Prozess im Fall Liesa Schulte mit vielen Konjunktiven
WERL/ARNSBERG ▪ Zeugen und Sachverständige benutzten am zweiten Prozesstag im Fall Liesa Schulte vor dem Landgericht Arnsberg häufig den Konjunktiv. Es gab viele Vermutungen und Theorien und wenig Gewissheiten. Dienstag wird der Prozess fortgesetzt.
Bei einigen Details ist zudem nicht klar, ob sie etwas mit dem Fall zu tun haben. Ein Beamter der Spurensicherung berichtete etwa ausführlich über die Untersuchung des Twingos von Liesa Schulte. Das einzig Auffällige sei eine große Wischspur gewesen, die sich fast über die gesamte Fahrerseite gezogen habe. Diese Spur war auch schon Liesas Mutter aufgefallen, als sie den Wagen am 17. April 2012 an einem Feldweg in der Nähe der Autobahnauffahrt Werl-Süd gefunden hatte. Für den Mann von der Spurensicherung sah es so aus, als hätte hier jemand mit einem feuchten Tuch über das Blech gewischt. Untersuchungen des verwischten Straßendrecks hätten ergeben, dass wohl eine Zuckerlösung im Spiel gewesen sei. Doch die finde sich in allen möglichen Flüssigkeiten, zum Beispiel in Limonade. Doch ob diese Spur in irgendeinen Zusammenhang mit dem Tod von Liesa Schulte steht, ist unklar. Spuren des Beschuldigten Richard O. wurden an dem Twingo keine gefunden. Flecken, die auf den ersten Blick nach Blut ausgesehen hatten, stellten sich später als Getränkereste heraus.
Bei der Untersuchung des Polos, mit dem Liesa Schulte laut Anklage von Werl nach Essen transportiert worden sein soll, stießen die Polizeisachverständigen eher zufällig auf eine Besonderheit. Unter dem Einsatz von Luminol, mit dem die Experten eigentlich nach Blutspuren suchten, leuchtete ein Teil des Kofferraumbodens flächig auf. Das könnte darauf hindeuten, dass hier mit einem flüssigen Reiniger gearbeitet worden ist, so der Polizeibeamte. Allerdings könne man das nicht beweisen und auch keinen zeitlichen Zusammenhang herstellen. Bei Mietwagen sei eine Reinigung auch nicht unüblich.
Ausführlich erläuterten die Spezialisten, wie sie den Kofferraumboden für die Untersuchung abgesaugt und Teile herausgeschnitten haben. Das Problem bei den aufgesaugten Partikeln und dem „Klopfgut“ aus den Bodenstücken: Es lassen sich Liesa Schulte und dem Beschuldigten zwar DNA-Merkmale zuordnen, aber aufgrund der Tatsache, dass das Material durchmischt ist, gibt es auch hier keine Gewissheit, das die Spuren tatsächlich von ihnen stammen. Viele Spuren im gesamten Polo wurden wiederum von einer bislang unbekannten Person gefunden.
Auch die morphologische Untersuchung eines Haares gab keine letzte Gewissheit: Das Problem hier: Das Vergleichshaar von Liesa Schulte war 43 Zentimeter lang, das gefundene Haar vier Zentimeter. Der Experte des LKA Düsseldorf hat in dem längeren Haar einen Abschnitt gefunden, der von Struktur und Farbe zu dem Fundhaar passt. Aber auch hier gilt: Gewissheit, dass das Haar zu Liesa Schulte gehört, lässt sich daraus nicht ableiten. Die könnte die DNA-Analyse zweier Haare bringen, die samt Wurzel gefunden wurden, und später noch Thema im Verfahren sein werden.
Auch die Aussage des Hundeführers, der mit seinem Spürhund „Dr. Watson“ die Umgebung des Twingos nach Liesa Schulte abgesucht hatte, gab höchstens Anlass zu Spekulationen. Der Hund habe sich kurz Richtung Neheimer Straße orientiert, aber schnell die Lust verloren. Demnach sei ein fußläufiges Entfernen Liesa Schultes von ihrem Auto unwahrscheinlich. Auszuschließen sei dies im Umkehrschluss aber nicht.
Die öffentliche Verhandlung vor dem Landgericht Arnsberg wird am 28. Mai ab 9.15 Uhr fortgesetzt. Unter anderem wird der Polizeibeamte aussagen, der die Leichenfundermittlungen in Essen durchgeführt hat. Auch der Führer des Leichenspürhundes, der im Polo angeschlagen hatte, ist geladen. Als Zeuge ist der Leiter der Jugendherberge in Essen geladen, die unweit des Leichenfundorts liegt. Das Gericht möchte zudem drei Zeugen hören, die den Twingo in der Tatnacht gesehen haben. Auch Liesa Schultes Mutter könnte zum Auffinden des Twingos nochmal befragt werden.
Quelle:
http://www.soester-anzeiger.de/lokales/werl/prozess-liesa-schulte-werl-westoennen-vielen-konjunktiven-dienstag-fortsetzung-landgericht-2922559.html