Mir kommt der Zeuge, der sie zuletzt gesehen haben will, ein bisschen verpeilt vor. Fünf oder sechs Tage nachdem Inka Köntges als vermisst gemeldet wurde, hat er ein Foto von ihr in der Zeitung gesehen und sich dann gemeldet.
Von der großangelegten Suchaktion seiner Polizei-Kollegen hat er irgendwie nichts mitbekommen, von den zahlreichen Suchplakaten an seinem Weg zur Arbeit offensichtlich auch nichts. Klingt für einen Polizisten etwas desinteressiert.
Seine Angaben kommen mir etwas überspezifisch vor: er hätte sie gefragt ob sie an der Hochschule arbeite (warum eigentlich nicht, ob sie dort studiert?), und er sei nicht vom Rad gestiegen (KripLive) - So nach dem Motto: Ja, es war ganz sicher Inka Köntges, und nein, ich hab sie nicht angefasst.
Dieses Überspezifische könnte aber auch im Wissen begründet liegen, dass er als jemand, der sie zuletzt (lebend) gesehen hat, generell erstmal auch "verdächtig" ist.
Ich nehme an, dass sich
die möglichen Fahrtwege aus der Zeugenaussage ergeben. Wenn die nicht stimmt, hätte sie auch ganz woanders lang fahren können.
Dennoch: sie hatte grundsätzlich zwei Möglichkeiten: untenrum, oder - wie vermutlich an diesem Tag - obenrum.
Wenn sie obenrum fuhr - egal welche genaue Strecke sie dabei wählte - an der Stelle, an der sie nach dem Weg fragte, wäre sie dann immer vorbeigekommen. Wenn sie nicht an diesem Tag das aller erste mal obenrum fuhr, müsste ihr diese Stelle schon irgendwie bekannt vorgekommen sein.
So richtig leuchtet es mir nicht ein, warum sie dort nach dem Weg gefragt haben soll.
Gut, vielleicht hat sie sich verfahren, und der Zeuge war neugierig und unhöflich genug, eine junge Frau, die zu einer Hochschule will, zu fragen, ob sie dort
arbeitet.
Oder Inka Köntges wollte einen Zeugen haben, der sie eindeutig anhand der Verbindung Hochschule-Arbeit identifizieren kann, und hat diese Info selber ins Gespräch einfließen lassen.
Wenn sie untertauchen wollte, könnte das dann eine von ihr bewußt falsch gelegte Fährte sein, um das Augenmerk auf ein Verbrechen zu lenken - und um ihren Ehemann vor einem Tatverdacht zu schützen.
Interessant war ja, dass die in der NDR2-Serie interviewten Freunde und Bekannten ein Untertauchen nicht gänzlich ausschließen wollten (häufig wird ja grade von Freunden so eine Möglichkeit kategorisch ausgeschlossen) - was sie sich aber nicht vorstellen konnten, war, dass Inka Köntges ein Verbrechen vortäuscht.
Aber wäre der Versuch, ihren Ehemann vor Verdächtigungen zu schützen nicht etwas, was dann wiederum auf eine führsorgliche, gutmütige Frau passen würde?
(Dass eine Person, die konsequent und kategorisch lebt auch konsequent und kategorisch untertaucht, halte ich grundsätzlich für möglich.)