Rotmilan schrieb:Wie soll man das verstehen?
Von außen ist es in der Regel überhaupt nicht nachvollziehbar, welche Gründe einem Selbstmord zugrunde liegen. Der gedankliche Ansatz ist zum Scheitern verurteilt, da man von außen probiert, ein logisches Gerüst zu basteln, wobei man durch logische Schlüsse zu dem Ergebnis kommt: "Ah ok, das könnten der Grund für den Selbstmord sein." Man probiert dabei öfters dabei einen Bilanzsuizid zu basteln, also in der Form zu berechnen, dass ein Sterben besser als Leben ist, vereinfacht: (Sterben>Leben) -> Selbstmord. In der Gedankenwelt eines Suizidanten findet diese Berechnung aber nicht statt oder aber anders statt. Ansonsten würden die Hinterbliebenen nicht in der Regel mit einem hilflosen "Warum?" übrig bleiben.
Mit 32 Jahren hat man durchaus noch Möglichkeiten, sein Leben umzugestalten.
Das ist bspweise so eine Berechnung.
Für einen "gesunden" ist die Thematik kein Problem, für den, der sich umbringt oder umbringen will, sieht die Welt aber anders aus, sonst hätte er die Gedanken nicht.
Rotmilan schrieb:Ihr Ex- Freund wollte eine verbindliche Beziehung mit ihr und Christine mochte sich nicht festlegen. Daher die Trennung, wenn man dem glauben kann. Es ist also nichts passiert, was sie nicht wollte, so sehe ich das. Sie war wieder frei und musste sich nicht auf Ehe und evtl. Familiengründung festlegen.
Wenn der Freund nun gerne heiraten wollte, aber sie ihn nicht, kann sie m.E. nun nicht erwarten, dass er ewig wartet, ob sie es sich evtl. noch anders überlegt. Auch wenn das Zeitfenster für Männer hinsichtlich Heirat und Familiengründung biologisch bedingt, etwas länger ist, als für Frauen.
Auch das ist eine "Berechnung" a la Bilanzsuizid. Wie sich die innere Welt von Christine zu dem Thema darstellt, wissen wir nicht, noch haben wir den kleinsten Hinweis darauf.
In der Krimi-Rubrik tauchen ja von verschiedenen Usern gerne so Statements auf, wie "Suizid glaube ich nicht, weil kein Abschiedsbrief", "weil die hat doch ihre Kinder geliebt", "weil ist ja grausam so zu sterben", etc.
Aus meiner Sicht sind solche Bewertungen in der Regel bedeutungslos, da die Realität eine andere Sprache spricht.
Ich würde mich inzwischen für keinen Menschen trauen, eine Aussage zu machen, "der wird sich niemals umbringen".
Durch Literatur, Kontakt zur Psychiatrie und dem persönlichen Erfahrungen kann ich sagen: Es gibt beim Suizid nichts, was es nicht gibt:
- Menschen gehen vorm Suizid zum Frisör (wahrscheinlich um nicht mit schlechter Frisur zu erscheinen)
- machen vorher eine Abschiedstour von allen Verwandten
- springen strahlend in der Gegend herum beim Einkauf der notwendigen Suizid-Utensilien
- machen vorher ein Abschiedsessen mit Freunden
- basteln sich Suizid-Maschinen
...
Das sind alles Merkmale wo wir als Gesunde uns fragen: Hä?
Die Gedanken und Handlungen von Suizidenten von uns außen logisch zu ergründen, funktioniert in der Regel überhaupt nicht, das sie nicht gesunde Schlußfolgerungen sind.