ein weiterer Verhandlungstag, als Zeugin war die Freundin des Beschuldigten geladen, sie war für die Aussage aus Vietnam angereist:
Sie berichtete zunächst zum gemeinsamen Hintergrund:
Die junge Frau hatte ihren Freund noch in der Heimat kennengelernt. 2014 besuchten sie denselben Deutschkurs, um sich auf ein Studium in Deutschland vorzubereiten. Er sei lustig gewesen und durch sehr gute Leistungen aufgefallen. Sie kamen zusammen, gingen zunächst nach Berlin . Nach Gelegenheitsjobs, etwa als Messerverkäufer auf dem Oktoberfest, studierten sie in Konstanz am Bodensee . Sie wählte Wirtschaftsinformatik, er Wirtschaftsingenieurwesen. Weil ihr das Programmieren zu schwer fiel und er lieber Physik studieren wollte, wechselte das Paar nach Jena . Er wohnte zunächst in Lobeda und zog an den Spitzweidenweg um. Doch die meiste Zeit verbrachten beide in ihrem Zimmer, ebenfalls in einem Wohnheim beim Saalbahnhof.
weiter berichtet sie zum Zusammenleben:
Seine Freundin beschreibt den Beschuldigten als sehr fleißig im Studium. Deshalb sei mit dem Nebenjob zusammen wenig Zeit für Hobbys geblieben. Für Messer und Münzen habe er sich interessiert. Wenn sie Zeit hatten, schauten sie die Serie Hannibal Lecter . Der Psychiater führt ein Doppelleben als Serienmörder und Kannibale. „Er brachte bei den Filmen mehr Sympathie für die bösen Figuren auf. Hannibal Lecter war sein Idol.“ Ihr Freund habe die Szenen gemocht, wenn jener Menschenfleisch verspeiste.
weiter berichtete sie über die Ereignisse im näheren Kontext der Tat, offenbar war die Tat geplant, denn er gauckelte seiner Freundin vor, an diesem Tag zur Arbeit zu gehen, um dann aber im Studentenwohnheim zu bleiben:
Er berichtete ihr wahrheitsgemäß an jenem Freitag im August 2018, dass eine Tankstelle den erhofften Minijob abgesagt habe, er aber dafür an dem Tag zusätzlich in der Gaststätte aushelfe. Doch während sie zu ihrem Job als Haushaltshilfe ging, tötete er den Chinesen. Er gaukelte ihr auch am Samstag vor, im Restaurant zu arbeiten. Abends kam er erschöpft nach Hause und sprang am Sonntagmorgen um 4 Uhr wieder auf. Auf die Frage, was er vor habe, antwortete er nur: Frühsport!
Zunächst dachte sich die Freundin nichts weiter dabei, hatte sie ihn doch stets versucht, zum Sport zu animieren. Am Sonntag arbeitete er tatsächlich. Der Wirtin fiel auf, dass er Frühlingsrollen als Kostenproben mitgebracht hat. Seine Freundin habe diese schon im Laufe der Woche angefertigt. Er habe an jenem Tag verwirrt gewirkt, berichtet die Chefin. Und wehleidig sei er mit Verweis auf seine verbundene Hand gewesen.
In der Nacht kehrte er zu seiner Freundin zurück, stand aber wiederum früh auf. Während des „Frühsportes“ beseitigte er erneut Leichenteile, die später in der Saale, im Naturpark Oberaue und unterhalb der Lobdeburg gefunden wurden.
Er hatte dann die Tat seiner Freundin schlussendlich gestanden, die ihn dann dazu brachte, sich der Polizei zu stellen
Schließlich beichtete er ihr nach dem Abendessen die schreckliche Tat. Sie war geschockt und konnte nicht einschlafen. Sie telefonierte mit ihrer Mutter und bat um Rat. Jene empfahl, zur Polizei zu gehen.
Am nächsten Morgen überredete sie ihren Freund dazu. Gegen Mittag stellte sich der Physikstudent direkt in der Wache der Jenaer Polizei und gestand den Mord.
zu seinem Motiv sagte die Freundin aus:
Ihn habe der Chinese am Briefkasten ausgelacht, deshalb habe er jenen unter dem Vorwand, ein Paket für ihn angenommen zu haben, in sein Zimmer im Studentenwohnheim am Spitzweidenweg gelockt und dort erschlagen. Anschließend habe er ihn in einen Koffer gepackt und in dessen Appartement gebracht.
Für mich der interessanteste Satz ist der, dass der Täter offenbar selbst die Tat als "gut organisiert" bezeichnete, also als geplant und nicht als spontan oder im Zustand der Schuldunfähigkeit.
Auf ihren Einwand hin, dass die Ermittlungsbehörden in Europa hartnäckig seien und alles herausfänden, habe er sie beruhigt: Er habe alles gut organisiert und die Leichenteile beseitigt, so dass nichts zu entdecken sei.
mein persönlicher Eindruck ist der, dass der Täter sich mit dem Rechtssystem in Deutschland bewusst beschäftigt hat und geplant vorgegangen ist, direkt darauf spekuliert, eine Schuldunfähigkeit vorzutäuschen, in die Psychiatrie zu kommen, um sich nach verhältnismäßig kurzer Zeit dann sich als "geheilt" zu präsentieren und darauf spekuliert, dadurch um eine lange Haftstrafe rumzukommen. Also kurzum, er versucht, das System auszutricksen...
Quelle:
https://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Hannibal-Lecter-war-sein-Idol-Freundin-des-Angeklagten-sagt-zu-Studentenmord-in-186024660