causa_y_efecto schrieb:Aber das Thema sei erledigt gewesen, Eva-Maria ging es inzwischen wieder gut, hieß es weiter.
Das Thema ist für eine Frau, die Kinderwunsch hat(-te) NIE erledigt. Der Satz ist von rosenheim24 echt sehr unglücklich gewählt bzw. wenn sie jemanden O-Ton zitiert haben, so hat derjenige entweder keine Ahnung oder für ihn war das Thema "nicht so schlimm", wie es ggf. Frau Disch empfunden haben könnte.
Ggf. ist man nach einer Therapie stabil, konnte es wenigstens ein wenig aufarbeiten...aber "erledigt" - das geht nicht.
Da kommen ja einige Themen zusammen. Nicht nur der unerfüllte Kinderwunsch, sondern auch oft der Glaube, keine vollwertige Frau zu sein, wenn man keine Kinder bekommen kann, wenn man die Kinder "verliert", wenn man dem "Mann keine Kinder schenken kann".
Das geht oft an die weibliche Grundsubstanz.
Meine Stiefschwester hat nach vier Fehlgeburten Himmel und Hölle dafür in Bewegung gesetzt, ein Kind auszutragen und wenn es bedeutete neun Monate sich jeden Tag zwei Spritzen in den Bauch zu stechen.
Wie ich das bewerte, lasse ich außen vor. Die Möglichkeit einer Adoption steht leider oft hier nie im Raum.
Wie gesagt, eine Therapie kann helfen, mit dem Thema umzugehen zu lernen, aber *erledigt* wäre es sicher erst, wenn ein Kind zur Welt kommt.
causa_y_efecto schrieb:In diesem Bericht aus 2017 sagt der Bruder, dass es Frau Disch zum Zeitpunkt des Verschwindens schon wieder gut ging und das Tief wegen der Fehlgeburten schon ein paar Jahre her war. Ich bin nicht ganz sicher, aber ich verstehe es so, dass auch die psychologische Behandlung schon länger zurücklag. Wann hat sie denn ihre Antidepressiva abgesetzt? Hat sie diese jahrelang genommen ohne in psychologischer Behandlung zusein? Und dann nach Jahren plötzlich abgesetzt? Das passt doch auch irgendwie nicht. Ich meine, warum auf eigene Faust? Hätte sie nicht ihrem Arzt sagen können, dass sie die Einnahme beenden möchte? Was sollte nach mehreren Jahren gegen einen solchen Versuch sprechen?
Es kann schon sein, dass sie nicht mehr in psychologischer Behandlung war, die Antidepressiva aber weiter nahm, bzw. sich eben von ihrem Arzt (ob nun der Psychologe oder sogar der Hausarzt) die Rezepte dafür holte.
Auch das ist leider keine Seltenheit, dass viele, die Antidepressiva nehmen, nicht mehr psychologisch weiterbetreut werden. Das weiß ich leider aus eigener Erfahrung. Bei mir war nach vier Terminen beim Psychiater Schluss und ich wurde mir selbst überlassen, weil die akute Suizidalität ja jetzt mit den Antidepressiva nicht mehr akut sei. Und die Depressionen würden dann nach einer Weile, wenn der Spiegel endlich zum Spiegel wurde, eh "weggehen" (O-Ton).
Der Hausarzt kann natürlich zwar die Rezepte ausstellen, aber eben für psychologische Fragen oder gar zum Ausschleichen/Absetzen der Medikamente ist er kein Ansprechpartner.
Nicht wenige setzen ihre ADs ohne Rücksprache mit dem Arzt ab. Anscheinend sind wir, mit psychischen Erkrankungen, dafür prädestiniert. Wenn ich aber an meine Patienten damals denke (Geriatrie), die haben auch ihr Zeug genommen, wie sie gerade Lust hatten und auch mal was abgesetzt, was lebenswichtig war oder ihnen Schmerzfreiheit bescherte. Ausbaden durften wir Pflegekräfte es. AD gehörten auch hier zur Tagesordnung. Man möchte nicht meinen, wie viele Leute psychisch erkrankt sind. Was mich auch nicht wundert.
Aber unter ärztlicher Aufsicht/Betreuung, bzw. dass es auch einen Arzt interessiert, wie es dem Patienten unter dem Ausschleichen geht, da muss man wirklich Glück haben. Es ist klar möglich, aber man weiß ja selbst, wie überlastet die Ärzte auf dem Gebiet sind (und wie selten man überhaupt in Therapie kommt, bzw. wie lange es dauert).
Das Problem beim Absetzen ist eben, dass der Spiegel innerhalb von 24-48 Stunden massiv absinkt. Gerade Leute, die akut betroffen sind, setzen die Medikamente ab, weil die Nebenwirkungen der AD einen oftmals müde, träge usw. macht und einen sogar zunehmen lässt; alles keine gute Sache, wenn man sich eh schon unsicher, unwohl und ungenügend fühlt.
Beim Absetzen von einen auf den anderen Tag kann es passieren, dass eben die bereits kuriert empfundene Erkrankung, bspw. Depressionen, extrem auftritt, weil eben noch körperliche und psychische Entzugserscheinungen dazukommen. Ist ja nicht nur der Körper, der hier süchtig ist. Die geistige/psychische Sucht ist weitaus drastischer, als die körperliche.
Wenn Frau Disch also ihre Medikamente von einen Tag auf den anderen abgesetzt hat, ohne auszuschleichen, dann kann es schon sein, dass sie akut in tiefste Depressionen gerauscht ist. Und im Entzug werden manche sehr unruhig, bekommen Bewegungsdrang, müssen sich irgendwie beschäftigen, wollen reden, wollen abgelenkt werden, weil der Kopf um das psychische Thema und den Entzug kreist; ggf. auch mit den Erscheinungen, wie beim Drogenentzug, wie Schwitzen, Zittern, Schmerzen (was aber meist erst eintritt, wenn auch der Körper anfängt nach der Droge zu lechzen).
Wer auch immer hier anmerkte, man würde die Wirkung von Antidepressiva "überschätzen", der hat noch nie welche genommen, geschweige sich damit großartig auseinandergesetzt. Das sind, wenn man es genau nimmt, die Drogen des psychisch Erkrankten. Und was hilft, konsumiert man...
Vorteil bei AD - sie machen nicht so "kaputt", wie Heroin usw.
Sollte das wirklich eingetreten sein, dass sie das einfach so abgesetzt hat und die Therapie eben nicht alles "aufgearbeitet" hat, so kommt für mich ein möglicher Suizid durchaus in Betracht.
Das heißt nicht, dass ich davon ausgehe, dass es so war, aber es erscheint mir sehr realistisch und gerade in ihrer Gegend ist es ein Leichtes so zu verschwinden, dass man nicht mehr gefunden wird.
Lieber wäre mir natürlich auch, dass Frau Disch sich einfach so irgendwohin abgesetzt hat und jetzt ein glückliches und erfülltes Leben führt.