Der Hellenismus und der Aufstieg Roms (Fischer Weltgeschichte Bd. 6)Dieser Band umfasst das dritte Jahrhundert vor Christus nach dem Tod Alexanders des Großen bis zum Ende des Zweiten Punischen Kriegs.
Hellenismus ist eines der Buzzwords einer angeblich multikulturellen Geschichte Europas und Westasiens nach dem Tod Alexanders, in Wirklichkeit begannen sich seine Generäle (Diadochen) sofort heftigst zu bekriegen und für die Bevölkerung von Griechenland bis zum Tigris war es eine bittere Zeit, in der sie von den jeweiligen Armeen ausgesaugt wurden. Auch von einer Verschmelzung der Kulturen ist wenig zu erkennen. Das berühmte Alexandria in Ägypten wurde zu einer Stadt, die von Nicht-Ägyptern bewohnt wurde und die sich von der ägyptischen Bevölkerung, vor allem den armen Bauern, den Fellachen, durchfüttern ließ. Ähnlich im Zweistromland, griechische Siedler lebten in eigenen Stadtvierteln unter eigener politischer Struktur und Rechtssprechung, während Mesopotamien selbst verarmte und an Bedeutung verlor. Die Großstrukturen Westasien (Seleukiden), Ägypten (Lagiden) und Griechenland/Makedonien (Antigoniden) bekriegten sich und entwickelten sich mehr oder weniger unabhängig. Bemerkenswert ist, dass sich in den städtischen Gebieten trotz aller Widrigkeiten die Wissenschaft weiterentwickeln konnte. Meist in griechischen Gründungen oder Enklaven. Wobei angemerkt werden muss, dass gerade die Städte aufgrund der Versorgung des Militärs durchaus Kriegsgewinner waren im Gegensatz zur ländlichen Bevölkerung. Der Handel selbst war sehr unsicher, da mit Plünderungen auf dem Landweg und Piraterie auf den Meeren gerechnet werden musste. Tod oder Versklavung war das Schicksal der Opfer.
Gleichzeitig begann der Aufstieg der Römischen Republik in Italien, eigentlich eine Kette von Zufälligkeiten. Die sog. Bergvölker werden unterjocht, Rom orientiert sich nach dem Süden mit den griechischen Städten, der Norden Italiens ist von den Galliern okkupiert. Der Widersacher Pyrrhos, der ein hellenistisches Süditalien mit dem Zentrum Tarent anstrebt, wird militärisch besiegt (durch eine Frau im griechischen Argos mit einem Ziegelstein fast erschlagen und von einem verteidigenden Soldaten enthauptet), wonach als Konkurrenten die Karthager (Punier) bleiben. Im Ersten Punischen Krieg wird Sizilien von den Karthagern gesäubert, der Angriff Hannibals über die Alpen, der ihm viele Soldaten und ihm selbst ein Auge gekostet hat, mäandert schließlich in Italien herum. Dass der militärische Jungstar Scipio schließlich erfolgreich Karthago selbst angreift, ist kein republikanisches Unternehmen (der Senat unterstützt ihn nicht), sondern sein Unternehmen wird von Privatleuten finanziert.
Eigentümlich sind zwei Berichte von schrecklichen Opfern in Rom vor Kriegshandlungen, bei denen jeweils ein gallisches und ein griechisches Paar lebendig begraben wurde, um die Götter milde zu stimmen.
Abgerundet wird das Werk duch die Geschichte von kleineren Völkern, darunter das zersplitterte Arabien, wo der Ost-West-Handel Quelle eines gewissen Reichtums war, und das zersplitterte Judentum, bei dem sich die Makkabäer bei einem Aufstand durchsetzten, wodurch aber auch eine religiöse Unduldsamkeit, wie es genannt wird, zu einer Hauptströmung wurde: Andere Götter wurden nicht akzeptiert, deren Anhänger verfolgt. Damit sei eine Tradition der Intoleranz geboren worden, die für lange Zeit das Christentum prägte und bis heute im Islam zu finden sei.
Insgesamt eine sehr datailierte und anregende Lektüre, auch wenn gewissen Begrifflichkeiten ("Rasse" statt "Ethnie" zum Beispiel) mittlerweile ungewöhnlich klingen, auch wenn sie neutral gemeint sind und die internationalen Autoren sich sehr ablehnend gegen zeitgenössische Nationalismen äußern.