Schreibt ihr ein Buch?
04.11.2016 um 04:20Ich habe noch einen "Rohling" von Roman auf Lager, der eigentlich eher eine digitale "Blättersammlung" ist, die sich im Laufe der Jahre zu einem sehr ansehnlichen Haufen summiert hat. Ich poste einfach mal einige Ausschnitte, die nicht allzuviel über die Story verraten...
Einige Auschnitte aus “FELDMANNS WEG”, dem “uralten” und kaum veränderten ersten Teil eines Romansfragments von Frank Walter alias wolf359. (alle Rechte vorbehalten, oder so...)
Raumkoordinator Klaus Feldmann macht sich Gedanken um seinen nächsten Auftrag, seine Freundin und seinen Rückzug aus der Firma...
Er saß draußen, um den Himmel zu betrachten, obwohl die noch viel zu nahe Großstadt mit ihrem Licht alle Sterne beinahe überstrahlte. Die kleine Bank, die er in einer Mußestunde seiner knapp bemessenen Freizeit gezimmert hatte, bot gerade genug Platz für zwei Personen. Heute war er allein. Nachdenklich versuchte er am Himmel den Ort zu finden, der für ihn das nächste Ziel, vielleicht endlich das letzte Ziel, sein würde, wohin die Company ihn schicken würde. Es war doch immer dasselbe, Parker brauchte nur wenige Minuten, um ihn zu einem mehrmonatigen mäßig bezahlten Auftrag zu überreden, den er schon verfluchte, kaum nachdem er das Büro verlassen hatte. Eigentlich wollte er nicht mehr, nicht mehr nach dem Mineralgewinnungsauftrag im Gürtel, der zwei Monate länger gedauert hatte als vorgesehen, zwei Monate voller Ärger mit den Arbeitern, den Ingenieuren und der Company, die nach Wertvollem suchte, wo es nur Steine gab. Immerhin hatten sie genug gefunden, um die Kosten wieder reinzuholen.
Einige Leute hatten damals ihren Hut nehmen müssen, Leute mit denen er schon jahrelang zusammengearbeitet hatte. Nicht die Schlechtesten. Feldmann hatte den Verdacht, das weniger ihre angeblichen Fehlleistungen dafür verantwortlich waren, als ihr Wunsch nach höherer Sicherheit und besserer Bezahlung.
Und nun wieder dieselbe Leier. Er kam sich vor wie der sprichwörtliche alte Zirkusgaul, der kaum das er die vertraute Melodie wieder hört, wieder von neuem anfängt im Kreis zu laufen und Kapriolen zu schlagen. Und doch konnte er nicht anders. Er mußte einfach noch einmal hinaus, bevor es dort oben nur noch das Blinken automatischer Förderroboter gab. Anders als viele seiner Kollegen hatte er sich noch ein Auge für die Schönheit der sterilen Brocken bewahrt und es tat ihm fast leid, wenn er einen Asteroiden zernarbt zurücklassen mußte. Vor vielen Jahren war sein Vorschlag, einen Asteroiden wieder herzurichten Anlaß heftigsten Gelächters gewesen und noch heute gab es einige Wenige, die sich an diese Anekdote erinnern konnten, wenn nicht andere, sorgenvollere Geschehnisse die Erinnerung daran überlagert hätten. Wie dem auch sei. Heute nach so vielen überwiegend erfolgeichen Aufträgen war er sichtlich gereift, wenn auch nicht gereift der Ausdruck war, den er gewählt hätte. Die Zeit hatte eben seine Ansichten geändert. Er war routinierter aber dadurch auch gleichgültiger gegenüber solchen Dingen geworden. Sein Staunen über die Einzigartigkeit jeden Ortes, an dem er gewesen war, wich der Geschäftmäßigkeit der Planungstabellen und Einsatzlisten.
Es wurde kühl und einen Moment lang wußte er nicht ob er ins Haus gehen oder auf Sarah warten sollte, die jeden Moment durch das hintere Gartentor von ihrer Schicht im Labor kommen mußte. Er wußte selbst nicht genau, was sie an ihm fand. Er hatte sie auf einen jener obligatorischen, früher eher familiäreren Firmentreffen kennengelernt, die auch von der neuen Geschäftsführung aus Tradition immer noch fortgeführt wurden, obwohl es seit der Fusion mit dem viel größeren Partner nicht viel von dem kleineren Unternehmen übriggeblieben war. Liebe geduldige Sarah. Sie war sehr wütend gewesen, als sie hörte, das er wieder einen jener gefährlichen Langstreckenflüge angenommen hatte, die immer noch die höchste Unfallqoute aufwiesen, trotz aller Sicherheitsmaßnahmen. Sie hatte sich nicht mit ihm liiert, um einer wöchentlichen Videoaufzeichnung willen, die nie länger als eine halbe Stunde dauerte und die regelmäßig von der Firma auf verdächtige Inhalte untersucht wurde, was so mancher Geliebten einen dunklen Bildschirm bescherte. Sie sah es auch nicht als ihren Lebenszweck an, sich ständig Sorgen um ihn machen zu müssen, ständig hochzuschrecken, wenn es unverhofft an der Tür schellte oder sie in der Firma zum Sektionschef gerufen wurde.
Ihre Besorgnis rührte ihn und er wußte mehr noch als sie um der Gefahren solcher Unternehmungen, die neben technischen Komplikationen immer noch viel zu sehr vom menschlichen Faktor abhingen, und eben auch von dem, der für die Koordination verantwortlich war, in diesem Falle von ihm. Es war aber kein Mißtrauen ihm gegenüber, die Umgebung der Einsatzorte war trotz aller bereits erfolgten Missionen immer noch zu unsicher, schloß immer noch nicht das Vorhandensein einzelner kleiner Eis- und Gesteinsbrocken aus, die in ungeeigneten Momenten die Bahn des Förderers kreuzen konnten. Es blieb immer ein kalkuliertes Risiko, das man nur minimieren, nie aber ausschließen konnte. Er wußte von vielen Geschehnissen, die ihm und seinen Kollegen zugestoßen waren, die oft nur mit viel Glück und Improvisationstalent gemeistert werden konnten und die in der Mehrheit der Fälle nicht vorausgesehen werden konnten. Er mußte nur an das seltsame Erlebnis denken, das er mit einem unvermutet im Felsen befindlichen Hohlraum hatte, in dem er volle zwei Tage auf seine Rettung warten mußte, und er nur durch Einnahme von Schlafpräperaten seinen Sauerstoffverbrauch lange genug senken konnte, um nicht zu ersticken. Die kleine Förderkapsel befand sich längst im Firmenmuseum und manchmal setzte er sich in einer stillen Stunde in sie hinein. Es war einer jener Momente, in denen er sich dazu entschloß künftig am Boden zu bleiben und die Zeit mit Zimmerarbeiten, gelegentlichen Vorlesungen und mit Sarah zu verbringen. Die Schönheit des Alls konnte durch das Risiko auf Dauer nicht mit all dem konkurrieren und vielleicht wäre ja auch noch ein kleiner Urlaub auf einer der Stationen eine willkommene Abwechslung gewesen, wenn er wieder die Sehnsucht gespürt hätte. Dazu hätte er sie noch überreden können. Vielleicht.
Klaus Feldmann geht auf eine Austellung, die auf dem Areal des Konzerns stattfindet und besucht einen Vortrag...
...Inzwischen war er schon in der Halle angekommen und konnte schon von weitem Peters Seniors feistes Gesicht sehen, als der gerade einigen Investoren zuprostete. Er beschloß ihm aus dem Weg zu gehen und stattdessen nach Parker zu suchen. Die Ausstellung war noch gut besucht und so hatte er zuweilen Mühe sich mit seinem üblichen Tempo durch die Menschenmenge zu bewegen. Ab und zu wurde er von einem ihm bekannten Gesicht gegrüßt. Bei der Antriebtechnik war Parker nicht zu finden. Er sah sich eine Weile um und gab es dann auf, um sich die Exponate näher zu betrachen. Es war schon erstaunlich welchen Zuwachs an Geschwindigkeit die neuen Triebwerke brachten, bei geringerem Verbrauch und Gewicht. An den Abmessungen hatte sich aber wenig geändert, was eine eher private Nutzung ausschloß. Er wußte allerdings, das die Firma auf Austellungen nie ihren ganzen Fortschritt präsentierte, und die Prototypen mindestens eine Generation weiter waren, als alles, was hier gezeigt wurde. Kommissonsmitglieder wußten darüber beinahe ebensogut Bescheid, wie der Ausichtsrat und unterlagen demselben Grad an Verschwiegenheit.
Ein Modell der umgebauten Uranus erregte seine Aufmerksamkeit. Neue Triebwerke, neue Verschalung, mehr Quartiere, verbessertes Freizeitangebot und eine größtenteils erneuerte technische Ausrüstung. Eben alles was man tun mußte, um kein ganz neues Schiff bauen zu müssen. Es gab sogar einen Vortrag, der täglich gehalten wurde, und den sich jemand der mitfliegen wollte schon ansehen sollte. Er trug einen automatischen Download für den Vortrag in seinen Mobi ein und wollte schon weitergehen, als er Sarah sah, die gerade den Vortragssaal betrat. Er überlegte, ob er nicht auch hineingehen sollte, er könnte sich beinahe zufällig neben sie setzten und vielleicht das eine oder andere Wort mit ihr wechseln. Es konnte eine Gelegenheit sein, sie von ihrem Vorhaben abzubringen, wenn sie erst einmal sah, auf welche Weise sie zusammen sein würden. Er ging hinein. Der Saal war ungewöhnlich voll, was wohl weniger an der Uranus lag, als an dem Vorhaben zu dem sie aufbrechen sollte, und das doch ein wenig vom Üblichen abwich. Es war keine Aussicht einen Platz neben ihr zu bekommen. Er sah sie nicht einmal und wollte schon wieder gehen, als er vorne den alten Prescott erkannte. Prescott war schon lange pensioniert, arbeitete aber noch in Teilzeit für den Konzern und entstammte, wie er selbst, der ursprünglichen kleinen Firma, die einst mit dem Konzern fusionierte. „Verdammte Nostalgie !”, dachte er bei sich selbst und setzte sich auf den nächsten freien Platz. Er aktivierte ein größeres Display, das Prescott in Zoomansicht zeigte. Der Saal verdunkelte sich, als hätten sie nur auf ihn gewartet, um endlich anzufangen.
„Die Uranus, eines der ersten großen Modularschiffe mit damals revolutionärer Technik auf dem Gebiet der Rotationsmechanik, ursprünglich ausgerüstet mit Lineartriebwerken der zweiten Generation, wurde ursprünglich für den Abbau seltener Verbindungen im großen Maßstab konstruiert, mit damals ungewöhnlich großen Quartieren und Testmodulen für den Langschlaf. Die Biozellen mit selbsterhaltender Ökologie waren vorher noch nie solange im Einsatz gewesen...” Der alte Prescott war in seinem Element und Feldmann hörte viel bekanntes. Er sprach von der damals ungewöhnlichen Konstruktion, verlor sich beinahe in Einzelheiten, kam etwas mühsam wieder auf die Vortragslinie und schaltete für die große Anzahl Laien die Projektionen zu schnell. Die beigefügten Animationen glichen das beinahe wieder aus. “...wurde in einer Erdumlaufbahn zusammengefügt aus Einzelteilen damals verschiedener Firmen, die heute alle unter einem Dach unserem Konzern angehören und...”
Es folgte eine mittellange Auflisteung der Einzelteile und der daran beteligten Firmen, deren Namen er kaum noch in Erinnerung hatte. Der Konzern hatte sein möglichstes zur Integration getan und er bezweifelte, ob noch irgendjemand außer Prescott alle Namen im Kopf hatte, mit eventueller Ausnahme von Lang, der beinahe ebensolang dabei war. „Den ersten Einsatz, der noch zu Testzwecken erfolgte, führte die Crew zu einem erdnahen Asteroiden mi der amtlichen Bezeichnung DZ-175, auf denen man gewisse Mengen dringend benötigter Stoffe vermutete...” Es erfolgte eine erfreulich kurze Auflistung der Stoffe, die damals interessant waren.„...auch wenn sich die Hoffnungen damals nicht ganz erfüllten, so war doch der Test des Schiffes ein voller Erfolg, der in den nächsten Jahren zu einer hohen Zahl von Einsätzen führte, die alle Gewinn abwarfen...” Und er zählte tatsächlich die ganzen zwei dutzend Flüge mit den ersten Mitarbeitern auf und hätte sich in Einzelnen auch über die Missionen und die gefundenen Stoffe ausgelassen, kam dann aber kurz ins Nachdenken und fuhr fort. „Die Uranus sollte ursprünglich außer Dienst gestellt werden. Am Ende des Letzten Jahres fand hierzu eine kleine Feier statt, man besann sich aber angesichts neuer Entwicklungen auf dem Markt aber eines Besseren und modernisierte die Uranus für spezielle Missionen. Hierbei kamen neueste technische Entwicklungen ebenso zum Einsatz wie eine Aufarbeitung der ursprünglichen Bordelektronik Die Triebwerke sind eine auf Sling-Technologie basierende Entwicklung, die extra für dieses Schiff konstruiert wurden. Diese Leistung kam zustande durch die gute Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen und Mitarbeitern unterschiedlicher Generation.” Nicht auch das noch ! Er wußte tatsächlich noch alle Namen und Zusammenhänge und zeigte dies gerne. Kein Wunder, wenn man wie er beinahe täglich und über seine tatsächliche Arbeitszeit hinaus durch die Abteilungen geisterte. Die Firma war sein Leben und als Werbeträger war er immer noch gefragt. Feldmann vermutete, das er eines Tages mit einem Lächeln auf den Lippen in irgendeiner Abteilung zusammenklappen würde. Ein schöner Tod, wie so manche fanden, er selbst jedoch nicht. „Durch den Erfolg dieser Umbauten wurde die Uranus in Rekordzeit zu einem Spezialschiff, das den Vergleich mit den neuesten Konstruktionen nicht zu scheuen braucht und auf Jahre hinaus ihren Dienst versehen wird, zum Nutzen...” Er glaubte nicht, das der Kahn mehr als fünf Einsätze schaffte, aber kostendeckend würde die Umrüstung allemal sein. Er sah sich um. Der Saal hatte sich schon etwas geleert. Aber keiner der Firmanangehörigen, die fast alle vorne saßen, hatte sich von seinem Platz gerührt, soweit er das im Halbdunkel erkennen konnte. Es wäre unhöflich, wenn er jetzt gehen würde, obwohl Prescott seine Zeit schon leicht überschritten hatte und es nicht den Anschein hatte, als das sie sich dem Ende näherten. Irgendjemand flüsterte ihm etwas zu, als er gerade den Projektor betätigte. Vermutlich gab es hier eine nachfolgende Veranstaltung.„So schlägt die Uranus nicht nur durch ihre Geschichte und ihren Umbau, sondern auch durch ihren neuen Einsatz eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Zukunft, der wir alle verpflichtet sind.”
Ein schönes Schlußwort. „Hiermit möchte ich heute enden und verweise auf meinen nächsten Vortrag, dessen Termin sie von meiner Infobox 012 erfahren können. Ich danke Ihnen für ihr Kommen und ihre Geduld.” Starker Applaus brandete auf, wohl nicht nur wegen Prescotts Ausführungen, sondern auch aus Erleichterung über ihr Ende. Viele Zuhörer hatten noch ihre Termine und es war auch bald Zeit für ein Abendessen. Das Gesicht mancher Laien machte einen blassen und leicht verstörten Eindruck. Er fand das dies ein gutes Entscheidungsmerkmal dafür war, wer zur Firma gehörte und wer nur ein interessierter Besucher war. Er beschloß Prescott zu seinem Vortrag zu gratulieren und bahnte sich einen Weg durch die zu den Ausgängen strömende Menschenmenge. Beinahe hätte er dabei Sarah gestreift, die ihn jedoch nicht wahrnahm, da sie mit dem Rücken zu ihm stand, während sie darauf wartete, das sich der größere Teil der Besucher verlief. Prescott packte seine Datendisks langsam und sorgfältig in seinen alten Lederaktenkoffer, den er schon seit über dreißig Jahren besaß und der immer den Eindruck machte, als würde er jeden Augenblick auseinanderfallen. Es wurde ihm zu seiner Pensionierung vor fünf Jahren ein neuer Aktenkoffer geschenkt, den er jedoch nie in der Firma benutzte. Für Feldmann ein weiteres Geschenk geboren in den Köpfen unwissender Verwaltungsmenschen.
„Gratulation zu Ihrem Vortrag ! Wie immer ein Muster an Präzission.”
Prescott blickt leicht erfreut auf. „Ach Feldmann, sie sind es ! Ja, ich kann immer noch Vorträge halten, aber langsam werde ich doch ein wenig unkonzentriert. Mein Assistent muß mich schon ab und zu mal anstupsen, damit ich auf der Linie bleibe.”
„Das geht nicht nur Ihnen so.”
„Ich weiß, aber was nützt mir das ?”
„Vermutlich wenig.”
„Ich habe gehört, Sie hören auf ? Seit ich das weiß, fühle ich mich richtig alt. Ich kann mich noch erinnern, wie Sie in die Firma gekommen sind. Ein unwissender Neuling. Aber im laufe der Zeit haben Sie sich doch rausgemacht.”
„Ja..” Was sollte er auch dazu sagen ?
„Für mich wäre das ja nichts. Ich muß einfach etwas zu tun haben. Ich habe immer gedacht, Ihnen ginge es ähnlich. Sie waren immer so gewissenhaft bei der Sache. Und immer freundlich. Was sind denn die Gründe ?”
„Zuerst einmal höre ich ja nicht so einfach auf, wie Sie wahrscheinlich auch schon wissen. Und es ist auch keine spontane Entscheidung gewesen, sondern ich habe lange darüber nachgedacht. Es sind sowohl private als auch berufliche Gründe.” Er wollte eine längerfristige Beziehung aufbauen, einen geruhsameren Job ergattern, der Automatisierung im All entkommen und seine Gesundheit war auch nicht mehr die beste. Aber das konnte er ihm so nicht sagen. Prescott hatte mit zunehmenden Alter einen hohen Grad an Schwatzhaftigkeit entwickelt, der ihn zuweilen dazu brachte Informationen preiszugeben, auch wenn er es gar nicht wollte.
„Sie haben nach dieser Mission ja noch zwei Jahre Zeit sich es anders zu überlegen. Vielleicht ist dann ja doch noch etwas für Sie dabei, was Sie tun wollen.”
„Das wäre möglich.” Feldmann glaubte nicht daran.
„Ich. Äh. Habe noch etwas für Sie.” Umständlich kramte er in seinem Koffer und holte schließlich eine Datendisk hervor, die mit einem blauen Aufkleber gekennzeichnet war. „Ich weiß, es steht mir nicht zu. Nicht mehr. Aber ich habe mir Gedanken über ihre Mission gemacht, wie ich mir machmal Gedanken auch zu anderen Missionen mache. Es ist nur noch so eine Art Hobby. Wie Sie wissen habe ich außer Vorträgen und Repräsentationen nicht mehr allzuviel zu tun. Hier sind Ausarbeitungen zu Ihrem Auftrag. Ich möchte sie Ihnen nicht aufdrängen, aber vielleicht können Sie doch etwas Nützliches darin finden, auch wenn ich genau weiß, das sie meine Hilfe nicht nötig haben.”
Feldmann hatte die meisten seiner Prozeduren schon fertig und auch wenn er noch eine ganze Menge Arbeit zu tun hatte, so gab es doch in seiner Abteilung genug Leute, die mit ihm dachten und planten. Es wäre falsch, sie abzulehnen, wenn er ihn nicht kränken wollte. Wenn er andererseits zu viel Interesse bekundete hatte er ihn bis zum Abflug am Hals, wie es auch schon andere Leiter erfahren mußten.„Ich habe in nächster Zeit viel zu tun, aber ich werde sie mir sicherlich ansehen. Ich kann mir vorstellen, das ich die eine oder andere Anregung darin finden werde.”
Prescott atmete hörbar aus. Es kostete ihn Mühe, seine Erleichterung darüber zu verbergen, das er seine Arbeit nicht umsonst getan hatte, auch wenn er sich keine Illusionen darüber machte, wie wichtig seine Ausführungen noch genommen wurden. „Wenn Ihnen irgendetwas unklar ist oder Sie sonst ein Problem haben, können Sie mich jederzeit erreichen.”
„Wenn es ein Problem damit gibt, werde ich es auch ganz sicher tun. Auf jeden Fall danke ich Ihnen für die Mühe, die Sie sich damit gemacht haben.”
„Nein ! Nein ! Das war für mich keine Mühe, sondern ein Vergnügen.”
Feldmann nahm sich vor ihn wenigstens einmal um Rat zu fragen, wußte aber, das er sich eine Notiz machen mußte, um es nicht zu vergessen. Er verabschiedete sich höflich und bediente im Hinausgehen unauffällig sein Mobi. Vielleicht würde er auch mal Prescott persönlich aufsuchen, um ein bischen Klatsch zu hören, oder um etwas über vergangene Missionen zu erfahren.
Aus den Anfängen der Blättersammlung...
Einige Auschnitte aus “FELDMANNS WEG”, dem “uralten” und kaum veränderten ersten Teil eines Romansfragments von Frank Walter alias wolf359. (alle Rechte vorbehalten, oder so...)
Raumkoordinator Klaus Feldmann macht sich Gedanken um seinen nächsten Auftrag, seine Freundin und seinen Rückzug aus der Firma...
Er saß draußen, um den Himmel zu betrachten, obwohl die noch viel zu nahe Großstadt mit ihrem Licht alle Sterne beinahe überstrahlte. Die kleine Bank, die er in einer Mußestunde seiner knapp bemessenen Freizeit gezimmert hatte, bot gerade genug Platz für zwei Personen. Heute war er allein. Nachdenklich versuchte er am Himmel den Ort zu finden, der für ihn das nächste Ziel, vielleicht endlich das letzte Ziel, sein würde, wohin die Company ihn schicken würde. Es war doch immer dasselbe, Parker brauchte nur wenige Minuten, um ihn zu einem mehrmonatigen mäßig bezahlten Auftrag zu überreden, den er schon verfluchte, kaum nachdem er das Büro verlassen hatte. Eigentlich wollte er nicht mehr, nicht mehr nach dem Mineralgewinnungsauftrag im Gürtel, der zwei Monate länger gedauert hatte als vorgesehen, zwei Monate voller Ärger mit den Arbeitern, den Ingenieuren und der Company, die nach Wertvollem suchte, wo es nur Steine gab. Immerhin hatten sie genug gefunden, um die Kosten wieder reinzuholen.
Einige Leute hatten damals ihren Hut nehmen müssen, Leute mit denen er schon jahrelang zusammengearbeitet hatte. Nicht die Schlechtesten. Feldmann hatte den Verdacht, das weniger ihre angeblichen Fehlleistungen dafür verantwortlich waren, als ihr Wunsch nach höherer Sicherheit und besserer Bezahlung.
Und nun wieder dieselbe Leier. Er kam sich vor wie der sprichwörtliche alte Zirkusgaul, der kaum das er die vertraute Melodie wieder hört, wieder von neuem anfängt im Kreis zu laufen und Kapriolen zu schlagen. Und doch konnte er nicht anders. Er mußte einfach noch einmal hinaus, bevor es dort oben nur noch das Blinken automatischer Förderroboter gab. Anders als viele seiner Kollegen hatte er sich noch ein Auge für die Schönheit der sterilen Brocken bewahrt und es tat ihm fast leid, wenn er einen Asteroiden zernarbt zurücklassen mußte. Vor vielen Jahren war sein Vorschlag, einen Asteroiden wieder herzurichten Anlaß heftigsten Gelächters gewesen und noch heute gab es einige Wenige, die sich an diese Anekdote erinnern konnten, wenn nicht andere, sorgenvollere Geschehnisse die Erinnerung daran überlagert hätten. Wie dem auch sei. Heute nach so vielen überwiegend erfolgeichen Aufträgen war er sichtlich gereift, wenn auch nicht gereift der Ausdruck war, den er gewählt hätte. Die Zeit hatte eben seine Ansichten geändert. Er war routinierter aber dadurch auch gleichgültiger gegenüber solchen Dingen geworden. Sein Staunen über die Einzigartigkeit jeden Ortes, an dem er gewesen war, wich der Geschäftmäßigkeit der Planungstabellen und Einsatzlisten.
Es wurde kühl und einen Moment lang wußte er nicht ob er ins Haus gehen oder auf Sarah warten sollte, die jeden Moment durch das hintere Gartentor von ihrer Schicht im Labor kommen mußte. Er wußte selbst nicht genau, was sie an ihm fand. Er hatte sie auf einen jener obligatorischen, früher eher familiäreren Firmentreffen kennengelernt, die auch von der neuen Geschäftsführung aus Tradition immer noch fortgeführt wurden, obwohl es seit der Fusion mit dem viel größeren Partner nicht viel von dem kleineren Unternehmen übriggeblieben war. Liebe geduldige Sarah. Sie war sehr wütend gewesen, als sie hörte, das er wieder einen jener gefährlichen Langstreckenflüge angenommen hatte, die immer noch die höchste Unfallqoute aufwiesen, trotz aller Sicherheitsmaßnahmen. Sie hatte sich nicht mit ihm liiert, um einer wöchentlichen Videoaufzeichnung willen, die nie länger als eine halbe Stunde dauerte und die regelmäßig von der Firma auf verdächtige Inhalte untersucht wurde, was so mancher Geliebten einen dunklen Bildschirm bescherte. Sie sah es auch nicht als ihren Lebenszweck an, sich ständig Sorgen um ihn machen zu müssen, ständig hochzuschrecken, wenn es unverhofft an der Tür schellte oder sie in der Firma zum Sektionschef gerufen wurde.
Ihre Besorgnis rührte ihn und er wußte mehr noch als sie um der Gefahren solcher Unternehmungen, die neben technischen Komplikationen immer noch viel zu sehr vom menschlichen Faktor abhingen, und eben auch von dem, der für die Koordination verantwortlich war, in diesem Falle von ihm. Es war aber kein Mißtrauen ihm gegenüber, die Umgebung der Einsatzorte war trotz aller bereits erfolgten Missionen immer noch zu unsicher, schloß immer noch nicht das Vorhandensein einzelner kleiner Eis- und Gesteinsbrocken aus, die in ungeeigneten Momenten die Bahn des Förderers kreuzen konnten. Es blieb immer ein kalkuliertes Risiko, das man nur minimieren, nie aber ausschließen konnte. Er wußte von vielen Geschehnissen, die ihm und seinen Kollegen zugestoßen waren, die oft nur mit viel Glück und Improvisationstalent gemeistert werden konnten und die in der Mehrheit der Fälle nicht vorausgesehen werden konnten. Er mußte nur an das seltsame Erlebnis denken, das er mit einem unvermutet im Felsen befindlichen Hohlraum hatte, in dem er volle zwei Tage auf seine Rettung warten mußte, und er nur durch Einnahme von Schlafpräperaten seinen Sauerstoffverbrauch lange genug senken konnte, um nicht zu ersticken. Die kleine Förderkapsel befand sich längst im Firmenmuseum und manchmal setzte er sich in einer stillen Stunde in sie hinein. Es war einer jener Momente, in denen er sich dazu entschloß künftig am Boden zu bleiben und die Zeit mit Zimmerarbeiten, gelegentlichen Vorlesungen und mit Sarah zu verbringen. Die Schönheit des Alls konnte durch das Risiko auf Dauer nicht mit all dem konkurrieren und vielleicht wäre ja auch noch ein kleiner Urlaub auf einer der Stationen eine willkommene Abwechslung gewesen, wenn er wieder die Sehnsucht gespürt hätte. Dazu hätte er sie noch überreden können. Vielleicht.
Klaus Feldmann geht auf eine Austellung, die auf dem Areal des Konzerns stattfindet und besucht einen Vortrag...
...Inzwischen war er schon in der Halle angekommen und konnte schon von weitem Peters Seniors feistes Gesicht sehen, als der gerade einigen Investoren zuprostete. Er beschloß ihm aus dem Weg zu gehen und stattdessen nach Parker zu suchen. Die Ausstellung war noch gut besucht und so hatte er zuweilen Mühe sich mit seinem üblichen Tempo durch die Menschenmenge zu bewegen. Ab und zu wurde er von einem ihm bekannten Gesicht gegrüßt. Bei der Antriebtechnik war Parker nicht zu finden. Er sah sich eine Weile um und gab es dann auf, um sich die Exponate näher zu betrachen. Es war schon erstaunlich welchen Zuwachs an Geschwindigkeit die neuen Triebwerke brachten, bei geringerem Verbrauch und Gewicht. An den Abmessungen hatte sich aber wenig geändert, was eine eher private Nutzung ausschloß. Er wußte allerdings, das die Firma auf Austellungen nie ihren ganzen Fortschritt präsentierte, und die Prototypen mindestens eine Generation weiter waren, als alles, was hier gezeigt wurde. Kommissonsmitglieder wußten darüber beinahe ebensogut Bescheid, wie der Ausichtsrat und unterlagen demselben Grad an Verschwiegenheit.
Ein Modell der umgebauten Uranus erregte seine Aufmerksamkeit. Neue Triebwerke, neue Verschalung, mehr Quartiere, verbessertes Freizeitangebot und eine größtenteils erneuerte technische Ausrüstung. Eben alles was man tun mußte, um kein ganz neues Schiff bauen zu müssen. Es gab sogar einen Vortrag, der täglich gehalten wurde, und den sich jemand der mitfliegen wollte schon ansehen sollte. Er trug einen automatischen Download für den Vortrag in seinen Mobi ein und wollte schon weitergehen, als er Sarah sah, die gerade den Vortragssaal betrat. Er überlegte, ob er nicht auch hineingehen sollte, er könnte sich beinahe zufällig neben sie setzten und vielleicht das eine oder andere Wort mit ihr wechseln. Es konnte eine Gelegenheit sein, sie von ihrem Vorhaben abzubringen, wenn sie erst einmal sah, auf welche Weise sie zusammen sein würden. Er ging hinein. Der Saal war ungewöhnlich voll, was wohl weniger an der Uranus lag, als an dem Vorhaben zu dem sie aufbrechen sollte, und das doch ein wenig vom Üblichen abwich. Es war keine Aussicht einen Platz neben ihr zu bekommen. Er sah sie nicht einmal und wollte schon wieder gehen, als er vorne den alten Prescott erkannte. Prescott war schon lange pensioniert, arbeitete aber noch in Teilzeit für den Konzern und entstammte, wie er selbst, der ursprünglichen kleinen Firma, die einst mit dem Konzern fusionierte. „Verdammte Nostalgie !”, dachte er bei sich selbst und setzte sich auf den nächsten freien Platz. Er aktivierte ein größeres Display, das Prescott in Zoomansicht zeigte. Der Saal verdunkelte sich, als hätten sie nur auf ihn gewartet, um endlich anzufangen.
„Die Uranus, eines der ersten großen Modularschiffe mit damals revolutionärer Technik auf dem Gebiet der Rotationsmechanik, ursprünglich ausgerüstet mit Lineartriebwerken der zweiten Generation, wurde ursprünglich für den Abbau seltener Verbindungen im großen Maßstab konstruiert, mit damals ungewöhnlich großen Quartieren und Testmodulen für den Langschlaf. Die Biozellen mit selbsterhaltender Ökologie waren vorher noch nie solange im Einsatz gewesen...” Der alte Prescott war in seinem Element und Feldmann hörte viel bekanntes. Er sprach von der damals ungewöhnlichen Konstruktion, verlor sich beinahe in Einzelheiten, kam etwas mühsam wieder auf die Vortragslinie und schaltete für die große Anzahl Laien die Projektionen zu schnell. Die beigefügten Animationen glichen das beinahe wieder aus. “...wurde in einer Erdumlaufbahn zusammengefügt aus Einzelteilen damals verschiedener Firmen, die heute alle unter einem Dach unserem Konzern angehören und...”
Es folgte eine mittellange Auflisteung der Einzelteile und der daran beteligten Firmen, deren Namen er kaum noch in Erinnerung hatte. Der Konzern hatte sein möglichstes zur Integration getan und er bezweifelte, ob noch irgendjemand außer Prescott alle Namen im Kopf hatte, mit eventueller Ausnahme von Lang, der beinahe ebensolang dabei war. „Den ersten Einsatz, der noch zu Testzwecken erfolgte, führte die Crew zu einem erdnahen Asteroiden mi der amtlichen Bezeichnung DZ-175, auf denen man gewisse Mengen dringend benötigter Stoffe vermutete...” Es erfolgte eine erfreulich kurze Auflistung der Stoffe, die damals interessant waren.„...auch wenn sich die Hoffnungen damals nicht ganz erfüllten, so war doch der Test des Schiffes ein voller Erfolg, der in den nächsten Jahren zu einer hohen Zahl von Einsätzen führte, die alle Gewinn abwarfen...” Und er zählte tatsächlich die ganzen zwei dutzend Flüge mit den ersten Mitarbeitern auf und hätte sich in Einzelnen auch über die Missionen und die gefundenen Stoffe ausgelassen, kam dann aber kurz ins Nachdenken und fuhr fort. „Die Uranus sollte ursprünglich außer Dienst gestellt werden. Am Ende des Letzten Jahres fand hierzu eine kleine Feier statt, man besann sich aber angesichts neuer Entwicklungen auf dem Markt aber eines Besseren und modernisierte die Uranus für spezielle Missionen. Hierbei kamen neueste technische Entwicklungen ebenso zum Einsatz wie eine Aufarbeitung der ursprünglichen Bordelektronik Die Triebwerke sind eine auf Sling-Technologie basierende Entwicklung, die extra für dieses Schiff konstruiert wurden. Diese Leistung kam zustande durch die gute Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen und Mitarbeitern unterschiedlicher Generation.” Nicht auch das noch ! Er wußte tatsächlich noch alle Namen und Zusammenhänge und zeigte dies gerne. Kein Wunder, wenn man wie er beinahe täglich und über seine tatsächliche Arbeitszeit hinaus durch die Abteilungen geisterte. Die Firma war sein Leben und als Werbeträger war er immer noch gefragt. Feldmann vermutete, das er eines Tages mit einem Lächeln auf den Lippen in irgendeiner Abteilung zusammenklappen würde. Ein schöner Tod, wie so manche fanden, er selbst jedoch nicht. „Durch den Erfolg dieser Umbauten wurde die Uranus in Rekordzeit zu einem Spezialschiff, das den Vergleich mit den neuesten Konstruktionen nicht zu scheuen braucht und auf Jahre hinaus ihren Dienst versehen wird, zum Nutzen...” Er glaubte nicht, das der Kahn mehr als fünf Einsätze schaffte, aber kostendeckend würde die Umrüstung allemal sein. Er sah sich um. Der Saal hatte sich schon etwas geleert. Aber keiner der Firmanangehörigen, die fast alle vorne saßen, hatte sich von seinem Platz gerührt, soweit er das im Halbdunkel erkennen konnte. Es wäre unhöflich, wenn er jetzt gehen würde, obwohl Prescott seine Zeit schon leicht überschritten hatte und es nicht den Anschein hatte, als das sie sich dem Ende näherten. Irgendjemand flüsterte ihm etwas zu, als er gerade den Projektor betätigte. Vermutlich gab es hier eine nachfolgende Veranstaltung.„So schlägt die Uranus nicht nur durch ihre Geschichte und ihren Umbau, sondern auch durch ihren neuen Einsatz eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Zukunft, der wir alle verpflichtet sind.”
Ein schönes Schlußwort. „Hiermit möchte ich heute enden und verweise auf meinen nächsten Vortrag, dessen Termin sie von meiner Infobox 012 erfahren können. Ich danke Ihnen für ihr Kommen und ihre Geduld.” Starker Applaus brandete auf, wohl nicht nur wegen Prescotts Ausführungen, sondern auch aus Erleichterung über ihr Ende. Viele Zuhörer hatten noch ihre Termine und es war auch bald Zeit für ein Abendessen. Das Gesicht mancher Laien machte einen blassen und leicht verstörten Eindruck. Er fand das dies ein gutes Entscheidungsmerkmal dafür war, wer zur Firma gehörte und wer nur ein interessierter Besucher war. Er beschloß Prescott zu seinem Vortrag zu gratulieren und bahnte sich einen Weg durch die zu den Ausgängen strömende Menschenmenge. Beinahe hätte er dabei Sarah gestreift, die ihn jedoch nicht wahrnahm, da sie mit dem Rücken zu ihm stand, während sie darauf wartete, das sich der größere Teil der Besucher verlief. Prescott packte seine Datendisks langsam und sorgfältig in seinen alten Lederaktenkoffer, den er schon seit über dreißig Jahren besaß und der immer den Eindruck machte, als würde er jeden Augenblick auseinanderfallen. Es wurde ihm zu seiner Pensionierung vor fünf Jahren ein neuer Aktenkoffer geschenkt, den er jedoch nie in der Firma benutzte. Für Feldmann ein weiteres Geschenk geboren in den Köpfen unwissender Verwaltungsmenschen.
„Gratulation zu Ihrem Vortrag ! Wie immer ein Muster an Präzission.”
Prescott blickt leicht erfreut auf. „Ach Feldmann, sie sind es ! Ja, ich kann immer noch Vorträge halten, aber langsam werde ich doch ein wenig unkonzentriert. Mein Assistent muß mich schon ab und zu mal anstupsen, damit ich auf der Linie bleibe.”
„Das geht nicht nur Ihnen so.”
„Ich weiß, aber was nützt mir das ?”
„Vermutlich wenig.”
„Ich habe gehört, Sie hören auf ? Seit ich das weiß, fühle ich mich richtig alt. Ich kann mich noch erinnern, wie Sie in die Firma gekommen sind. Ein unwissender Neuling. Aber im laufe der Zeit haben Sie sich doch rausgemacht.”
„Ja..” Was sollte er auch dazu sagen ?
„Für mich wäre das ja nichts. Ich muß einfach etwas zu tun haben. Ich habe immer gedacht, Ihnen ginge es ähnlich. Sie waren immer so gewissenhaft bei der Sache. Und immer freundlich. Was sind denn die Gründe ?”
„Zuerst einmal höre ich ja nicht so einfach auf, wie Sie wahrscheinlich auch schon wissen. Und es ist auch keine spontane Entscheidung gewesen, sondern ich habe lange darüber nachgedacht. Es sind sowohl private als auch berufliche Gründe.” Er wollte eine längerfristige Beziehung aufbauen, einen geruhsameren Job ergattern, der Automatisierung im All entkommen und seine Gesundheit war auch nicht mehr die beste. Aber das konnte er ihm so nicht sagen. Prescott hatte mit zunehmenden Alter einen hohen Grad an Schwatzhaftigkeit entwickelt, der ihn zuweilen dazu brachte Informationen preiszugeben, auch wenn er es gar nicht wollte.
„Sie haben nach dieser Mission ja noch zwei Jahre Zeit sich es anders zu überlegen. Vielleicht ist dann ja doch noch etwas für Sie dabei, was Sie tun wollen.”
„Das wäre möglich.” Feldmann glaubte nicht daran.
„Ich. Äh. Habe noch etwas für Sie.” Umständlich kramte er in seinem Koffer und holte schließlich eine Datendisk hervor, die mit einem blauen Aufkleber gekennzeichnet war. „Ich weiß, es steht mir nicht zu. Nicht mehr. Aber ich habe mir Gedanken über ihre Mission gemacht, wie ich mir machmal Gedanken auch zu anderen Missionen mache. Es ist nur noch so eine Art Hobby. Wie Sie wissen habe ich außer Vorträgen und Repräsentationen nicht mehr allzuviel zu tun. Hier sind Ausarbeitungen zu Ihrem Auftrag. Ich möchte sie Ihnen nicht aufdrängen, aber vielleicht können Sie doch etwas Nützliches darin finden, auch wenn ich genau weiß, das sie meine Hilfe nicht nötig haben.”
Feldmann hatte die meisten seiner Prozeduren schon fertig und auch wenn er noch eine ganze Menge Arbeit zu tun hatte, so gab es doch in seiner Abteilung genug Leute, die mit ihm dachten und planten. Es wäre falsch, sie abzulehnen, wenn er ihn nicht kränken wollte. Wenn er andererseits zu viel Interesse bekundete hatte er ihn bis zum Abflug am Hals, wie es auch schon andere Leiter erfahren mußten.„Ich habe in nächster Zeit viel zu tun, aber ich werde sie mir sicherlich ansehen. Ich kann mir vorstellen, das ich die eine oder andere Anregung darin finden werde.”
Prescott atmete hörbar aus. Es kostete ihn Mühe, seine Erleichterung darüber zu verbergen, das er seine Arbeit nicht umsonst getan hatte, auch wenn er sich keine Illusionen darüber machte, wie wichtig seine Ausführungen noch genommen wurden. „Wenn Ihnen irgendetwas unklar ist oder Sie sonst ein Problem haben, können Sie mich jederzeit erreichen.”
„Wenn es ein Problem damit gibt, werde ich es auch ganz sicher tun. Auf jeden Fall danke ich Ihnen für die Mühe, die Sie sich damit gemacht haben.”
„Nein ! Nein ! Das war für mich keine Mühe, sondern ein Vergnügen.”
Feldmann nahm sich vor ihn wenigstens einmal um Rat zu fragen, wußte aber, das er sich eine Notiz machen mußte, um es nicht zu vergessen. Er verabschiedete sich höflich und bediente im Hinausgehen unauffällig sein Mobi. Vielleicht würde er auch mal Prescott persönlich aufsuchen, um ein bischen Klatsch zu hören, oder um etwas über vergangene Missionen zu erfahren.
Aus den Anfängen der Blättersammlung...