Frau.N.Zimmer schrieb:Warst Du schon in so einer Lage?
Ich habe noch kein Kind verloren, aber das schon erlebt bei Menschen die mir nahe stehen einer dieser Menschen ist mein Vater.
Da meine halbe Familie in sozialen Berufen arbeitet bzw ist kirchlich engagiert ist bin auch ich von klein auf in solche Aufgaben reingewachsen und hatte immer wieder mit Familien zu tun die in unterschiedlichsten Situationen Hilfe und Unterstützung suchen. Auch in solchen.
Ich habe hier das erlebt was ich praktisch in JEDER Situation die Menschen an ihr Limit bringt erlebt habe:
Nämlich das der Umgang extrem individuell ist und manche mehr, manche weniger gut nach außen mit dem umgehen können was sie innerlich an ihre Grenzen treibt.
Ich habe mehr als einmal auf Kinder aufgepasst deren Eltern zu Stammtischen/Selbsthilfegruppen für "verwaiste Eltern" gegangen sind und bin wie schon so oft in meinem Leben zu dem Schluss gekommen das Menschen individuell mit Schicksalsschlägen umgehen und für manche genau das gut ist was Anderen wohl den Rest geben würde.
Manchmal fühlte ich den heftigen Drang die Eltern nach einer Weile mach durchzuschütteln und ihnen mitzuteilen, dass sie noch ein anderes Kind haben, das (wenn es denn alt genug war um zu verstehen) nicht nur unter dem Verlust seines Bruders/seiner Schwester leidet sondern völlig verstört ist, weil die Mutter fast jeden Tag eine Weile auf dem Bett des Verstorbenen liegt und heult und der Vater rumschreit sobald das noch lebende Kind ein Spielzeug oder Kleidungsstück des Verstorbenen "ausborgte", das Zimmer betrat oder sonst irgendwas "unverzeihliches" tut aber keiner der Eltern ein anderes Familienmitglied in seinen Trauerprozess mit einbindet.
Ich habe Eltern erlebt die offensichtlich Trost darin fanden noch weitere Kinder zu haben und welche die "froh" waren keine anderen Kinder zu haben, teils weil sie sich so über den für sie richtigen Zetraum ganz und gar ihrer Trauerarbeit hingeben konnten ohne noch als Eltern "funktionieren" zu müssen, andere weil sie der Ansicht waren sie könnten sich an keinem Kind mehr erfreuen, weil sie nur noch von der Angst des Schmerzes sollte dem Kind etwas passieren verfolgt werden.
Und unzählige andere Kombinationen und Reaktionen.
Nur eins war stets gleich:
Diese Menschen waren an ihrem Limit. Aber der Umgang damit, was Ihnen Hoffnung war und was eher Last.. das war stets komplett individuell.
Frau.N.Zimmer schrieb:Es geht ums Ertragen, ums mit diesem Schlag zu leben, da hilft es ungemein wenn man weitere Kinder hat, die einen fordern.
Ich habe auch nicht bestritten das dies in einigen Fällen der Fall sein kann, sondern lediglich zu Bedenken gegeben, dass dies nicht immer so ist und ich es ziemlich krass fände jemandem ins Gesicht zu sagen "Du leidest ja wohl weniger unter dem Tod Deines Kindes, schließlich hast Du ja noch eins."
Frau.N.Zimmer schrieb:Ist halt immer leicht über Dinge zu reden, von denen man keine Ahnung hat.
Also wie z.B. wenn man ohne vorher nachzufragen beschließt, dass eine Person von der man gar nichts weiß von etwas keine Ahnung hat nur weil sie die eigene Meinung nicht teilt?
Mag leichter sein als anzuerkennen wie unterschiedlich Menschen, Reaktionen und Emotionen sind, aber ob man auf diese Weise den eigenen Horizont nennenswert erweitern kann ist fraglich.
Würde ich mir derartige Urteile über mir völlig unbekannte Menschen erlauben hätte mir das den Blick auf unendlich viele Eindrücke verstellt die ich nie bekommen hätte, wenn ich mich stets nur auf meine eigene Meinung und mein eigenes Erleben versteift hätte ohne in Betracht zu ziehen, dass jemand anderes eine identische Situation völlig anders erleben und verarbeiten könnte als ich und das würde ich wirklich sehr bedauern.