@Angelsmaycry86 Also ich hab mal alle deine Fehler korrigiert. Tja, es waren tatsächlich 527 auf 11 Seiten.
Die meisten Fehler betreffen drei Komplexe
• falsche oder fehlende Satzzeichen (meistens fehlende Kommas bzw. Kommata)
• Personalpronomen immer klein (ich, du, er, sie, es, wir ihr, sie) außer in persönlicher Anrede "Sie" – aber genau das schreibst du ausgerechnet klein – oder wenn man vom lieben Gott oder Jesus spricht ("Er"), und natürlich am Satzanfang.
• Am Ende der wörtlichen Rede kommt der Punkt immer erst mit dem Satzende und nicht mit dem Ende der Rede. Beispiel: "Ich will hier raus." Sagte er. So schreibst du es, ist aber falsch. Richtig muss es heißen: "Ich will hier raus", sagte er.
Ach so, kurz noch ne Verständnisfrage: Wenn die Leute in Mannheim leben und offenbar Deutsche sind, warum gibst du ihnen englische Namen und Ansprechformen (Dad)? Und warum sagt er manchmal Dad zu ihm und das andere Mal Paps? Auch die Autonamen, die du erwähnst, sind eher amerikanische. Und bei der Bundeswehr wird der Vorgesetzte auch nicht mit "Sir" angeredet, sondern mit "Herr Feldwebel."
;)Ok, hier der korrigierte Text von deinen beiden Kapiteln. Am besten du stellst sie in 2 Dateien direkt gegeneinander und untersuchst die beiden verschiedenen Versionen Zeile für Zeile genauestens, nein eigentlich Wort für Wort und auch zwischen den Wörtern. Außerdem habe ich einige unpassende Wörter durch besser passende ersetzt.
Ich schreibe auch gerade eins.
Ach ja, hallo erst mal!
Es ist angelehnt an das ps3 Spiel the last of US
Viel Spaß beim Lesen.
Bin erst morgen wieder on. Bis denne
UPDATE!!!!!
Das erste Kapitel ist zu Ende.
wegen vielen Nachfragen diesmal erweitert um ein Vorwort zur genaueren Erklärung, um was es eigentlich geht.
Teilt und kritisiert wie immer fleißig
Ich danke herzlichst fürs Lesen.
Love ya all
Die letzte Reise
Sean Wilking
Vorwort
Es war im Sommer 2017, als alles anfing.
Bis heute kann niemand genau sagen, was die Ursache war oder der Ausgangspunkt.
Vielleicht will es auch einfach niemand sagen.
Es gibt Berichte von Zeugenaussagen, den wenigen die heute noch existieren.
Sogar dokumentierte Fälle der Krankenhäuser.
Ein Pilz, genauer gesagt der „Ophiocordyceps unilateralis“ , ein Krustenkugelpilz, eigentlich eine Lebensform, die sich nur auf Ameisen fixiert, sie manipuliert und im Endeffekt von innen heraus auffrisst.
Ja, eigentlich.
Bis die ersten bestätigten Fälle vom Befall des menschlichen Körpers auftraten.
Doch alles geschah zu plötzlich, zu schnell. Wir wurden überrannt
Die einen meinen, es war ein gezielter und missglückter Anschlag, aber wieso dann ausgerechnet in Deutschland?
Andere wiederum meinen, die Natur schlägt einfach zurück, dezimiert sozusagen und stellt das natürliche Gleichgewicht wieder her.
Denn eines ist klar.
Wir sind nur ein Wimpernschlag der Erdenzeit, ein Hauch in einem Orkan.
1
Ein normaler Tag
Noel wusste keinen Ausweg mehr.
Er wollte sich doch nur nach was zu Saufen umschauen…
Etwas von dem flüssigen Scheißzeugs, was so manch eine Situation nicht gerade besser, aber wenigstens erträglicher aussehen ließe.
Dachte er vor noch nicht einmal 10 Minuten.
Doch er war unvorsichtig gewesen. Blind für alles um sich herum, nur um sich noch blinder machen zu können. Sich zu betäuben und die Welt um sich für wenige Stunden auszuknipsen.
Jetzt dachte er sich nur eines.
Mit dem Rücken an das Holz der Theke angelehnt, das verfallene Lokal hinter sich, kauerte er da, dachte nach und überlegte sich in dieser schier ausweglosen Situation, ob er die falsche Entscheidung getroffen hatte.
„Sicherlich war sie das.“ nuschelte der Mann leise vor sich hin.
„Ist da irgend jemand?“ brüllte es von irgendwo her, er schätzte, dass sie noch nicht allzu nah sein konnten. Außer sie waren dumm und unvorsichtig. Wie er selbst gerade noch.
Drei an der Zahl kamen sofort hereingestürmt, als sie den Schuss hörten.
Noel blickte auf den zusammengesackten Körper neben sich, schaute in die Trommel seines Revolvers, hielt es aber für besser erstmal nichts zu sagen.
Wieder schrie derselbe Mann: „Wir wissen, dass du hier bist. Wir wollen nur unseren Kumpel abholen. Dann verschwinden wir!“
Na klar wollte er das. Nur erstens glaubte Noel kaum, dass die Bande über Ihren toten Freund besonders erfreut sein würde, noch dass sie die Wahrheit sagten. Sicherlich würden sie direkt das Feuer eröffnen sobald Noel sich zeigte.
„Hey Leute…“ Noel schnaufte kurz durch. „Es war Notwehr! Ich hab mich nur kurz umgesehen. Wie auch euer Freund hier. Aber er….er ballerte sofort los, verdammt!“
Eine leise Verzweiflung war in seiner Stimme zu hören. Klar doch. Bei Drei gegen Einen, der auch gerade mal nur noch vier Patronen in der Waffe zählte. Und das wegen nem Rausch?
Ein anderer der Typen flüsterte zu seinem Freund: „Jimmy, verdammt. Hast du dass gehört? Mika ist tot! Der Wichser hat Mika erschossen!“
„Hör zu, Mann!“ Noel hatte plötzlich einen schmerzenden Druck in der Magengegend. „Ich weiß, dass das hier scheiße gelaufen ist. Ich würde auch lieber woanders sitzen. Glaubt mir das! Aber es ist jetzt wie es ist. Euer Freund ist tot. Es tut mir leid, aber es ging nicht anders. Er oder ich. So einfach war es.“
Noel fuhr sich durch seinen dichten, mit grauen Strähnen durchwachsenen Bart. Er vernahm keine Schritte aus dem Raum. Er konnte nur hoffen, dass die Jungs ebenso Schiss hatten wie er.
„Sicher, dass es unser Mika ist?“ fragte der Anführer. „Er trägt nen Cowboyhut mit Patronenhülsen herum.“
Dachte sich Noel. „Ja, er ist es.“
Der Dritte schrie darauf: „ Machen wir Ihn fertig!“
„Immer langsam,“ erwiderte Jimmy, „wir wollen kein Blutbad anrichten. Wie ist dein Name, Fremder?
Noel schaute sich links und rechts um, aber sah nichts, was ihm nützen könnte… Mikas Blut floss langsam aber stetig über die Dielen am Boden auf seine Schuhe zu. Er rutschte wenige Zentimeter zur Seite. Er hatte kein Bedürfnis, gerade hier, in einem verstaubten, dreckigen Lokal, wie in einem schlechten Western einfach niedergeschossen zu werden. Nicht mit Anfang vierzig. „Noel. Mein Name ist Noel“, gab er preis
„Gut, Noel. Mein Name ist Jimmy. Hör gut zu. Das hier sind meine Jungs. Der Ungeduldige hier mit dem nervösen Zeigefinger ist Timo, gerade mal 19 Jahre alt und des Weiteren haben wir hier noch Rick und…“ Jimmy erlaubte sich eine Schweigesekunde, „Mika, neben dir. Hör zu, Noel. Mir ist es egal WIE das passierte. Aber es IST passiert. Und ich nehme an, da wir außer dir noch niemanden gehört haben, dass du alleine bist. Also mach keinen Scheiß.“
Nun vernahm Noel wenige leise Schritte.
„Wir drei könnten jetzt einfach zurückgehen, durch die Tür nach draußen, und alles wäre in Ordnung. Nur ist es das leider nicht. Mika ist…“ ein kurzes Seufzen, „war mein Bruder. Verstehst du mein Dilemma?“
Noel schaute auf Mika, auf das kleine Loch an der Schläfe und die riesige, klaffende Wunde am Hinterkopf. „Ja…. Ich verstehe“, antwortete er. Er verstand sogar sehr gut.
Die drei Männer flüsterten sich für Noel kaum hörbar etwas zu, lediglich „links herum“ drang hörbar zu ihm.
Er zitterte inzwischen am ganzen Körper, konnte aber nicht ausmachen, woran es lag.
Lag es an dem Toten neben Ihm, welcher doch Scheiße nochmal einfach die Waffe hätte stecken lassen können?
Nein.
Dieses elende Gefühl hatte er früher einmal und wurde mit jeder Leiche weniger.
Lag es an den drei Männern hinter ihm? Noel konnte es ihnen nicht verübeln, wenn sie ihn fertig machen wollten. Er hatte doch schon etliche Male so gehandelt.
Oder es lag am Entzug? Noel hatte seit mehr als fünf Tagen keinen Alkohol mehr getrunken. Eine dumme Angewohnheit, aber eine, der sicherlich sehr viele in der heutigen Zeit verfallen waren.
„Wir machen einen Deal, mein Freund“, sprach Jimmy in einem merkwürdigen Unterton zu Noel. „Wirf deine Waffen über die Bar zu uns. Wir wollen nur sicher sein, dass du nicht noch einen von uns über den Haufen schießt. Lass mich nur meinen Bruder hier rausholen. Du verstehst sicherlich, dass ich ihn so nicht liegen lassen kann.“
Dachte Noel.
„Tut mir leid, das geht nicht. Ich bin nicht dumm, neben mir liegt dein Bruder, den ich erschossen habe. Du wirst mich nicht gehen lassen. Bitte geht ihr einfach.“
In einer der unzähligen Flaschen die hinter dem Tresen wie Sammlerstücke nebeneinander aufgereiht waren, spiegelten sich ein Schatten wider, genau von links, wie er vermutete. Noch bevor er reagieren und zielen konnte, rauschte Tris von der Küche im Nebenraum an und rammte dem jungen Kerl, sicherlich Timo, ein Messer in den Hals und zog es blitzschnell durch dessen Kehle.
Noel reagierte schnell.
Im Aufstehen drehte er sich um, zielte in den Raum hinein und schoss.
Dem lauten Knall folgte eine rote Wolke hinter Jimmys rechter Schulter. Es riss ihn sofort herum und ließ ihn auf einen Tisch krachen, noch bevor dieser den Schuss erwidern konnte.
Tris warf sich auf Mikas Leiche, so eng war es hinter der Bar.
Rick trat in der Zeit einen Tisch um und verschanzte sich dahinter. „Ihr A...“, brüllte er ziemlich verängstigt den beiden zu. „Ich mach euch kalt!“ Ohne über den Tisch zu schauen, hielt er seine Schrotflinte darüber und drückte ab.
Ein paar Kugeln fetzten in das Holz des Tresens, der Rest zerbarst eine Menge Flaschen dahinter.
Glassplitter und Alkohol ergossen sich über Tris, Noel und den toten Mika.
„Okay, Noel, was nun?“ fragte Tris aufgeregt. Sie empfand das alles hier, diese Welt weit draußen, weit außerhalb der sicheren Quarantänezonen, als eine Art Jahrmarktsbude. Fernab von der Realität und keine wirkliche Distanz zum Tod anderer, sah sie Noel mit Ihren großen, grünen und viel zu jungen Augen an.
„Was nun? Ernsthaft?“ zischte Noel. „Du solltest dich verstecken. Ich hatte alles im Griff, verdammt. Stattdessen richtest du hier dieses, dieses… BLUTBAD an.“
„Kommt raus, verdammt. Ich baller euch den scheiß Schädel weg!“ schrie es weiterhin hinter dem Tisch hervor.
Tris schüttelte nur Ihren Kopf und ließ das Gebrülle außer Acht. „Im Griff nennst du das? Schon klar.“
„Hör zu. Schnapp dir eine Flasche und wirf sie einfach blind über dich hinweg. Er müsste der letzte sein.“ In dem viel zu schnellen Chaos konnte Noel wirklich nur drei Mann zählen, Jimmy hatte also nicht vorausgedacht. Noel dachte immer voraus. Niemals verraten, mit wie vielen man wirklich unterwegs ist.
Er musste sich unweigerlich eingestehen, dass Tris Recht hatte. Ohne sie hatte er gerade nichts im Griff, würde es aber niemals zugeben. Schließlich ist er IHR Beschützer und nicht anders herum.
Die Flasche schlug etwa einen Meter neben Ricks Barrikade auf, Noel ließ sich zur Seite fallen, spähte um die Theke herum und zielte.
Im selben Augenblick lugte Rick hinter dem Holztisch hervor und einen weiteren Schuss später sackte er mit gespaltener Stirn zusammen.
Noel blieb noch wenige Sekunden liegen, über Kimme und Korn zielend schweifte sein Blick zwischen alten verstaubten Stühlen und Tischen umher. Aufgewirbelter Staub tanzte wie dichtes Schneegestöber durch den Raum. Irgendwo dazwischen stöhnte Jimmy leise auf.
„Bitte, tötet mich nicht.“ flehte der Mann auf der zertrümmerten Tischplatte, als Noel und Tris zu ihm kamen.
„Du hättest hier rauskommen können. Wir alle hätten hier rauskommen können. Du hast deine Entscheidung getroffen“
Ein letzter Schuss fiel und Tris klappte Ihr Messer zusammen. „Komm, Kleine. Lass uns hier abhauen.“
2
Sommer 2017
„Komm schon runter, Jason!“ rief Noel seinem elfjährigen Sohn zu. „Deine Mutter hat das Essen bereits auf dem Tisch stehen.“
Er ließ den Handlauf der Treppe zum ersten Stock los, über den er sich gerade noch gebeugt hatte, und schaute mit mürrischem Blick den Flur hinab in die Küche zu seiner Frau.
Merelyn sah ihn liebevoll an: „Du weißt doch, dass er immer an seinem PC hängt, geh einfach hoch.“
"Ja, und mir geht das auf den Keks, dass er immer daran hängt. Draußen sind es fast 40 Grad. Er sollte nicht besser draußen spielen.“
„Ja, das sagt genau der Richtige“, lachte seine Frau hinterher, während Noel die Treppen hinauf spurtete.
Er klopfte dreimal an der Tür, bevor er sie aufmachte.
„Hey, Jason", versuchte er auf sich aufmerksam zu machen. „Essen.“
Keinerlei Reaktion. Aus den Kopfhörern, die der Kleine aufhatte, dröhnte hörbar ein Minimal Set eines bekannten DJ`s.
Er legte seine Hand auf Jasons Schulter und drehte Ihn langsam von seinem Schreibtisch weg.
Jason erschrak etwas und schaute verdutzt durch seine rehbraunen Augen zu seinem Vater auf.
„Hä?“ sagte er, noch immer diese Dinger auf dem Kopf und grinste mit zusammengekniffenem Gesicht Noel entgegen.
Der Vater streifte ihm die Kopfhörer ab, legte sie auf den Tisch und wiederholte freundlich aber bestimmend: „Komm bitte runter zum Essen, JETZT.“ Und gab Jason noch einen Klaps auf den Hinterkopf, als die beiden sich zusammen aufmachten.
Das Essen war für Jason nicht das Wahre. Fisch mit Bratkartoffeln. Es war mal wieder Freitag. Freitag gab es immer Fisch. Jason wusste nicht, ob dies einen religiösen Hintergrund hatte, es war ihm auch relativ egal. Nur wusste er, weshalb er sich Freitags nie freiwillig zum Essen begab.
„Und, wie war der letzte Schultag, Großer?“ wollte Merelyn wissen.
Jason stocherte in seinem Essen herum, stützte dabei mit der anderen Hand sein Gesicht ab und nuschelte: „Ganz gut.“
Noel blickte ihn fordernd an.
„Jetzt gib deiner Mutter `ne gescheite Antwort bitte.“
Jason setzte sich aufrecht hin, schaute zu Merelyn und wiederholte: „Ganz gut, Mama. Wie eben der letzte Schultag ist. Eigentlich haben wir nichts gemacht. Bei Frau Fahrm schauten wir eine Dokumentation über das frühere Römische Reich. Sie meinte, dass dies unser nächstes Geschichtsthema wird und sich über das ganze nächste halbe Jahr hinweg zieht.“
Merelyn griff nach der Schüssel mit den Rosmarinkartoffeln und nahm sich noch drei Stück der dampfenden Knollen. „Das ist interessant! Mir haben besonders die Architektur sowie diese Wasserläufe, diese…. Herrgott wie hießen die nochmal?“
„Aquädukte, Mama, meinst du die? Zum Versorgen der städtischen Bäder und Haushalte.“
„Ja genau, danke mein Schatz. Schon erstaunlich, dass die damals zumindest in der Hinsicht weiter waren als wir in manchen Ländern!“
Noel kämpfte mit den Gräten seiner Forelle, wie immer erfolglos. „Schatz, ich hasse Fisch. Nein, nicht den Fisch, nur dieses Rumgefriemel daran. Ich zerhacke jedesmal mein komplettes Essen!“ Genervt gab er es auf und schob sich ein Kartoffelstück in den Mund.
Jason musste loslachen: „Wie David gegen Goliath! Papa lässt sich von einem Fisch besiegen.“
Dabei zappelte er am Tisch herum und amüsierte sich köstlich, dass er nicht der einzige mit einer Abneigung gegen Fisch war. Es war zwar jedesmal dasselbe Schauspiel, wenn es kein Filet gab, doch immer wieder aufheiternd für Ihn.
Merelyn stand von ihrem Platz auf, kam um den runden hellbraunen Esstisch herum zu Ihm und half.
„Schau her. Hinter dem Kopf schneidest du einfach…“
„Jaja, ist schon gut, mach du einfach", stoppte er sie. „Ich bin dafür den Fischfreitag außer Acht zu lassen.“
Merelyn zog die Gräten an einem Stück heraus, legte sie ab und gab Noel einen Kuss: „Klar doch und du Kochst?“
Der hat gesessen, dachte sich Jason. Sein Vater hatte es ein, zwei Mal versucht und dabei entweder fast die Küche in Brand gesetzt oder eine riesige Sauerei veranstaltet. Nein, ein Koch war er bestimmt nicht.
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Nach dem Abwasch, an dem sich alle Drei gleichermaßen beteiligten, machte sich Noel an sein Auto.
In seiner Garage stand ein alter, silberner Shelby GT 76 mit blauen Streifen auf beiden Seiten. Der Traum für viele Männer.
Er hatte Ihn vor etwa einem Jahr bei einer Versteigerung der ortsansässigen Polizei erstanden, zu einem Spottpreis von nur 3.500 Euro.
Weshalb das Auto beschlagnahmt worden war, konnte er nicht sagen, und die Polizei durfte es nicht.
Es war ja auch egal, solange keine Einschusslöcher oder sogar Blut den Innenraum schmückten, interessierte es Noel nicht weiter.
„Paps?“ Jason kam zu ihm in die Garage, während Noel schon seit etwa zwei Stunden unter dem Auto lag.
„Papa? Kann ich dir helfen?“
Noel rutsche auf seinem Rollbrett hervor. „Klar, wieso nicht.“
Es kam nicht oft vor, dass Jason aus freien Stücken heraus seinem Vater beim Basteln half, aber wenn er es tat, tat er es aufrichtig und gerne.
„Den 13er Schlüssel von der Werkbank bitte und die Muffe….“ Noel dachte einen Moment lang nach… „Die Muffe liegt auf der Motorhaube.“
„Bitteschön, Sir“, witzelte Jason und gab ihm beides.
„Wie sieht es aus, Champ? Morgen an den See? Genieße deine Ferien und häng nicht wieder nur zu Hause ab. Okay?“
„Klar, Dad“, antwortete sein Sohn. „Nehmen wir das Modellboot mit?“ Fragend zeigte er auf die kleine benzinbetriebene Yacht auf einem Regal über der Werkbank.
„Alles was du willst, Champ, alles was Du willst.“
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Jason wurde am nächsten Morgen früher wach als sonst. Er freute sich endlich mal wieder mit seinem Vater etwas zu unternehmen. Jetzt hatte er Urlaub und Jasons Ferien fingen an.
Er ging aus dem Zimmer und lief den hellen lichtdurchfluteten Gang entlang zum Schlafzimmer seiner Eltern.
Vorsichtshalber lauschte er einige Zeit mit dem Ohr an der weißen Tür. Man kann ja nie wissen.
Es wäre nicht das erste Mal, dass er blindlings hinein gestürmt ist und seine Eltern beim, wie sie es nannten „Liebe machen“, erwischt hätte.
Doch es war alles still. Langsam drückte er die Klinke hinunter und schob die Tür auf….
Noel lag oberkörperfrei auf der rechten Seite des Bettes, Merelyn hatte wie fast immer die Bettdecke in der Nacht für sich erkämpft. Beide schliefen noch tief und fest, als Jason sich lachend mit einem Hechtsprung zwischen die Beiden warf.
„Los, los, los, wir fahren heute an den See", schrie er und tollte dabei hüpfend auf der Matratze herum.
Seine Mutter wurde sofort wach, saß wie vom Blitz getroffen auf dem Bett und nörgelte irgendetwas vor sich her.
Jason rüttelte wild an seinem Vater:„Papi, Papi, Papi, los wach auf!“
Merelyn sah benebelt auf die Uhr. Gerade mal zehn Minuten vor Sieben.
„Oh, Mann, Jason… was ist denn los?“ Sie rieb sich die Augen und streckte sich aus. "Sonst kommst Du nicht aus dem Bett und jetzt, wo wir alle länger schlafen können…. ?“
Da sprang Noel auf und packte Jason wie ein Löwe seine Beute. „Hab ich dich", rief er und zog Jason von den Füßen.
Beide lachten und kämpften miteinander, während sich Merelyn genervt aus dem Bett bewegte.
„Ihr spinnt. Alle beide", sagte sie schnippisch und ging durch eine zweite Tür ins Bad.
Noel nahm Jason unter den Armen und stellte Ihn auf den Teppich neben dem Bett.
„Erst frühstücken wir, Schatz. Dann kannst du deinen Rucksack packen. Denk bitte auch an ein Badehandtuch, den Rest packe ich ein.“
Nach zwei schwarzen Kaffee, natürlich ohne Zucker, dazu einer Banane für Noel und einer riesigen Schüssel Fruity Loops für Jason, in der immer ein halber Liter überschüssiger Milch im Abfluss landete, ging es auch schon los.
Sie nahmen den Familienvan, der Mustang war noch nicht wieder fahrbereit.
Noel saß schon im Wagen und rollte langsam die gepflasterte Auffahrt hinunter, während Jason sich widerwillig abknutschend von seiner Mutter verabschiedete.
Merelyn stand unter dem Vordach des Hauses, welches etwa einen ganzen Meter über der Straße thronte, und winkte den Beiden noch hinterher.
Es war ein etwas älteres Haus. Jason schnappte mal irgendwo auf, dass es den ersten Weltkrieg überstanden hatte. Das bezeugte auch eine riesige Eiche, die vor dem Haus auf der Grünfläche stand.
Noel und seine Familie wohnten in einem Vorort von Mannheim, etwa fünf Kilometer entfernt den Rhein hinunter. Noel zog mit Merelyn hauptsächlich wegen Ihrer Familie hier her. Um Jasons Großeltern nahe zu sein, denn Noel hatte keine direkten Eltern mehr. Sie waren sehr früh gestorben, als Noel gerade mal drei Jahre jung war, bei einem schweren Autounfall….
Ein LKW hatte das kleine Auto, in dem auch Noel im Kindersitz hinten auf der Rückbank festgeschnallt saß, übersehen und wie mit einem Messer das Dach des Mazdas abgesäbelt.
Beide waren sofort tot.
Noel wuchs fortan bei der Schwester seines Vaters auf. Eine verwitwete, verkorkste und ziemlich religiös gespulte Dame. Sehr nett, dennoch schaurig.
Merelyn und er hatten sich im Alter von 24 und 21 Jahren kennen gelernt.
Und geheiratet hatten sie aus dem banalen Grund der Steuerersparnis schon nach gerade mal zwei Jahren.
Am 27. Geburtstag von Noel verkündete Merelyn ihm die Botschaft. Sie war schwanger mit Jason.
Darauf ging alles sehr schnell und unspektakulär.
Der Umzug ging schnell, neue Arbeit für beide und der neue Freundeskreis fand sich auch schnell.
Merelyn empfand die Schwangerschaft als hilfreich neue Freunde zu finden. Noel hatte dabei nie Probleme gehabt. Er war ein umgänglicher Kerl Ende zwanzig. Das Leben wartete auf Ihn. Also nahm er es.
Jason lag ohne Badetuch unter sich am Strand und grub seine Füße in den körnigen Sand.
„Dad, jetzt mach das Boot fertig.“
„Wenn du irgendwann mal lernst bitte und danke zu sagen, kauf ich dir sogar ne eigene Yacht!“
witzelte Noel, doch bedachte er seine Worte noch einmal und hoffte darauf, dass sein Sohn das nicht wörtlich nahm.
„So, auf geht`s!“ Noel rappelte sich nach dem Betanken des Bootes von seinen Knien, sichtlich bemüht und mit leichten Schmerzen. Das Knie hatte ihm schon früher Probleme bereitet. Noch vor Merelyn.
Meistens spürte er es, wenn er kniend auf dem Rücken einer Dame saß, die er gerade massierte, einölte oder hinter Ihr kniete und sie fickte.
Jason sprang begeistert durch das seichte Wasser, scheuchte die Guppies auf und wirbelte den Schlamm unter sich durcheinander.
„Komm schon, Paps, lass das Boot ins Wasser…“
Blubbernd und schnaufend schaufelte sich das kleine Rädchen ins Wasser und das Boot tuckerte los.
„Willst du auch mal?“ fragte Noel den Kleinen, fuhr ihm dabei durch sein schwarzes, seidenes Haar und gab Ihm die Steuerung.
Es war heute noch heißer als die letzten Tage, auf der Fahrt hierher zeigte das Thermometer im Van 39 Grad an.
Seine pinkfarbene Badehose am Leib – ein Scherz seiner Frau zum Hochzeitstag, ein ziemlich schlechter, wenn man beachtet, dass es die am Morgen gab und Noel den ganzen Tag wie ein dummer Hund darauf wartete, ob das alles war –, sprang er von einem Ast aus etwa zwei Meter Höhe kopfüber ins seichte Wasser.
Besser gesagt er wollte. Denn als er wieder auftauchte, musste Jason sich zusammenreißen, nicht loszulachen. Noels Bauch war feuerrot vom Aufprall. Kein so genannter „Köpper“, sondern ein scheiß schmerzhafter Bauchklatscher. Natürlich wollte er nur vor seinem Sohn Eindruck schinden.
Naja, so brachte er ihn wenigstens zum Lachen.
Es war ein guter Tag, für beide.
Jason wie auch sein Vater haben es schmerzlich, wenn auch nicht für andere ersichtlich, vermisst, zusammen Zeit zu verbringen.
Sie fuhren mit der motorisierten Yacht über den See, ganz in der Nähe eines Dorfs namens Altrip.
Dieser war einer von drei mehr oder weniger großen Seen um den Ort Waldsee herum. Aber es war auch der schönste von allen. Mit hellem, an manchen Stellen fast weißem Sand, der sich unter die Wasseroberfläche in das blaue Loch grub, umsäumt von uralten Bäumen und Gestrüpp.
Auf der Seite von Noel und Jason war am heutigen Morgen seltsamerweise nicht allzuviel los, Gegenüber aber vernahm er mehrere Gruppen sich tummelnder Menschen.
Grillend, lachend, schwimmend oder Fußball spielend belebten sie die ausgedehnte Grünfläche direkt unter dem kleinen Damm.
Die Sonne stand nun am höchsten Punkt, als die beiden gerade getrocknet ihre Sachen zusammen packten.
„War geil, was?“ fragte Noel Jason und gab ihm ein High Five zur Bestätigung.
„Aber sowas von…“
Ein schlimmer, gellender Schrei hallte über den See, irgendwo aus der Gruppe gegenüber.
Noel blickte auf, sah die Menschentraube auseinander stieben und versuchte in dem Wirrwar etwas auszumachen.
„Dad?“ Jason zupfte ängstlich an Noels Shirt. „Dad, was ist los?“
Noel kniff die Augen eng zusammen, für seine jungen Jahre schon mit Krähenfüßen umrandet, versuchte er sich Überblick zu verschaffen.
Die Menge lichtete sich und er sah etwas, das er sich nicht direkt erklären konnte. Besser gesagt WOLLTE er sich nicht recht erklären. was er da sah.
„Jason?“ Er packte ihn unsanft am Arm, ohne den Blick von der anderen Seite zu nehmen. „Jason, wir müssen los.“
„Daddy? Was hast du?“
Jason bekam ohne Antwort nur noch mehr Angst.
Schreiende Menschen rannten wie Ameisen auseinander, weg von der Ursache, der Herkunft des Schreis
So schnell er kam, so abrupt verstummte er.
Noel konnte wirklich nicht erkennen was genau da drüben vor sich ging. Er sah nur, dass zwei Frauen auf einer anderen, wahrscheinlich männlichen Person lagen.
Und Blut, sehr viel Blut
„Zum Auto, los!“ befahl er in einem gefassten ruhigen Ton.
Es schrieen immer mehr Menschen auf.
Männer, Frauen, ja sogar Kinderschreie nahmen die beiden wahr.
Vater und Sohn ließen alles liegen und stürmten los.
Der Parkplatz war nur zwei Minuten zu Fuß weg.
Sie mussten dazu über eine asphaltierte Straße, die in diesem Badebereich zum Glück auf eine fünfziger Zone beschränkt war.
Weiter vorne begann der Campingplatz. Dort stand das Auto. Noel lief dicht hinter Jason, spornte ihn an und blieb stehen.
Wie gefesselt starrte er in eine Richtung. Jason blickte Ihn Hilfe suchend an.
„Dad, was ist los? Bitte, was passiert hier?“
Noel starrte auf das Anmeldehaus des Platzes, eher ein bescheidenes Lokal. Im inneren brach die Hölle los.
Der Wirt stand mit aufgerissen Augen wie angewurzelt da, starrte auf seine Gäste, die sich gegenseitig angriffen.
Seltsame, markerschütternde Laute drangen hinter den dünnen Glasscheiben hervor. Grunzend und keifend besprangen ein paar Männer einen anderen Jungen, etwa in Jasons Alter.
„Fuck fuck fuck, ins Auto, Jason“ schrie Noel und drückte dabei auf den Schlüssel, um die Tür zu öffnen.
„Alles ist gut, Großer", wollte Noel ihn beruhigen.
„Alles in Ordnung. Wir fahren jetzt nach Hause zu Mum. Alles wird gut!“
Noel hämmerte den Rückwärtsgang ein, Gas und Kupplung wechselten zeitgleich die Richtung und Kies sprühte wie Funken von den Vorderreifen.
„Scheiße, DAAAAD!“ schrie Jason und eine Sekunde später krachte das Gesicht einer älteren Frau gegen die Beifahrerscheibe.
Mit einem Irren Blick fixierte sie den Jungen und rannte grölend und mit zerfetzter Nase dem Auto hinterher, als Noel das Pedal durchtrat.
„Verdammt, Paps, war ist hier los?“
Jason sah verängstigt aus. Er starrte erschrocken auf die mit Blut verklebte Scheibe. Kein Wunder. Für Noel selbst war alles surreal, was er gerade sah.
„Hey, versuch ruhig zu bleiben, bitte!“
Jason rutschte nervös auf der Rückbank herum.
„Machst du bitte das Radio an?“
„Klar, klar“, sagte Noel geistesabwesend.
<….keine bestätigten Hinweise, doch irgendetwas geht hier vor auf den Straßen…“>
Dröhnte es aus dem Autoradio.
<… unbestätigten Aussagen zufolge scheinen Menschen von einer Art Tollwut befallen zu sein…
… kann niemand Genaueres sagen, wir halten Sie auf dem Lau…>
„Papa, was ist da los?“
Jason, der auf dem Beifahrersitz Platz nahm, hatte Tränen im Gesicht.
fragte sich Noel.
„Paps???“
Noel wusste nicht, was er sagen wollte.
Neben der Straße befand sich eine alte Scheune und stand in Flammen.
Noel blickte auf sie und flüsterte: „Verdammt, das ist Herrn Schmitts alte Mühle… Ich hoffe, er schaffte es noch raus!“
Jason blickte dem Anwesen nach. Feuer spie wie aus einem Drachenmaul heraus und loderte aus den Fenstern, das ganze Haus stand lichterloh in Flammen.
„Papa? Ich hab Angst. Wirklich!“
Noel nahm ihn so gut es ging in den Arm, steuerte die Straße auf eine Kreuzung zu.
Sirenen der Polizei donnerten vorbei. Zwei, dann drei, nein VIER Wagen schossen vor dem Van entlang.
„Das ist unser Weg, verdammt", keuchte Noel aus seiner rauchigen Stimme heraus und folgte Ihnen.
Das Radio krächzte wieder <…sind dabei weitläufige Areale zu evakuieren. Laut unseren…> Ein Rauschen folgte < mit einem Virus zu tun zu haben…>
„Scheiß Empfang", fluchte Noel.
Eine Anhöhe später blickten Vater und Sohn auf ein Szenario, welches sie nie vergessen würden…
Wie ein vereister Fluss aus Blech schlängelten sich die schimmernden Dächer und Scheiben hunderter Autos die Landstrasse hinab.
Ein Hubschrauber ratterte dicht und ohrenbetäubend über Ihre Köpfe hinweg auf Mannheim zu.
„Jason…“
Noel wusste nicht wirklich weiter…
„Jason… versuch ruhig zu bleiben. Alles wird gut!“
Die Sonne brach sich durch die verschmierte Windschutzscheibe des Vans und machte es schwer die Übersicht zu behalten.
„Jason, halte dich jetzt gut fest!“
Mit quietschenden Reifen bretterte Noel los.
Er schoss über den Seitenstreifen, Vorbei an allen haltenden Autos.
„Wir fahren jetzt zu Mum, okay?“ rief er seinem Sohn zu.
Jason nickte nur und klammerte sich zitternd am Sitz und der Seitentür fest.
Der Van war viel zu schnell unterwegs. Noel konnte beobachten, wie immer mehr ungeduldige Menschen aus Ihren Autos stiegen um sich eine bessere Übersicht der Lage zu machen.
Ein Lichtblitz am Horizont lenkte Noels Blick ab, darauf folgte eine riesige Explosion irgendwo in der Mannheimer Innenstadt. Ein orangeschwarzer Feuerball rollte sich bedrohlich über den Dächern aus, gefolgt von einem lauten, donnernden Knall.
Im selben Augenblick sah Noel nur noch, wie eine Beifahrertür vor Ihm aufschwang.
Er war zu schnell. Die Frau, welche auf die Strasse trat, knallte zuerst mit dem Hinterkopf auf die Frontscheibe, Glas knackste unter der Wucht.
Die goldene Tür des alten Mercedes wirbelte wie Papier durch die Luft auf das anliegende Feld.
Jasons Schreie verstummten, als sein Vater die Bremse aufs Blech durchtrat.
Gleich einer Marionette ohne Spieler flog die Frau mehrere Meter durch die Luft.
Sie war tot, noch ehe sie auf dem Asphalt aufschlug
Noels Auto geriet ins Schleudern und die Böschung kam mit viel zu hohem Tempo auf sie zu.
Ein dumpfes Kratzen ertönte beim Kontakt mit der Anhöhe und der Van hob ab. Rückblickend kam es Noel so vor, als stoppte die Zeit während des Fluges für einige Sekunden.
Das schwere Auto kippte zur Seite, hunderte Glassplitter zogen wie funkelnde Diamanten durch den Innenraum und Noel fühlte für einen Augenblick Schwerelosigkeit in seinem Körper.
Obwohl das alles nicht länger als ein paar Sekunden dauern konnte, griff er instinktiv nach Jason und drückt ihn mit seinem Arm in den Sitz.
Wie ein Fels schlugen sie mit dem Dach voran in den sandigen Boden ein und es wurde dunkel um Noel herum.
Langsam erlangte er sein Bewusstsein zurück. Er hatte keine Ahnung, wie lange er weggetreten war.
Seine Ohren vernahmen neben einem ständigen Dauerpfeifen die Umwelt nur dumpf wahr.
Kopfüber hing er im Gurt, das Blech sehr nah an seinen Kopf eingedrückt.
Oben war nun unten und unten war oben.
Seine ersten Gedanken galten seinem Sohn. Dieser hing leblos in seinem Sitz und Blut tropfte aus seinen Haaren auf den Innenbezug des Dachs.
Geistesabwesend und umhüllt von undefinierbarem Getöse außerhalb des Wracks schnallte Noel sich ab und knallte unsanft auf den Boden.
„Hey! Jason, Großer.“
Er schaute sich seinen Sohn an, die Wunde war nicht schlimm. Sie blutete nur sehr stark wie alle Kopfverletzungen.
„Schatz, komm schon, wach auf!“
Er rüttelte sanft an dem Jungen und Jason wachte auf.
„Was…. Was ist passiert?“
Sein Sohn schien mindestens genauso benommen zu sein wie er selbst. Der Aufschlag war alles andere als gemütlich gewesen.
„Wir hatten einen Unfall. Ich schnalle dich jetzt ab, halte dich an mir fest.“
So gut es ging hielt er sein Kind fest und löste den Gurt.
Glasscherben knirschten unter den Knien, als sie aus dem Auto krochen.
„Bleib dicht bei mir, Junge!“ Noel beruhigte ihn so gut es ging, kniete sich vor ihn und schaute genau nach ob noch andere Verletzungen zu sehen waren.
„Mein Fuß", quengelte Jason mit verzerrtem Gesicht. „Ich kann nicht auftreten.“
„Okay, komm her.“
Noel stand auf und hob ihn auf seine Arme.
Laute Rufe und ängstliche Schreie vermischten sich zu einem Klang des Grauens.
Die Landstraße war überfüllt von panischen Gesichtern, die voller Angst voreinander flüchteten.
Noel konnte nicht unterscheiden, wer von wem verfolgt wurde, sicher war nur, dass einige begannen durchzudrehen.
Menschen griffen ohne Grund andere an, stürzten sich auf sie und bissen zu.
Eine junge Frau stolperte zwischen den Autos, worauf sich ein schreiender Mann auf sie stürzte und sich mitten in Ihrem Gesicht festbiss.
Kreisten in Noels Kopf umher.
„Halt dich gut fest, mein Junge!“
Weiter hinten lag ein Stück Wald, nicht sehr groß, vielleicht etwa zwei Fußballfelder lang.
Sie mussten sich in Sicherheit bringen, weg von der Straße, weg von der Menschenmenge.
Noel rannte mit seinem Sohn im Arm vorbei an dem Autowrack und hin zu den Bäumen.
Vorsichtig ließ er Jason hinunter und lehnte ihn an einen Stamm.
Er musste wieder ohnmächtig geworden sein.
„Hey, wach auf. Bitte", versuchte er ihn zurück zu holen.
„Jason!“ doch der Kleine rührte sich nicht.
Ein Anflug von Panik kam über Noel. Er musste sich hinsetzen, ausruhen. Wenigstens für fünf Minuten.
Dann war es Nacht.
Noel schrak auf. Nach Luft schnappend bäumte sich sein Körper nach vorne, als wäre er aus einem schlimmen Alptraum erwacht.
War sein erster Gedanke. Doch alles war in Ordnung. Oder wie auch immer man das nennen konnte. Sein Sohn saß immer noch an den Baum gelehnt da, mit dem Kinn versenkt auf der Brust.
Die Platzwunde hatte inzwischen aufgehört zu bluten, aber die Haare und das Gesicht waren verschmiert und verkrustet.
Mit der Hand prüfte er seine Stirn.
„Verdammt", sprach Noel seine Angst aus. Jason hatte Fieber.
Dieser murmelte irgendetwas vor sich hin, stöhnte im Schlaf und zitterte am ganzen Leib.
Noel sah sich um, suchte mit zusammengekniffenen Augen die nähere Umgebung ab.
Nicht einmal die Lichter der Stadt konnte er sehen.
Mit Jason auf seinen Armen schlug er eine Richtung ein.
Das Stück Wald war nicht besonders groß, so konnte kein Weg der falsche sein.
Nur war es seltsam still um die beiden herum. Fast so, als wäre der vorherige Tag nie gewesen.
Wenn Noel nicht im Wald, sondern zu Hause erwacht wäre, hätte er alles als einen bösen Alptraum abgetan.
Sie erreichten das Ende der Waldinsel und langsam wurde es heller. Der Vollmond brach durch die dünne Wolkendecke, der Erdtrabant hüllte die Felder und Hügel in sanftes Blau. Am Horizont sah man die Silhouette Mannheims, jedoch musste der Strom ausgefallen sein. Die einzigen Lichtquellen waren Brände, die wie tanzende, böse Geister durch die Schluchten flammten.
Sirenen von Krankenwagen, Feuerwehr und Polizei erklangen kaum hörbar zu einem düsteren Orchester einer gefallenen Stadt.
Waren Noels Gedanken und schaute zur Landstraße, am Tag noch der Schauplatz beispiellosen Chaos.
Dort standen Hunderte, dicht an dicht, in einem Stau, der sich niemals auflösen würde.
Nur schien es unmöglich sich von dort ein Auto zu nehmen. Es gab kein Durchkommen.
Schüsse gesellten sich zur Klangkulisse der untergehenden Stadt und Noel wurde klar, dass diese Richtung die falsche war.
Zurück nach Hause waren es mindestens sieben Kilometer oder mehr. Und das nur mitten durch Mannheim hindurch. Ein Umgehen bedeutete etwa fünf Kilometer mehr. Noel wurde klar, dass dies mit Jason auf den Armen fast nicht zu schaffen war. Zudem es um seinen Sohn alles andere als gut stand.
Er nahm den Weg zurück zur Straße hin. Sie mussten es nur bis zum Anfang des Staus schaffen, ein Auto mit Schlüssel finden und hier abhauen.
Bis auf die tobende Stadt war es still um sie herum. Die Straße war wie ausgestorben.
Und das im wahrsten Sinne. Noel hievte sich mit Jason im Arm über die Leitplanke und blieb stehen.
Alle paar Meter lagen schrecklich verstümmelte Menschen. Geronnenes Blut verteilte sich auf und in den Autos.
Frauen und Männer, wenn sie noch als solche zu erkennen waren, lagen auf dem Boden, halb aus offenen oder zersprungenen Fenster heraus und unter den Autos.
Vorsichtig und mit stetigem Blick auf seine Füße, schlängelte sich Noel durch diesen blechernen Friedhof.
Die Warnblinkanlage eines Jeeps, welcher halb auf dem Kofferraum des vorderen Autos auflag, tauchte diese Bühne des Grauens in fahles, orangefarbenes Licht.
Als der Friedhof aus Wracks und Leichen immer weniger wurde, strahlte von weiter weg ein grelles Scheinwerferlicht auf.
Noel musste seine Augen zusammenkneifen, um nicht geblendet zu werden.
„Hey! Hey! Hier drüben", machte Noel auf sich aufmerksam
„Hier, wir brauchen Hilfe!“
In etwa zwanzig Meter Entfernung kam ein Jeep zum Stehen und schaltete das Fernlicht auf Abblendlicht um.
Dachte Noel erleichtert
„Gott sein Dank. Hören Sie, wir brauchen Hilfe. Ich, mein Sohn… Er, er hat Fieber…“,
versuchte Noel zu erklären.
„Wissen Sie, was zum Teufel hier los ist?“
Die Türen öffneten sich und zwei Uniformierte traten auf die Straße.
„Hören Sie. Wir waren die ganze Zeit im Wald, haben uns versteckt… Ich muss eingenickt sein und jetzt…“
Noel wurde schnell unterbrochen und blickte plötzlich in die Gewehrläufe der Männer.
„Stehen bleiben. Sofort!“ befahl es durch den Lichtschein hindurch.
Noel trat langsam näher: „Bitte, mein Sohn. Wir hatten einen schweren Unfall.“
„Stehen bleiben, sagte ich.“ Das scharfe Klicken der Sicherung untermauerte die Drohung.
„Zwei Zivilisten geortet, Herr Feldwebel", sprach einer der beiden in ein Funkgerät. „Wie sollen wir vorgehen?“
Noel stand entsetzt da und bat nochmals um Hilfe: „Bitte, er ist seit gestern Mittag bewusstlos, er hat Fieber. Ich weiß nicht was ich….“
Der Mann sprach zu Noel, während der andere weiterhin mit dem Gewehr auf ihn zielte: „Bleiben Sie ruhig. Keine falsche Bewegung.“ Und dann wieder ins Funkgerät: „ Aber Herr Feldwebel, er hat ein Kind dabei."
Eine kurze Pause, dann: „Verstanden, Herr Feldwebel!“ Und beendete die Kommunikation.
Noel riss seine Augen weit auf: „Bitte, egal was Sie denken. Wir sind nicht krank. Wir hatten nur einen Unfall. Bitte.“
Als der Soldat die Waffe nach oben zog, drehte sich Noel weg, um seinen Sohn zu schützen.
Mehrere Schüsse fielen. Der Vater spürte zwei Bisse in seinem Arm, einen im Bein und stürzte zu Boden.
Er musste mit ansehen, wie Jason hart auf dem Boden fiel. Flehend schaute er auf die zwei Soldaten, die näher kamen, als zwei weitere Schüsse nacheinander in ihren Köpfen einschlugen.
Sie sackten leblos in sich zusammen.
Eine Gestalt stand mit einem rauchenden Colt schweigend neben der Straße.
„Jason!!! OH GOTT, JASON!“ schrie Noel und kroch zu Ihm.
„Papa… Papa, es tut so weh.“ Jason war getroffen. Mehrere Schüsse in den Oberkörper tränkten sein Shirt in ein tiefes Schwarz.
Noel nahm seine letzte Kraft zusammen, kniete sich hin und hob ihn auf seinen Schoß.
„Hey, Großer…“ Tränen rannen über Noels Gesicht. „Ich weiß, dass es weh tut, aber wir müssen weiter. Komm schon, Jason… Tu mir dass nicht an…“ Er versuchte mit Jason aufzustehen, doch dessen Schmerzen waren zu stark.
„Papa, es tut so weh… Paps…“ Jason krampfte in sich zusammen, dann hörte er auf zu atmen.
Noel spürte klebriges Blut durch seine Hände fließen, warf seinen Kopf zurück und schrie in die Nacht.
„Komm", sagte eine bekannte Stimme, legte seine Hand auf den Vater und kniete sich hin.
„Deine Zeit zu trauern wird kommen. Doch wir müssen los.“