Wo ist Liesa Schulte
10.11.2012 um 01:56Woher erkennt man einen potentiellen Mörder im voraus? Könnte man dies,würde es solche nicht geben
WERL - Die exakte Todesursache der 23-jährigen Liesa Schulte aus Westönnen steht auch sechs Wochen nach dem Fund der Leiche nicht fest. Das hat der ermittelnde Arnsberger Staatsanwalt Thomas Poggel auf Anfrage bestätigt.Quelle: http://www.soester-anzeiger.de/nachrichten/kreis-soest/werl/liesa-schulte-werl-westoennen-suche-nach-todesursache-wurde-junge-frau-erwuergt-2655195.html
Angesichts der erdrückenden Beweislast wird das zwar eine Anklage-Erhebung gegen den dringend tatverdächtigen Richard O. nicht vereiteln. Allerdings wären die Ermittler schon froh, wenn sie an diesem Punkt Rechtssicherheit besäßen.
Weil eine solche, gutachterlich gestützte Aussage ein wichtiger Bestandteil der Indizienkette wäre. Der Sachverständige hatte die Leiche der jungen Westönnerin unmittelbar nach dem grausamen Fund untersucht. Seine Einschätzung hatte er damals spontan geäußert und inzwischen auch schriftlich formuliert: Danach gebe es „Anzeichen, dass Liesa Schulte erwürgt wurde“. Das deutet in eine klare Richtung, doch weiß niemand, wie ein Gericht dies im Prozess einstuft. Daher sind nun „ergänzende Untersuchungen in Auftrag gegeben worden“, sagt Poggel. Natürlich ist es schwer, an einer Leiche, die ein halbes Jahr in einem Waldstück gelegen hatte und teilweise skelettiert war, sichere Hinweise auf die Todesursache festzustellen.
Alle weiteren Untersuchungs-Ergebnisse liegen mittlerweile vor. Sie erhärten im Wesentlichen Erkenntnisse, die der Staatsanwaltschaft schon vorlagen. Allerdings wiesen die Experten im Kofferraum des vom Ex-Freund angemieteten VW Polo Haare von Liesa Schulte nach. Das gilt als sicherer Beweis dafür, dass die junge Frau sich in diesem Kofferraum befunden haben muss. Dass sie das nicht freiwillig tat, ist selbstverständlich. Und es konkretisiert die Verdachtsmomente gegen O., weil im Kofferraum zudem Leichenspürhunde angeschlagen hatten (wie seinerzeit berichtet).
Auch die Handydaten des Ex-Freundes sind mittlerweile ausgewertet. Sie liefern den Beweis dafür, dass der 24-Jährige erstens am fraglichen Abend in Werl war und er zweitens nicht, wie anfangs behauptet, mit dem Zug gefahren war.
Hier werden die Staatsanwälte in ihrer Anklageschrift massive Ansatzpunkte haben. O. nämlich hatte zunächst versichert, er sei aus Essen mit der Bahn nach Westönnen gekommen, um Liesa ein letztes Mal treffen zu können. Danach habe die junge Frau ihn zur Autobahn-Auffahrt „Werl-Süd“ der A 44 gefahren, von wo aus er zurück ins Ruhrgebiet getrampt sei.
Die Anklagevertreter gehen davon aus, dass O. diese Version möglichst lange aufrecht erhalten wollte – in der Hoffnung, bis dahin verliere sich die Spur zu jenem VW Polo, den er, noch dazu auf den Namen seines Bruders, angemietet hatte. Wäre dieser Wagen nicht entdeckt worden, täten sich die Ermittler schwer, O. des Mordes an Liesa anzuklagen. Nun aber dreht sich die Geschichte gegen den Afrikaner. Dass Liesas Leiche zudem in Essen, der Heimatstadt des Mannes, verscharrt wurde, macht seine Lage nicht besser.
Der Beschuldigte übrigens wird bis zum Prozessbeginn keine Angaben machen, wie einer seiner Anwälte der Staatsanwaltschaft übermittelt hat. Erfahrene Juristen überrascht dies nicht. Den günstigen Zeitpunkt für ein mögliches Geständnis habe O. längst verpasst, sagen sie. Spekuliere er angesichts der starken Indizien auf ein vergleichsweise erträgliches Urteil, wäre ein Geständnis taktisch jetzt erst wieder zu Prozessbeginn klug, wissen die Juristen.
Dass er Anklage gegen Richard O. erheben werde, sei sicher, sagt Staatsanwalt Thomas Poggel. Einzig der Zeitpunkt ist noch offen. O. hatte bis Ende November eine Strafhaft verbüßt; seither wird die Untersuchungshaft fortgesetzt. - Matthias Dietz