage, dass ich keine Beziehung mit jemandem eingehen möchte für den Monogamie der einzige Weg ist auch niemals darum sicherzustellen, dass ich mich durch möglichst viele Betten wälzen kann (heavens.. das wär nix für mich).
Sondern eher darum, dass ich z.B. immer schon eher männliche Freunde habe, manche davon mein Leben lang und es zum Einem keinem Partner zumuten möchte permanent mit dem Gefühl zu leben, dass diese Bindungen (die auch nicht verhandelbar sind, "nur Freundschaft" gibt es für mich nicht, Freundschaft ist für mich nicht weniger "wert" als eine Liebesbeziehung) eine "Gefahr" / "Konkurrenz" sein könnten.
Wenn ich eine Liebesbeziehung eingehe, dann ist es ja (das setze ich mal grundsätzlich voraus) eines der vielen Ziele den Partner nicht zu verletzen bzw emotionalen Stresssituationen auszusetzen wann immer ich mal ein Wochenende bei einem Freund verbringe.
Und natürlich ist das auch nicht völlig selbstlos, sondern auch davon angetrieben, dass ich mir zwar keine Beziehung ohne bedingungslose Offenheit vorstellen kann aber es für mich ein erheblicher Unterschied ist ob ich meinem Partner gegenüber einfach nur bedingungslos offen und ehrlich bin oder mich dafür rechtfertigen muss was ich tue wenn ich mit einer anderen Person zusammen bin.
Ich will in einer Beziehung einfach nichts mit Eifersucht, Besitzansprüchen oder Verlustängsten zu tun haben.
Darum geht es WEIT mehr als um die Frage ob ich von meiner Freiheit auch mit anderen Personen intim zu werden jemals überhaupt "Gebrauch" mache.
abberline schrieb am 25.02.2025:Dann ist es einfach nur eine oberflächliche Geschichte, aber keine Beziehung in dem Sinn, dass man den Partner oder die Partnerin wirklich liebt, denn wenn das der Fall ist, will man nicht ab und zu mal wen andereres.
Warum nicht?
Jeder der mich kennt weiß, dass ich mit jeder Faser meines Körpers Bratkartoffeln liebe.
Trotzdem esse ich manchmal Spaghetti.
Das hat nicht mal was mit "Abwechslung" zu tun.
Die meisten Menschen die ich kenne lieben ihren Partner aufrichtig und trotzdem wollen sie ab und zu Zeit mit anderen Menschen verbringen.
Es ist einfach eine Fehleinschätzung, dass die "Option" auch mit anderen Menschen intim zu werden den Partner oder die Liebe zum Partner abwertet.
Viel mehr habe ich oft den Eindruck, dass Monogamie dazu verleitet sexuelle Interaktion maßlos überzubewerten was nur allzu oft auch in Beziehungen in denen sexuelle Untreue gar kein Thema ist zu ganz erheblichen Problemen führt die es in meiner Beziehung nie geben wird.
Luminita schrieb am 25.02.2025:Manchmal hat man Bock auf jemand anderen, wenn man dem nachgehen darf, ohne Drama, dann hält das eine gesunde Beziehung viel länger aufrecht.
Mir persönlich ist es einfach super wichtig zu wissen, dass die Frage "Wie weit geht diese Freundschaft?" grundsätzlich ein Thema ist, bei dem nur die unmittelbar Beteiligten ein "Mitspracherecht" haben.
Mein Partner hat das Recht zu wissen was passiert bzw Teil dieser Freundschaft sein könnte, aber ich laufe niemals Gefahr jemanden den ich liebe damit zu verletzen dass die Beziehung zu einem andere Menschen ebenfalls eng und wichtig ist.
Ich kann die Zeit mit Freunden genießen ganz ohne mir Sorgen machen zu müssen ob der Mensch der mir die Welt und mehr bedeutet daheim sitzt und von Eifersucht zerfressen Panik schiebt was alles passieren könnte, schlimmstenfalls sogar wenn ich mich bei jemandem aufhalte mit dem zusammen gekocht, gefuttert, geschnackt und Filme geschaut wird..
Ich werde mich nie zwischen meiner Beziehung und einer Freundschaft entscheiden müssen.
Ich habe den Luxus das die Menschen die mir am nächsten stehen ohne Spannungen und Konurenzdenken miteinander umgehen können...
Meine engsten Freunde stehen auch meinem Partner nahe und anders wäre es für mich nicht vorstellbar.
interrodings schrieb am 25.02.2025:Nicht das ich das nicht nachvollziehen könnte... aber wofür braucht man dann den beziehingsaspekt?
Weil man nicht monogam sein muss um zu wissen was für ein unglaubliches Glück es ist einem Menschen zu begegnen, mit dem man einfach zusammenpasst...
Zu wissen, dass man eine Bindung erleben darf, nach der so viele suchen und die leider nicht jeder auch findet.
Jede "Angst alt und gebrechlich zu werden" schmilzt einfach davon in dem Wissen, dass man mit dieser Person gemeinsam alt wird und füreinander sorgen wird.
Usw, Usf
Also im Grunde genau die gleichen Gründe aus denen auch monogame Menschen im Idealfall wissen welch großes Glück es ist den Partner fürs Leben zu finden.
abberline schrieb am 25.02.2025:Richtig, wer fremd geht, liebt seinen Partner bzw ja dann beide "Partner" nicht
Da stimme ich zu.
Allerdings ist die Definition von "Fremdgehen" halt unterschiedlich und wichtig ist nur, dass beide Partner sich bei der Definition einig sind.
Sobald man das ist wird man nicht auf die Idee kommen den Partner den man liebt zu verraten.
Für manche Leute ist es "Verrat" unaufrichtig zu sein, Andere sehen Intimitäten außerhalb der Beziehung als Verrat an und wieder andere gehen an die Decke wenn der Partner einem anderen Fußballverein zujubelt.
Ohne Offenheit und Ehrlichkeit gibt es keine tiefe Bindung... ist diese Bindung, diese Liebe da...
Dann muss ich nicht mal darüber nachdenken "Was wäre wenn mein Partner mich verrät." denn ich WEISS, dass er es nie tun wird, ebenso wie ich es nie täte.
sacredheart schrieb am 25.02.2025:Es mag naiv erscheinen, aber ich halte die Chance, sich ernsthaft fremd zu verlieben, für sehr viel höher, wenn man mit Anderen im Bett landet, als wenn man darauf verzichtet.
Ich mag den Begriff "naiv" nicht, weil er schnell herablassend wirkt.
Ich sehe tatsächlich oft das Gegenteil.
Grade im Internetzeitalter aber auch bei normalen "Alltagsschwärmerein", dass eine Person anfängt für jemanden zu schwärmen, den man kennengelernt hat/schon länger befreundet ist und dann "verliebt" man sich in ein Fantasiegebilde, weil in den Träumen alles an diesem Schwarm natürlich super ist, teilweise so maßlos idealisiert, dass ein realer Partner aus Fleisch und Blut gar nicht "mithalten" KANN.
In einer offenen Beziehung, in der es "erlaubt" ist dem nachzugehen..
Da ist es weit einfacher im Blick zu halten, dass auch dieser Schwarm "nur" ein Mensch ist und auch wenn es ein toller Mensch ist, ein enger Freund den man in seinem Leben nicht mehr missen möchte.. so bleibt doch immer offensichtlich warum "DER EINE/DIE EINE" eben jemand anders ist.
Ich kann Deinen Gedanken aber nachvollziehen und vermute einfach mal, dass Beides möglich ist.
sacredheart schrieb am 25.02.2025:Und natürlich hat es eine neue Person leichter, jemanden neu zu faszinieren als nach 20 gemeinsamen Jahren.
Das allerdings sehe ich völlig anders.
Es ist auch einer der zig Gründe warum ich niemals OneNight-Krams interessant fand bzw mir generell keine intimen Handlungen mit jemandem vorstellen kann mit dem ich nicht zumindest eine solide, freundschaftliche Basis habe und die Sache mit der "offenen Beziehung" für mich auch nur dann funktioniert wenn mein Partner das ebenso hält und sich eben nicht durch die Betten bumst.
Auch um zu verhindern, dass einer von uns mal jemandem zu nahe kommt, der sich dann doch Hoffnungen macht.
Da wir beide alles andere als triebgesteuert sind und sehr wenige "außereheliche sexuelle Kontakte" hatten und haben ist es normalerweise so, dass die Menschen die einem von uns nahe genug sind uns beide kennen und auch uns beide zusammen kennen.
Und wer meinen Mann UND mich kennt, auch sozialen Umgang mit uns beiden zusammen hat, weiß was wir mit und aneinander haben..
Derjenige müsste wirklich pathologisch wahnhaft sein, wenn auch nur die Idee aufkäme es sei möglich für irgendjemanden einem von uns so nahe zu kommen wie wir zueinander stehen.
Das hat nicht mal was mit "mehr oder weniger" zu tun, es ist keine Wertung.
Wenn ein Freund einen wirklich braucht, dann springt man und der Partner der ein gemeinsames Leben wert ist hält einem mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln den Rücken frei damit man für die Menschen die einem wichtig sind da sein kann.
Aber auch wenn wir beide soziale Bindungen haben die fest in unser Leben gehören ist es einfach nicht realistisch, dass einer von uns beiden einem anderen Menschen auf der gleichen "Ebene" begegnet auf der wir zueinander stehen.
abberline schrieb am 25.02.2025:Besser man kämpft um eine Beziehung
Das kann ich mir so gar nicht vorstellen..
Sicher, wenn ich meinen Partner irgendwie verletzt habe oder so, dann muss ich darum "kämpfen", dass wieder gut zu machen.
Aber ich würde nie um eine Beziehung kämpfen, wenn mein Partner aus welchen Gründen auch immer "auf dem Weg nach draußen" ist.
Ist ein Partner oder beide bereit die Beziehung aufzugeben, dann hat das üblicher Weise gute Gründe..
Wenn diese Gründe kein RICHTIG blödes Missverständnis sind, das sich klären lässt, dann würde ich eine Beziehung die am "Bröseln" ist grundsätzlich eher loslassen.
Man passt einfach dann einfach nicht zusammen und oft lässt sich dann noch eine Freundschaft "retten", kämpft man dagegen an, dann ist das Risiko alles was man je zusammen hatte zu verlieren so viel größer.
abberline schrieb am 25.02.2025:Alles besser als eine "offene Beziehung", die für mich keine Beziehung ist, sondern nur Egobefriedigung für Narzissten und (in dem Punkt) oberflächliche Leute.
Das halte ich für eine etwas "selbstherrliche Betrachtung".
Das wäre in etwa so als würde ich sagen:
"Monogamie ist doch nur ein Ausdruck der klassischen narzisstischen "Symptomatik" nicht definieren zu können wo das "ich" endet und das "du" anfängt. Folglich ist der Zwang monogam zu leben ausschließlich der Wunsch das fehlende Vertrauen in den Partner, die Beziehung und sich selbst durch Kontrolle und Verbote zu ersetzen statt den Partner als Individuum zu betrachten das selbst entscheiden kann wie er/sie seine sozialen Beziehungen gestalten möchte und darauf zu vertrauen, das andere Menschen niemals eine Bedrohung für eine Beziehung sein können in der beiden Partnern voll und ganz bewusst ist was sie aneinander haben."
Würde ich sowas behaupten, dann wäre das genauso falsch und bekloppt wie zu behaupten, dass es unmöglich sein kann, dass jemand eine Person über alles liebt aber auch als Individuum weiterexistiert und andere soziale Interaktionen von der Beziehung unabhängig gestaltet.
Der Grund warum manche Menschen sich ausschließlich eine monogame Beziehung vorstellen können und andere auch eine Offene ist nicht darin zu suchen, dass es ein "falsch" und ein "richtig" gibt und auch nicht daran, dass nur einer von beiden verstanden hat was "Liebe" und "Vertrauen" bedeutet..
Der Grund ist viel, viel banaler:
Menschen sind unterschiedlich und grade das ist es doch was es zu so etwas Großartigem und Besonderem macht, wenn man diesem einen Menschen begegnet mit dem man sein Leben fest verbindet... diese große Liebe zu finden ist das Großartigste was vielen Menschen passieren kann (manche Menschen sind ja explizit als Single glücklicher).
Ob diese große Liebe dann in einer monogamen oder offenen Beziehung gelebt wird.. DAS ist etwas bei dem nur die jeweils direkt Beteiligten bewerten können was für sie persönlich "richtig" oder "falsch" ist, diese Einschätzung entzieht sich jeder Bewertung von Außen.
sooma schrieb am 26.02.2025:Für andere Menschen ist es möglich, mehr als einen Menschen von Herzen zu lieben
Komischer Weise verstehen das alle Menschen, wenn man sie fragt ob sie ihr erstes Kind weniger lieben sobald ein Zweites dazu kommt aber tun sich schwer sich vorzustellen, dass es bei manchen Menschen grundsätzlich so ist.
Dabei gibt es hier so viele Unterschiede...
Ich kenne auch Leute die Beziehungen zu dritt führen oder so.
Das z.B. könnte ich mir nicht vorstellen.
Ich könnte zwar NIE eine Entscheidung treffen, wenn man mich drängen würde meinen Mann oder meinen besten Freund aus meinem Leben zu streichen.. beides ist für mich absolut gleichsam unvorstellbar.
Dennoch könnte ich mir so eine "Ehe zu dritt" oder so für mich nicht vorstellen, weil die Bindungen die ich zu Menschen die mir sehr wichtig habe für mich zwar absolut gleichWERTIG sind, sich aber trotzdem auf gänzlich anderen Ebenen abspielen.
Ich freu mich einfach nur für jeden der das gleiche Glück erleben darf wie ich, also diese sozialen Bindungen zu genießen die einem garantieren, dass man nie mit irgendwas wirklich allein dastehen wird.
WIE dieses Glück für andere Menschen aussieht.. das geht mich nichts an und es steht mir auch nicht zu das zu bewerten, solange alle Beteiligten glücklich sind.