Andante schrieb:Würde ich, zumindest baurechtlich, auch so sehen. Wenn die alte Kistenfabrik in Neuwegersleben nach den entsprechenden Flächennutzungs- und Bebauungsplänen nicht als Wohngebiet ausgewiesen wäre, sondern als Gewerbegebiet/Gewerbegrundstück oder gar als Außenbereich, kann man da nicht einfach eine verfallende Lagerhalle beziehen oder einen Wohnwagen hinstellen, ein paar Sachen unterbringen und erklären, dass man da „wohnt“ und dass das jetzt der eigene „Wohnsitz“ ist. Und wenn man dann auf so einem Grundstück ein für Wohnzwecke geeignetes Gebäude errichten oder eines der alten Gewerbegebäude zu einem Wohnhaus umgestalten wollte, bräuchte man auf jeden Fall eine behördliche Genehmigung,
Vielleicht hat Herr Fülscher ja vorgetragen, dass CB gerade dabei war, entsprechende Anträge zu stellen, als er plötzlich geschäftlich ins Ausland reisen musste.
Andante schrieb:Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 7 Wohnsitz; Begründung und Aufhebung
Hier nochmal Auszüge aus der Kommentierung zum § 7 BGB (Martinek/Heine in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 7 BGB, Stand: 11.02.2021)
§ 7 BGB Wohnsitz; Begründung und Aufhebung
Abzugrenzen von dem Begriff des Wohnortes ist der Begriff des Aufenthaltes. Dieser wird unter anderem in den §§ 132 Abs. 2, 773 Abs. 1 Nr. 2, 1631 Abs. 1, 1911 BGB und in Art. 5 Abs. 2 und Abs. 3 EGBGB verwendet und beschreibt das rein tatsächliche Zustandsverhältnis einer Person zu einem bestimmten Ort oder zu einer bestimmten Region. Im Unterschied zum Wohnsitz, dessen Begründung einen dahin gehenden Willen voraussetzt, genügt für einen Aufenthalt ein rein tatsächliches Verweilen von gewisser Dauer oder Regelmäßigkeit. Darüber hinaus besteht der Unterschied darin, dass der Wohnsitz auf einen „Ort“ fixiert sein muss, während der Aufenthalt auch in einer Region begründet werden kann.
Die Begründung des Wohnsitzes erfolgt durch die tatsächliche Niederlassung verbunden mit dem Willen, den Ort zum ständigen Schwerpunkt der Lebensverhältnisse zu machen.
Eine Niederlassung ist jedes Obdach einer Person in überdachten Räumen. Ein Obdachloser kann daher keinen Wohnsitz begründen. Dagegen ist eine eigene Wohnung nicht erforderlich; vielmehr genügt das Wohnen in einem Gasthaus oder Hotel oder das Bewohnen eines Zimmers unter behelfsmäßigen Umständen zur Untermiete oder bei Verwandten und Bekannten. Die Begründung des Wohnsitzes kann sich zudem in mehreren Teilabschnitten vollziehen, sodass während der Übergangszeit zwei Wohnsitze bestehen können. Dabei kann die Niederlassung an dem neuen Wohnort auch schon dann vorliegen, wenn sich der größte Teil der Habe noch in der früheren Wohnung befindet. Nicht ausreichend jedoch ist die Angabe einer Briefadresse oder die polizeiliche Anmeldung.
Daneben muss der Niederlassende den rechtsgeschäftlichen Willen haben, den Ort ständig zum Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse zu machen (Domizilwille). Es ist nicht erforderlich, dass der Wohnsitzbegründungswille ausdrücklich erklärt wird. Vielmehr kann sich dieser auch aus den Umständen ergeben. Der Wille muss, da die Wohnsitzbegründung eine ständige Niederlassung an einem Ort erfordert, auf einen dauernden Aufenthalt an diesem Ort gerichtet sein. Bei der Feststellung des räumlichen Schwerpunktes der Lebensverhältnisse sind alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu würdigen. Dazu gehören die persönlichen, beruflichen, wirtschaftlichen und häuslichen Verhältnisse sowie die Absichten des Betroffenen. Die polizeiliche Anmeldung stellt lediglich ein Indiz für den Willen zur Begründung eines Wohnsitzes dar.
Die Begründung eines doppelten bzw. mehrfachen Wohnsitzes gestattet der Gesetzgeber ausdrücklich in Absatz 2. Voraussetzung ist, dass an zwei Orten dauerhaft Wohnungen unterhalten werden und diese gleichermaßen den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse darstellen.
Die Beweislast für das Bestehen oder die Aufhebung eines Wohnsitzes trägt derjenige, der Rechte aus dem Wohnsitz herleiten will. Eine Wohnsitzvermutung oder -fiktion besteht nicht.
Den Willen zum Niederlassen mag man noch bejahen. Die Kammer des LG Braunschweig hat dann anscheinend allein auf das vorhandene Dach abgestellt, was mir nicht zutreffend erscheint. Die genannten Beispiele mit Dach über dem Kopf (Hotel, Gaststätte, Untermiete bei Freunden) sind alle reguläre (erlaubte) Wohnungen mit Kanal-, Wasser- und Stromanschluss.
Wenn man das anders sehen möchte, ist das hier nicht zu ignorieren:
Beim doppelten oder mehrfachen Wohnsitz ergibt sich eine Konkurrenz hinsichtlich der an den Wohnsitz anknüpfenden Rechtsfolgen. Danach kann grundsätzlich an jedem Wohnsitz Klage erhoben werden.
Die Gartenlaube in Braunschweig müsste dann auch zählen, denn CB ist regelmäßig nach Braunschweig gependelt. Dann hätte die StA aber wieder ein Wahlrecht, von dem sie Gebrauch machen kann.
Andante schrieb:Es bleibt jedenfalls spannend.
Ich finde es ja auch sehr spannend, hier mal richtig einzutauchen, bevor man sich ein Urteil darüber erlaubt, wer evtl. richtig oder falsch liegt. Man kann der StA jedenfalls nach allem, was wir nun zusammengetragen haben, keinen offensichtlichen Fehler vorwerfen, wie es hier anfangs etwas voreilig getan wurde.