Uiiii, vorsicht lang. Zum Hundeführer und dessen Aussage:
Am 29.8.2006 erhielt ich dann von Genmjr Koch dem Auftrag, den Hundeführer P. zu Hause aufzusuchen, um mit diesem über den damals vorgelegten Aktenvermerk des SB Wien (vom 14.4.1998/F.) zu sprechen." (7)
Chefinspektor Andreas Kummer ruft Hundeführer P. am Diensthandy an. P. erinnert sich: „Der Anrufer drängte auf ein Treffen, das noch am selben Tag stattfinden sollte. Es gäbe Sachen, die dringend zu besprechen wären." (8) P. beugt sich dem Druck. „Ich brach unseren Besuch in Wien ab und fuhr zusammen mit meiner Frau und meinen zwei Kindern nach Hause. Um 20.00 Uhr kamen dann zwei Beamte, von denen ich den Kollegen Scheibstock Thomas [...] persönlich kannte, zu mir nach Hause." (9)
Die beiden Beamten sind die Chefinspektoren Andreas Kummer und Thomas Scheibstock von der SOKO Kampusch. Kummer gibt in seiner späteren Befragung zu, dass der nächtliche Besuch keiner Einvernahme galt. „Die näheren Hintergründe für diesen speziellen Auftrag sagte mir Genmjr Koch nicht, er sagte aber klipp und klar - auf meine Frage hin - dass wir keine Niederschrift aufnehmen müssen." (10) P. bestätigt das in seiner Einvernahme:
„Frage: Fand im Zuge dieses Gesprächs eine formelle Befragung als (damals) Auskunftsperson statt bzw. wurden Ihnen konkrete Fragen zu Ihrem damaligen Hinweis gestellt?
Antwort: Nein, überhaupt nicht." (11)
Chefinspektor Andreas Kummer bestätigt P.s Angaben: „Ich habe Christian P. dann ebenso noch mitgeteilt, dass wir (SOKO Kampusch) keine weiteren Tätigkeiten mehr in dieser Sache (Hinweis) machen würden, ich hätte lediglich den Auftrag bekommen, allgemein mit ihm darüber zu sprechen." (12)
Die Beamten der SOKO interessieren sich nicht für die Spur zum Täter. Sie haben nur einen Auftrag: P. muss am Reden gehindert werden. Niemand soll erfahren, dass die Polizei gepfuscht und der SOKO-Chef gelogen hat.
Gemeinsam mit P.s Frau setzen sich die Beamten an den Esstisch. P. fragt, was die beiden wollen. Kummer antwortet: „Bitte sag nichts, zu keinem was, sonst können wir zusperren" (13). P. erinnert sich so genau, dass er zwei Jahre später vor der SOKO Vorarlberg den Satz in direkter Rede wiedergibt. „Dieser Satz ist mir heute noch gut erinnerlich. Der 2. Beamte erwähnte weiters, dass eben Pannen passiert seien, die innerbetrieblich aufgeklärt werden müssten. Ich wusste gar nicht, was da eigentlich abgeht und das Ganze war sehr mysteriös. Für mich kam dieses Ersuchen der beiden ganz klar als Weisung zum Ausdruck, dass ich - ich betrachte die beiden als fachlich Vorgesetzte, sie waren SOKO-Kampusch-Beamte - in dieser Sache der Amtsverschwiegenheit unterliege." (14)
P.s Frau Annabella arbeitet als Revierinspektorin ebenfalls bei der Polizei. Sie bestätigt bei ihrer Einvernahme die Aussage ihres Mannes. Zuerst sei über „Belangloses" gesprochen worden. „Dann kamen sie zur Sache. Wir sollten über diesen Sache, über diesen Hinweis meines Mannes (schon im April 1998) nichts sagen, es sollte insbesondere nicht an die Presse gelangen. Der stärkere der Beamten sagte, dass ´wir uns in Zeiten wie diesen keinen Polizeiskandal leisten könnten´. Wir wussten sofort, was dieser meinte, Wahlen standen ja vor der Türe, konkret angesprochen haben die Beamten diese Wahlen jedoch nicht. Ich hatte den Eindruck, dass wir über die Sache und die Pannen niemandem etwas sagen sollten." (15)
P. verspricht zu schweigen. „Ich sicherte den beiden zu, dass ich nichts sagen würde, für mich war auch ganz klar, dass ich niemandem über diese Pannen [...] etwas erzählen sollte." (17)
Annabella P. fällt noch etwas auf: „Für mich war auch ganz klar, dass die beiden Beamten nicht von sich aus gekommen waren, sondern dass sie von jemand ´entsandt´ wurden. Sie sagten auch: ´Wir haben da ein Problem´."
Dazu macht Annabella P. während des Gesprächs eine Beobachtung: „Auf alle Fälle waren wir uns dann (mein Mann und ich) einig bzw versprachen, wirklich niemandem etwas von diesem 2. Hinweis zu erzählen. Nach dieser Zusage stand der Stärkere [...] auf, nahm sein Handy und ging in Richtung Ausgang - ins Vorzimmer zur Wohnungseingangstüre. Da ich unbedingt wissen wollte, mit wem der Beamte nunmehr telefoniert bzw was dieser zu berichten hat, ging ich in die Küche und habe Folgendes - wörtlich - mitangehört: ´Wir können den beiden vertrauen, die sagen nichts.´" (18)
Christian P. bestätigt die Darstellung seiner Frau: „Meine Gattin ist [...] die meiste Zeit bei uns am Tisch gesessen. Sie hat mir - als der Besuch gegangen war - dann erzählt, dass sie sich gerade auf dem Stiegenaufgang zum 1. Stock befunden habe [...], als der 2. Beamte zum Telefonieren nach draußen gegangen sei. Somit habe sie das Telefongespräch bzw Teile davon ungewollt angehört. Meiner Erinnerung sagte meine Gattin, dass der 2. Beamte offenbar mit einem rechtskundigen Beamten telefoniert haben müsse, weil er den Gesprächspartner mit ´Herr Dr.´ angesprochen habe und weiters erwähnt habe, dass ´man sich auf die 2 verlassen könne, dass man nichts sagen würde.´" (19)
Scheibstock gibt ein Telefonat zu: „Wir haben uns dann noch besprochen, ob wir eine Niederschrift aufnehmen sollten oder nicht, und haben diesbezüglich - es war mit Sicherheit noch vom Haus aus, bevor wir weggefahren sind - Genmjr Koch angerufen. Kollege Kummer hat mit Koch telefoniert und dieser hat angeordnet, von einer niederschriftlichen Einvernahme Abstand zu nehmen, da nichts wesentlich Neues bekannt geworden ist und ihm auch glaublich mitgeteilt wurde, dass P. in dieser Sache kein Aufsehen machen wird. Es ging auch darum, dass wir in der Presse diesbezüglich nicht ´zerrissen´ würden." (20)
Den Beamten ist es gelungen, Christian und Annabella P. einzuschüchtern. Noch zwei Jahre später hat Annabella P. bei ihrer Aussage vor der SOKO Vorarlberg Angst: „Abschließend möchte ich noch festhalten, dass meinem Mann und mir wichtig ist, dass wir unseren Job nicht verlieren, es wurde uns wirklich vermittelt, dass wir an das Amtsgeheimnis gebunden sind und deshalb niemandem etwas sagen sollen." (21)
32 Tage vor der Nationalratswahl ist es gelungen, die schwerste Panne zu vertuschen. Die Zeugen sind zum Schweigen gebracht. Die ÖVP kann sich jetzt ungestört als Sicherheitspartei präsentieren.
http://www.peterpilz.at/nav/102/die-affaere.htm (Archiv-Version vom 03.01.2013)