@Slaterator Du hast ja völlig recht, dass der Mensch grundsätzlich nach seinem Vorteil strebt. Das ist Ausfluss der Evolution und also nur natürlich. Die, die es nicht getan haben, sind ausgestorben. Die, die es getan haben, haben sich vermehrt. Und von denen stammen wir ab.
Seit es aber soetwas wie Zivilisation gibt, kann man auf zwei Wegen nach seinem Vorteil streben: Zum einen, - nach ganz klassischer kapitalistischer Denkart, der mich ganz und gar nicht verschließe - in dem man seine eigenen, möglichst hohen Leistungen einvernehmlich und zum Wohle Alle eintauscht, z.B. gegen ein hohes Gehalt, auf das man dann hohe Steuern zahlt, oder, zum anderen, in dem man nichts selbst leistet und andere - zum Nachteil Aller - bestielt.
Kurzfristig sind beide Wege geeignet, dass eigene Überleben, den individuellen Wohlstand und den "guten Sex" zu sichern, nur, dass wenn man beim Stehlen erwischt wird, man in heutiger Zeit im Gefängnis landet und in der Vorzeit eins mit der Keule übergebraten bekommen hat. Und dann ist es aus, mit der Weitergabe der eigenen Gene. Also ist der kooperative Weg, wenn auch individuell schwieriger, langfristig - auch aus Sicht der Evolution - erfolgreicher. Insofern bin ich da weniger kulturpessimistisch als Du, sofern Dein Beitrag überhauopt kulturpessimistisch gemeint war ;-)
Zum Fall:
Es brodelt gewaltig hinter den Kulissen auf Malta und nichts Genaues weiß man nichtDer mutamaßliche Auftraggeber des Mordes an Daphne, Yorgen Fenech, hat die Nacht auf dem Polzeipräsidium verbracht. Offenbar ist sein formaler Status seit gestern Vormittag tatsächlich wieder der eines Festgenommenen - mit der Folge, dass man ihn nun spätestens am Morgen des kommenden Sonntags einem Haftrichter vorführen oder ihn neuerlich wieder auf freien Fuß setzen muss. Allgemein war erwartet worden, dass man ihn schon am heutigen Nachmittag vor einen Richter stellt, aber aufgrund der aktuellen Entwicklung mag sich das verzögern:
Fenech hat am Vormittag offiziell um Straffreitheit, Zug um Zug gegen eine umfangreiche Aussage nachgesucht. Formal richtet sich das Gesuch an den Premierminister, der nun eine förmliche Stellungnahme des Polizeipräsidenten und des Generalanwalts einholen muss und dann das Gnadengesuich an den maltesischen Präsidenten weiterleiten kann oder eben auch nicht. Unklar ist, was Fenech bereit ist auszusagen. Sofern es nicht nur um den eigentlichen Mord, sondern auch um Regierungskorruption geht, ist Premieminitser Muscat in einer Zwickmühle: Lehnt er das Gnadengesuch ab, wird man ihm - völlig zu Recht - vorwerfen, er würde die Korruption in seinem eigenen Kabinet decken, stimmt er dem Gnadengesuch zu, wird ihn Fenech Aussage mit großer Wahrscheinlichkeit mit aus dem Amt katapultieren, und - je nach persönlicher Verstrickung - ggf. auf die Anklagebank befördern.
Gestern noch hatte Muscat versucht, die sich die Deutungshoheit über die aktuelle Entwiclung zu sichern, in dem er sich selbsgt zum Pressesprecher der Polizei erklärte: "I don’t want to burden the police by making a public announcement in a very delicate situation. I am shouldering the reasonability of informing the Maltese people of what I can inform them", sagte er.
Nachdem am gestrigen Nachmittag Maltas Präsident erst den Oppositionsführer und danach Muscat selbst einbestellt hatte, war von Muscat bisher nichts mehr zu hören. Gefühlt, sage ich mal, tritt die gesamte Regierung binnen der nächsten 48 Stunden zurück, aber auf Malta ist soetwas schwer zu prognostizieren. Dazu würde auch passen, dass heute Morgen der Bildungsminister - Everest Bartolo - eine schonungslose Aufklärung forderte ("without fear or favour"). Ich habe von dem Mann nie zuvior irgendetwas gehört. Er wirkt wie ein seriöser, älterer Herr, der sich für eine etwaige Nachfolge Muscats schon mal in Stellung bringen will.
Quellen:
https://www.maltatoday.com.mt/news/national/98806/yorgen_fenech_requests_presidential_pardon_chris_cardona_questionedhttps://timesofmalta.com/articles/view/yorgen-fenech-requests-presidential-pardon-to-spill-beans-on-daphne.752026Nochmal zu Fenech: Nach seinem formalen Gnadengesuch wurde er mit Schmerzen im Brustbereich ins Krankenhaus eingeliefert. Einzelheiten sind nicht bekannt. Gestern erst war ja auch Fenechs mutmaßlicher Mordvermittler, Melvin Theuma, ins Krankenhaus gebracht worden, weil er - wenn ich das so formulieren darf - "etwas auf dem Herzen hatte". Ihm geht es wieder gut und er befindet sich an einem "sicheren Ort" unter dem Schutz der Polizei.
Bestätigt sind wohl die Presseberichte, wonach Theuma zahlreiche seiner eigenen Telefonate in Zusammenhang mit dem Mord aufgezeichnet hat. Das Material sei allerdings nicht von der Polizei bei einer Durchsuchung einfach so gefunden worden, vielmehr hab eer es selbst einer Untersuchungsrichterin übergeben. Ich würde mal sagen, da hat sich einer, gar nicht dumm, eine Du-kommst-aus-dem-Gefängis-frei-Karte und eine Lebensversicherung noch dazu gebastelt.
Im Polizeipräsidium wurde im Laufe des Tages auch Maltas Wirtschaftsminister Chris Cardona gesehen. Ich hatte - einige Seiten zurück - darüber berichtet, dass Daphne ihm auf ihren Blog vorgeworfen hatte, er habe eine Dienstreise nach Deutschland zu einem Bordelbesuch in Velbert genutzt. Er wurde als Zeuge, nicht als Beschuldigter, vernommen.
Quelle:
https://www.maltatoday.com.mt/news/national/98807/chris_cardona_asked_whether_he_was_involved_in_daphne_caruana_galizia_murderUnd nochmal zurück zu Fenech: Die italienische Staatsanwaltschaft in Catania, Sizilien, hat sich außerordentlich erfreut über seine Festnahme gezeigt. Man würde gegen ihn und zehn weitere Personen wegen Wettbetrugs ermitteln. Es sollen Spiele der zweiten italienischen Fussballliga verschoben worden sein. Wie genau Fenech daran beteiligt gewsen sein soll, ist nicht ganz klar, es geht wohl um zwei Online-Wettbüros, der von Malta aus betrieben werden und die sich an den Markt in Italien wenden. Man habe schon länger mit Fenech sprechen wollen, habe ihn aber nicht erreichen können.
Quelle:
https://www.maltatoday.com.mt/news/national/98795/yorgen_fenech_named_as_suspect_in_sicilian_match_fixing_investigation