Ich finde es äußerst aufschlussreich, Details zu Murat K.s Mordtheorie zu erfahren. Denn dadurch tritt ein auf der Hand liegender Grund hervor, warum auf der Festplatte, die Cems Vater den Journalisten übergeben hat, dieser „Clip 36“ gefehlt hat.
Denn laut Murat K. soll Cem also umgebracht worden sein, weil es Streit wegen seines Hundes gab. In dieser Theorie ist es natürlich ein Störfaktor, wenn dann auf einem Video zu sehen ist, wie möglicherweise ein herrenloser Hund vom Ort von Cems Tod davon trottet.
Denn dass ausgerechnet der Hund als Grund des Streits beim angeblichen Mord die ganze Zeit anwesend gewesen sein soll, und dann anscheinend unbehelligt davongekommen sein soll, obwohl wiederum die „Mörder“ dafür verantwortlich gemacht werden, dass er danach nie mehr auftauchte, ist halt eine weitere Unwahrscheinlichkeit in dieser Mordtheorie. Zumindest kann man annehmen, dass Cems Vater das so sieht oder befürchtete, dass die Reporter das so sehen würden, und er deswegen das Video unter den Tisch fallen ließ.
Und dieser J. soll also Anführer einer mordenden Neonazigang sein, die in Dulsberg ihr Unwesen treibt, einem Stadtteil, in dem 2010 fast 70% aller jungen Einwohner Migrationshintergrund hatten (
Quelle (Archiv-Version vom 05.12.2020) ). Dies laut belegloser Behauptung von Cems Vater im Jahr 2012. Ich denke, es spricht Bände, dass es diese Behauptung nicht in die Reportage des Strg_F geschafft hat – in der NDR-Version wird J. noch nicht mal erwähnt. Eine Reportage, die unter anderem von einer türkischstämmigen Reporterin verfasst wurde, notabene.
Und ich weiß nicht, was das dieser Diskussion bringen soll, wenn hier haufenweise Allgemeinplätze behauptet werden, die jeglicher Realität zuwiderlaufen.
Was sollen Beteuerungen wie „Ein Hund würde nie von seinem Herrchen weglaufen“ oder „würde bei seinem toten Herrn bleiben“ bzw. „müsste jedenfalls nachher wieder auftauchen“? Es laufen täglich Hunde von ihren Herrchen davon und verschwinden spurlos. Sie verunfallen, werden von Findern einfach behalten, werden aufgefunden aber der Besitzer erfährt es nie, oder leben seltener als Streuner. Das sollte doch wohl allgemein bekannt sein.
Ebenso sinnlos wenn auch verständlicher ist die Behauptung, dass ein Hundebesitzer sich nie umbringen würde, wenn er seinen Hund alleine zurücklassen müsste. Aber es gibt sogar Menschen, die oberflächlich gesehen in einer viel besseren Situation sind als Cem, die sich umbringen, und ganze Familien hinterlassen. Das ist natürlicherweise sehr schwer zu verstehen, erst Recht für Angehörige. Trotzdem passiert es.
Und natürlich bringen sich auch Hundebesitzer um, ganz davon abgesehen, dass manche auch ihre Hunde aussetzen oder töten. Das wiederum sollte bekannt sein. Warum also sollte ausgerechnet ein Suizidwilliger niemals aus dem Leben scheiden können, wenn er einen Hund hat?