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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

54 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord Vermisstenfall Alt ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

27.10.2015 um 15:47
Nachtrag.
Die entsprechenden Verweise auf die Quellen:
http://www.lkz.de/home_artikel,-Ex-Staatsanwaeltin-forscht-ueber-Mord-an-Schultheiss-_arid,248267.html#

http://www.swp.de/bietigheim/lokales/boennigheim/Stadtfuehrung-Mord-am-Schultheiss;art1188793,3442407

http://www.swp.de/bietigheim/lokales/boennigheim/Ganerbenblaetter-Moerder-fluechtet-nach-Amerika;art1188793,2956011


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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

28.10.2015 um 10:28
Doppelmord auf dem Säntis 1922

Zuerst einmal paar Informationen und Bilder vom Säntis, mit seinen 2‘500 m der höchste Berg der Ostschweiz.

Wikipedia: Säntis

Als der Mord geschah führte noch keine Bahn zum Gipfel hinauf. 1922 gab es dort oben lediglich ein Berggasthaus, das aber nur im Sommer geöffnet war, eine Wetterstation sowie eine Schutzhütte für den Wetterwart.

Der Wetterwart und seine Frau mussten ganzjährig dort oben wohnen, auch im Winter bei bitterer Kälte, meterhohen Schneeverwehungen und eisigen Stürmen. Es wurden nur verheiratete Wetterwarte eingestellt.

Sämtliche Waren, die auf dem Berg benötigt wurden, mussten mühsam mit Trägern und Maultieren hinauf transportiert werden.

Als 1919 ein neuer Wetterwart gesucht wurde, befand sich unter den Bewerbern auch der spätere Mörder Gregor Anton Kreuzpointner Er bekam die Stelle nicht, u.a. weil er nicht verheiratet war. Eingestellt wurden Heinrich Haas und seine Frau Lena.

Zu den Aufgaben des Wetterwartes gehörte das regelmässige übermitteln der Wetterdaten vom Berg hinunter ins Tal. Als im Februar 1922 die Uebermittlungen abbrachen, die Telefon-/Telegrafenverbindung nicht mehr funktionierte, machte man sich auf den mehrstündigen Fussmarsch zum Säntisgipfel hinauf, um nachzusehen.....ein enorm gefährliches Unterfangen mitten im Winter, die Wege eisig und lawinengefährdet.

Das Ehepaar Haas wurde ermordet aufgefunden, erschossen.

Lena Haas hatte noch kurz vor dem Mord am Telefon von einem ungebetenen und unangenehmen Gast berichtet.

Kreuzpointner wurde per Steckbrief gesucht. In einer Alphütte am Fusse des Säntis fand man ihn, er hatte sich mit einer Schnur erwürgt.

Das Tatmotiv konnte nicht restlos aufgeklärt werden. Als Hauptgrund wurde Eifersucht angenommen, Wut des Abgewiesenen auf den Gewinner in der Bewerbung um die Wetterwartstelle.

********


Man findet im Netz recht viel Informationen zu diesem Mordfall, sowie auch einiges an eindrücklichem Bildmaterial, mancherlei Fotos die auf dem Säntis oben aufgenommen wurden, vom Wetterwart-Paar mit Familienangehörigen und diversen sonstigen Besuchern.

http://www.nzz.ch/article7JIDH-1.459158
http://photobibliothek.ch/seite007l.html
http://www.zeitzeugnisse.ch/detail.php?id=268&stype=4
http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/theater/Mord-auf-dem-Saentis/story/12776578
https://www.migrosmagazin.ch/reisen/swissmade/artikel/dem-moerder-auf-der-spur
http://www.he.admin.ch/internet/heer/de/home/verbaende/pzbr11/mittel/artabt/archiv/artillerist14.parsys.47971.downloadList.39499.DownloadFile.tmp/26112014artillerist.pdf

Und hier gibt es ein Foto des Täters.
http://www.saiten.ch/aufstieg-und-fall-eines-schustergesellen/


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aero ehemaliges Mitglied

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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

28.10.2015 um 10:44
@hoosaidtheowl

Deinen thread finde ich spannend. Dankeschön dafür.

http://erichs-kriminalarchiv.npage.de/autorenliste/gisbert-kranz.html (Archiv-Version vom 15.02.2016)


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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

28.10.2015 um 11:41
Ich habe mir noch paar persönliche Gedanken zum Säntis-Mord gemacht und hoffe, dass das auch Platz haben darf in diesem Thread, auch wenn es OT ist.

Mein verstorbener Papa ist in der Säntis-Region aufgewachsen. Als dieser Mord geschah war er gerade mal 10 Jahre alt.

Diese grausliche und unbegreifliche Tat hat ja damals die ganze Schweiz erschüttert und sicher auch meinen Papa. Ob er zu jenem Zeitpunkt schon mal auf dem Säntis oben war? Wohl eher nicht. Und wenn ja, dann höchstens aufgrund einer Schulreise. Seine Eltern mussten streng arbeiten, waren mit der Bäckerei und der Gastwirtschaft die ganze Woche über angebunden. Damals gab es noch längst keine 5-Tage-Woche mit freien Wochenenden für gemeinsame Familienausflüge. Zudem musste jeder Rappen paar Mal umgedreht werden bevor man ihn ausgegeben hat, und wenn, dann schon gar nicht für „unnötige Vergnügungen“ wie Postkutschen oder Postauto-Fahrten. Gerade in jener Zeit, in jenen Jahren wurden in der Schweiz nach und nach die Postkutschen durch Postautos ersetzt.

Ich weiss davon, dass mein Papa als junger Mann – also einige Jahre später – das eine und das andere Mal auf den Säntis gewandert ist, sowie auch auf fast alle sonstigen Berggipfel seiner heimatlichen Umgebung. Er war bis ins hohe Alter ein begeisterter Wanderer.


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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

30.10.2015 um 09:56
Der Fall Frieda Keller

Kindsmord als Verzweiflungstat


Ein aussergewöhnlich gut dokumentierter Kriminalfall aus dem Jahr 1904.

Der Autor Peter Holenstein hat nicht nur die Lebens- und Leidensgeschichte von Frieda Keller akribisch recherchiert und aufschrieben.
Seine Aufzeichnungen enthalten auch informative Einblicke in die sozialen Zustände der damaligen Zeit – eindrückliche Ausschnitte aus der Schweizerischen Sozialgeschichte und darüber hinaus, in welcher Weise dieser Fall Einfluss genommen hat in die Weiterentwicklung des Justizgeschehens/die Rechtsprechung in unserem Lande.

http://medienpreis-fuer-freischaffende.ch/cms/wp-content/uploads/kriminalistik-2012-08-der-fall-frieda-keller-1.pdf


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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

30.10.2015 um 16:34
Ist das so grausam.

Die arme Frieda Keller und das arme Kind.

Wie Menschenverachtend und vor allem Frauenverachtend waren damals die Gesetze in der Schweiz und die öffentliche Meinung.


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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

30.10.2015 um 21:59
Ich hab beim lesen auch erstmal geschluckt....sehr traurig das Schicksal von Frieda Keller und ihrem Sohn..


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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

31.10.2015 um 08:33
@kunigunde
@Katinka1971

Ja, es ist wirklich ein erschütterndes Dokument. Auch über die Macht des Staatsapparates, der ja damals ausschliesslich aus Männern bestanden hat.


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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

31.10.2015 um 09:01
Es zeigt auch, dass die Schuldfrage nicht immer so einfach und offensichtlich zu beantworten ist.
Meine Güte. Und es ist erst knapp über hundert Jahre her!


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itfc ehemaliges Mitglied

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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

31.10.2015 um 11:42
Die Gesetze in der Schweiz waren schon immer etwas anders.
Teilweise dürfen Frauen erst seit 25 Jahren dort Wählen gehen auf kantonsebene.
Aber es war bis vor kurzem erlaubt sich ab 16 ( solange freiwillig, lol,) zu prostituiren.
Der Fall ist nur ein Ausdruck der patriarischen Gesellschaft der Zeit.
Aus heutiger Sicht erschreckend aber damals leider normal.


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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

31.10.2015 um 12:46
Zitat von Marianne48Marianne48 schrieb:Ja, es ist wirklich ein erschütterndes Dokument. Auch über die Macht des Staatsapparates, der ja damals ausschliesslich aus Männern bestanden hat.
.....und keiner macht sich Gedanken, was diese Männer wohl für eine Vorgeschichte aus ihrem eigenen Leben mit sich herumschleppen, solche Urteile fällen zu können, die Vergewaltiger schützen....?

Und keiner macht sich Gedanken darüber, weshalb der Bruder von Frieda Keller nach dem Ableben des Vaters, der vermutlich nur ihn als männlicher Nachkomme von den drei Kindern mit besonders strenger , patriarischen Hand erzogen hatte, das Vermögen in Freudenhäuser verprasste....?

Ich vermute mal stark, dass durch diesen Erziehungsstil von zumindest einem Elternteil , meistens war es väterlicher Seits, bei DIESEN Männern ein Trauma ausgelöst wurde, dass durch die Sanftmut der Mutter auch nicht mehr ausgeglichen werden konnte.

Unterschiedliche Erziehungsstile, z.b. nur die Bevor-oder Benachteiligung kann auch bei Schwestern, also Frauen zu traumatischen Folgen führen und der Boden kann dazu bereitet worden sein, sich lebenslang benachteiligt zu fühlen....

Was bei der Geschichte von Frieda Keller, die zu einer einzigen Tragödie wurde besonders auffällt,......sie wurde mehrfach zu Unrecht bestraft und musste noch materiell aufkommen für ihre Schande, für die ein anderer sorgte , dass nur in einer mehrfachen ÜBERforderung enden konnte, durch die es zu diesem Kindsmord kam.

Alleine die Tatsache, wie sollte da eine Bindung zwischen Mutter und Kind entstehen , bei diesen Lebensumständen ?

Um diese ominösen ÜBERerforderung nochmal zu untermauern.....sie wird auch sehr oft in den Kundenrezensionen des Buches "Deutschland misshandelt seine Kinder" von dem Rechtsmediziner M.Tsokos u. S. Guddat diskutiert.
Die beiden Autoren können nur aus ihrem Arbeitsumfeld berichten ,obwohl sie sicherlich annehmen, dass es "woanders" auch nicht anders abläuft....

In dem Buch kommt auch zur Sprache , dass die Täter mit ihrer Manipulation, mit der sie schon ihre Beziehungen aufbauen, NICHT überfordert seien.....die sie aber benötigen, um überhaupt eine Beziehung zustande zubringen..... dann erst stellt es sich heraus, dass sie mit Kindern überfordert sind.....

Oder sie entführen Kinder ....je nach dem , in welche Richtung sie tendieren mit ihren Süchten/ Zwängen und auch dabei spielen die selben Ursachen eine Rolle, die ich in meinem letzten Absatz am Schluss bemerkte, wenn sie am Alltag nicht anschließen können.....

Bin von daher zu der Überzeugung gekommen, wenn die Auswirkungen eines Traumas, die ja zu diesen posttraumatischen Belastungsstörungen führen können, wird das Trauma nicht geheilt.....kann dies zu Depressionen ,zu Süchten, Zwängen etc. und letztlich zum Suizid und Mord führen.....

Wenn also die "Altlasten" eines Traumas und die Anforderungen im Alltag nicht bewältigt werden können.....Soviel zu dieser Aussage, dass jeder zum Mörder werden könne .....


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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

23.11.2015 um 17:58
Ich finde den Thread ja auch total spannend und verfolge ihn seit der Eröffnung, weil mich solch alte Fälle auch wahnsinnig interessieren.
Am Wochenende bin ich auch mal wieder auf eine Seite gestoßen, auf der ich schon immer gerne gelesen habe und wo etliche alte Kriminalfälle gelistet werden, sodaß mir der Thread sofort wieder einfiel, weil ich mich nicht erinnern konnte, daß der Link hier schon einmal gepostet wurde.

Und zwar diese hier:
http://www.true-crime-story.de/
Die Seite wird regelmäßig gepflegt, aktualisiert und besteht aus Fällen sämtlicher Jahrzehnte, also auch neure Fälle, was ich sehr gut finde.

Ich picke mal einen heraus, den ich z. B. sehr interessant fand und der nicht sooo viele Seiten und Verweise hat.
8. Juni 2015 by Richard Deis

Dorothy Arnold – die verschwundene Millionenerbin


An einem eiskalten Dezembertag verschwindet die 24-jährige Millionenerbin Dorothy Arnold mitten in New York an einer der belebtesten Straßenecken der Welt. Was steckt dahinter? Eine Entführung? Selbstmord? Eine heimliche und fehlgeschlagene Abtreibung? Oder Flucht mit dem Liebhaber? Gerüchte gibt es viele, konkrete Spuren bis heute keine.

Eine Lady verschwindet
Gegen elf Uhr am Morgen des 12. Dezember 1910 verabschiedete sich Dorothy Arnold von ihrer Mutter. Sie sagte ihr, dass sie sich ein Kleid für den anstehenden Debütantinnenball ihrer jüngeren Schwester Marjorie kaufen wolle. Ihre Mutter bot ihr an, sie zu begleiten. Doch Dorothy lehnte das Angebot ab. Stattdessen versprach sie, anzurufen, falls sie ein passendes Kleid gefunden habe.

An dem Verhalten war nichts Ungewöhnliches, denn Mary Arnold, die Mutter, war bei schlechter Gesundheit. Als Dorothy Arnold das Haus verließ, hatte sie vermutlich nicht mehr als 25 Dollar eingesteckt. Sie trug zwar wegen der Minusgrade an diesem Tag einen großen Muff, doch darin hätte sie kaum die notwendigen Utensilien für eine etwaig geplante Flucht verstauen können.

Dorothy Arnold lebte noch im Haus ihrer Eltern 108 East 79th Street. Wo sie sich in den nächsten knapp drei Stunden aufhielt, konnte nie geklärt werden. Das nächste Mal sahen sie Zeugen um 13.45 Uhr in einem Geschäft namens »Park & Tilford« an der Ecke Fifth Avenue und 27th Street, das sich knapp fünf Kilometer entfernt von ihrem Elternhaus befand. Sie kaufte dort eine 250-Gramm-Packung Schokolade. Den Kaufbetrag ließ sie auf das Familienkonto anschreiben. Die Schachtel steckte sie in ihren Muff.

Danach kehrte sie in einem nahe gelegenen Buchladen der Kette »Brentano‘s« ein. Hier kaufte sie den Essayband »Engaged Girl Sketches« von Emily Calvin Blake. Beide Verkäufer, die Dorothy Arnold an diesem Mittag bedient hatten, sagten später aus, dass die junge Frau höflich gewesen sei und kein ungewöhnliches Verhalten gezeigt habe.

Vor dem Buchladen traf Dorothy Arnold zufällig auf ihre Freundin Gladys King. Die beiden unterhielten sich kurz über den bevorstehenden Debütantinnenball. Gladys King gewann den Eindruck, dass Dorothy Arnold guter Stimmung sei.

Nach ein paar Minuten Small Talk entschuldigte sich Gladys King. Inzwischen war es kurz vor zwei. Sie war mit ihrer Mutter um 14.00 Uhr im »Waldorf-Astoria« verabredet. Dorothy äußerte bei der Verabschiedung noch, dass sie durch den Central Park nach Hause zurückkehren wolle. Gladys King drehte sich nochmals um und winkte ihrer Freundin zum Abschied nach. Sie war die letzte Person, die Dorothy Arnold an diesem Nachmittag sah, als sie die 27th Street hinunterspazierte.

Keine weiteren Zeugen
Es ist nichts darüber bekannt, ob sich Dorothy Arnold zuvor nach einem Kleid umgeschaut hatte. Hatte sie ihre Mutter angelogen? War sie in den drei Stunden vor ihrem Erscheinen bei »Park & Tilford« anderweitig aufgehalten worden? Denn es war eher unwahrscheinlich, dass sich mögliche weitere Zeugen nicht bei der Polizei gemeldet hatten.

Zum einen dominierte der Vermisstenfall über Wochen hinweg die Schlagzeilen in New York. Zum anderen gehörten die Arnolds zur Oberschicht der Stadt. Dorothy Arnold war ein bekanntes Gesicht in Manhattan. Hätte sie sich in der Zeit zwischen 11.00 Uhr und 13.45 Uhr oder nach 14.00 Uhr in der Öffentlichkeit bewegt, wäre sie fast zwangsläufig Bekannten über den Weg gelaufen.

Außerdem war kaum anzunehmen, dass sie gleich nach der Verabschiedung von ihrer Freundin verschwunden war. Die Kreuzung Ecke Fifth Avenue und 27th Street gehörte auch an einem kalten Wintertag zu den belebtesten Straßenkreuzungen in New York. Jemand hätte etwas bemerken müssen.

Denkbar ist natürlich, dass ihr ein Täter im Central Park auflauerte, sofern sie diesen Weg tatsächlich eingeschlagen hatte. Doch der Central Park war 1910 noch weit davon entfernt ein gefährlicher Ort zu sein, wie dies in späteren Jahrzehnten der Fall war. Außerdem war es um 14.00 Uhr noch taghell.

Seltsames Verhalten der Eltern
Der Umstand, dass ihre Tochter nicht vom Einkaufsbummel zurückkehrte, bereitete ihren Eltern zunächst noch kein Kopfzerbrechen. Sie gingen davon aus, dass sie eine Freundin getroffen hatte und mit ihr den Nachmittag verbrachte. Erst als Dorothy Arnold das gemeinsame Abendessen mit der Familie verpasste, sorgten sich die Eltern. Diesen Termin versäumte ihre Tochter sonst nie.

Sie riefen zunächst Freunde von ihr an. Aber abgesehen von Gladys King hatte niemand sie an diesem Tag gesehen. Kurz nach Mitternacht meldete sich Elsie Henry, eine weitere Freundin von Dorothy, ihrerseits bei den Arnolds. Sie fragte nach, ob die Tochter inzwischen wohlbehalten zurückgekehrt sei. Dorothys Mutter bejahte die Frage. Als Elsie Henry bat, mit Dorothy sprechen zu dürfen, zögerte Mary Arnold. Sie erzählte der Freundin, dass Dorothy bereits zu Bett gegangen sei und über Kopfschmerzen geklagt habe.

Im Nachhinein wirkte das Verhalten der Mutter mindestens seltsam, wenn nicht gar verdächtig. Fast schon unglaublich mutet es an, dass die Familie Arnold sechs Wochen zögerte, bis sie die Polizei einschaltete. Es gab dafür vermutlich einen schwer nachvollziehbaren, aber nichtsdestotrotz plausiblen Grund.

Die oberen Zehntausend
Die Arnolds gehörten zu den oberen Zehntausend von New York. Solchen Familien ging ihr Leumund und soziales Prestige über alles. Die Arnolds sorgten sich also zunächst mehr um ihren Ruf als um das Leben ihrer verschwundenen Tochter.

Dorothys Vater Francis Rose Arnold war Absolvent der Universität von Harvard und Mitinhaber des Unternehmens F.R. Arnold & Co., das Geschenk- und Modeartikel wie etwa teure europäische Parfüms importierte. Arnolds Vorfahren ließen sich bis zu den Siedlern von der »Mayflower« zurückverfolgen. Seine Frau Mary Samuels stammte aus einer einflussreichen Familie im kanadischen Montreal. Dorothys Onkel Rufus Peckham, der Mann von Francis Arnolds Schwester, war Richter am Obersten Gerichtshof der USA.

Die Tochter Dorothy Harriet Camille Arnold wurde am 1. Juli 1886 in New York City als zweites von insgesamt vier Kindern des Paares geboren. Neben ihrer jüngeren Schwester Marjorie hatte sie noch zwei Brüder – John und Dan Hinckley.

Das Verhalten der Arnolds am 12. Dezember 1910 gab indirekt Aufschluss darüber, wie die engsten Angehörigen über das Verschwinden von Dorothy ursprünglich dachten. Der Gedanke, dass ihre Tochter einem Verbrechen zum Opfer gefallen war, kam ihnen wohl erst gar nicht. Man darf wohl annehmen, dass selbst die High Society von New York sich in diesem Fall sofort an die Polizei wenden würde.

Die Eltern hielten offensichtlich andere Gründe für ihr Verschwinden für wahrscheinlicher. Gründe, die einen Skandal provozieren konnten.


Die gescheiterte Dichterin

Am Morgen nach dem Verschwinden von Dorothy Arnold schaltete ihre Familie statt der Polizei den Anwalt und Freund der Familie John S. Keith ein. Keith durchsuchte suchte zunächst das Zimmer der Vermissten nach Hinweisen.

Überseedampfer und verbrannte Papiere
Er stellte fest, dass alle ihre Kleider – mit Ausnahme der Kleidung, die sie am Tag ihres Verschwindens trug – zurückgeblieben waren. Das Gleiche galt für ihre persönlichen Gegenstände. John S. Keith entdeckte in ihrem Schreibtisch einige Briefe, die mit einem ausländischen Poststempel versehen waren, sowie zwei Broschüren, die für einen Überseedampfer warben.

Im Kamin hatte jemand offensichtlich kürzlich Papier verbrannt. Man nahm an, dass es sich bei den zu Asche zerfallenden Dokumenten um ein Manuskript handelte, das Dorothy Arnold kürzlich einem Zeitschriftenverlag geschickt hatte.

Deprimierende Absagen
Dorothy Arnold hatte die Veltin School in New York City besucht und war anschließend auf das Bryn Mawr College gewechselt. Dort hatte sie 1905 ihren Abschluss in Literatur und Sprachen gemacht.

Sie blieb nach dem College bei ihren Eltern wohnen und bemühte sich, als Schriftstellerin Fuß zu fassen. Im Frühjahr 1910 schickte sie eine Kurzgeschichte an das McClure‘s Magazine, eine bekannte Zeitschrift jener Tage. Der Verlag nahm von einer Veröffentlichung Abstand.

Ihre Angehörigen und Freunde nahmen ihre schriftstellerischen Bemühungen ohnehin nicht sonderlich ernst. Sie neckten sie ständig mit der Absage, ohne ihr in irgendeiner Weise Unfähigkeit unterstellen zu wollen. Dorothy Arnold war eine Millionenerbin und qua Geburt ein Mitglied der gehobenen Gesellschaft. Ob sie nun die Kieselsteine im Park zählte oder Kurzgeschichten schrieb, die keiner wollte – was spielte das schon für eine Rolle?

Dorothy Arnold sah die Angelegenheit augenscheinlich anders. Zwei Monate vor ihrem Verschwinden bat sie ihren Vater, sich ein Apartment in Greenwich Village nehmen zu dürfen, um dort zu schreiben. Francis Arnold verweigerte ihr den Wunsch. Sein Statement: »Ein guter Autor kann überall schreiben.«

Daraufhin mietete Dorothy Arnold ein Postfach an. Ihre Eltern sollten in Zukunft zumindest nichts vom Inhalt ihres Schriftverkehrs mit Magazinen und Verlage mitbekommen.

Dorothy Arnold unternahm im November 1910 einen erneuten Anlauf und sandte eine zweite Kurzgeschichte an das McClure‘s Magazine: »Der Weihnachtsstern und die Flamme«. Man lehnte ihre Geschichte erneut ab. Laut ihren Freunden reagierte sie auf die zweite Absage bedrückt und beschämt.

Hatte sich Dorothy Arnold ihren Misserfolg so sehr zu Herzen genommen, dass sie Selbstmord begangen hatte? John S. Keith klapperte Leichenhäuser, Krankenhäuser und Gefängnisse in New York City, Philadelphia und Boston ab – ohne jeden Erfolg. Irgendwann sah der Anwalt ein, dass er in diesem Fall keine große Hilfe war. Er empfahl den Arnolds, die Pinkerton-Agentur einzuschalten.

Die Pinkerton-Agentur
Die Detektive von Pinkerton fanden keine neuen Ansatzpunkte, weiteten die Suche jedoch aus. Sie überprüften die gesamten Krankenhäuser in der Umgebung von New York. Sie recherchierten an den Orten, von denen man wusste, dass sich Dorothy Arnold dort in der Vergangenheit häufiger aufgehalten hatte. Sie befragten ihre Freunde und ehemalige Kommilitonen. Doch niemand wusste etwas.

Die Broschüren über Überseedampfer, die Keith in ihrem Zimmer gefunden hatte, brachten die Detektive auf eine neue Idee. Möglicherweise war Dorothy Arnold ja mit einem Mann durchgebrannt. Die Agenten von Pinkerton durchstöberten daraufhin die Heiratsregister. Sie konnten keinen Eintrag auf Dorothy Arnolds Namen finden.

Sie verständigten die Pinkerton-Büros in Übersee. Die dortigen Agenten sollten die Passagiere ankommender Dampfer unter die Lupe nehmen. Einige Frauen entsprachen zwar der Personenbeschreibung. Doch keine von ihnen konnte als Dorothy Arnold identifiziert werden.

Nachdem auch die Pinkerton-Agentur mit ihren Nachforschungen gescheitert war, riet sie Francis Arnold dringend an, endlich die Polizei einzuschalten. Die Detektiv-Agentur war zudem der Meinung, dass Arnold eine Pressekonferenz abhalten solle. Er müsse so viel Öffentlichkeit wie möglich herstellen, damit man noch realistische Chancen auf neue Hinweise habe.

Francis Arnold gibt eine Pressekonferenz
Dem so sehr auf seinen Ruf bedachten Unternehmer widerstrebte zwar diese Idee, aber schließlich willigte er ein. Am 25. Januar 1911 trat Francis Arnold in seinem Büro vor die Presse. Er schilderte die Umstände des mysteriösen Verschwindens seiner Tochter und lobte eine Belohnung von 1.000 Dollar für sachdienliche Hinweise aus. Der Betrag würde heute etwa 25.000 Dollar entsprechen.

Die Reporter fragten Arnold, ob es denkbar sei, dass seine Tochter mit einem Mann durchgebrannt sei. Francis Arnold hielt dies für ausgeschlossen: »Ich wäre glücklich gewesen, wenn sie mehr Zeit mit jungen Männern verbracht hätte. Vor allen Dingen mit gebildeten, angesehenen Männern, die einer ehrbaren Beschäftigung nachgehen. Von Nichtstuern habe ich noch nie etwas gehalten.«

Die Reporter brauchten nicht lange, um herauszufinden, dass es im Leben von Dorothy Arnold einen solchen »Nichtstuer« gegeben hatte, den ihr Vater gekannt hatte.

Ein älterer Liebhaber

Der Mann, mit dem Dorothy Arnold in der Vergangenheit wohl eine Affäre unterhalten hatte, hieß George »Junior« Griscom. Er war ein 42-jähriger Ingenieur, der aus einer wohlhabenden Familie in Pittsburgh stammte und bei seinen Eltern wohnte. Das Paar hatte sich bereits kennengelernt, als Dorothy Arnold noch auf dem Bryn Mar College immatrikuliert war.

Eine heimliche Affäre
Die Reporter deckten auf, dass die Vermisste im September 1910 ihre Eltern angelogen hatte. Sie hatte ihnen erzählt, sie würde in Boston eine Kommilitonin vom College besuchen. Stattdessen verbrachte sie zusammen mit »Junior« Griscom eine Woche in einem Hotel.

Arnolds Eltern erfuhren von der Affäre, weil Dorothy in einer Pfandleihe Schmuck im Wert von 500 Dollar für 60 Dollar versetzt hatte, um sich ihr Liebesabenteuer zu finanzieren. Ihre Eltern verboten ihr daraufhin den Kontakt zu »Junior« Griscom. Sie empfanden den Mann als unpassend für ihre Tochter.

Doch Dorothy Arnold hielt mit ihrem Geliebten zumindest den Briefverkehr aufrecht. Die beiden sahen sich nachweislich ein letztes Mal Anfang November 1910, kurz bevor »Junior« Griscom mit seinen Eltern eine längere Urlaubsreise antrat. Als Dorothy Mitte Dezember verschwand, weilte Griscom bereits in Neapel.

Die Arnolds stellen Griscom zur Rede
Die Arnolds sandten ihm am 16. Dezember 1910 dorthin ein Telegramm. Sie fragten ihn, ob er irgendetwas über das Schicksal ihrer Tochter wisse. Griscom verneinte. Er habe keine Ahnung, wo sich Dorothy aufhalte und was die Gründe für ihr Verschwinden seien.

Anfang des Jahres 1911 reiste Mary Arnold mit ihrem ältesten Sohn John nach Italien. Am 16. Januar trafen sie »Junior« Griscom in einem Hotelzimmer in Florenz, um ihn persönlich zur Rede zu stellen.

Griscom blieb bei seiner Darstellung. Er habe nichts mit dem Verschwinden von Dorothy Arnold zu tun und wisse rein gar nichts über die Hintergründe. Die Arnolds verlangten von dem Ingenieur die Herausgabe der Briefe, die ihm Dorothy geschickt hatte. John Arnold erzählte später, die Schreiben hätten keine relevanten Informationen enthalten. Er habe sie deshalb zerstört.

Im Februar 1911 kehrte Griscom in die Vereinigten Staat zurück. »Junior« machte gegenüber der Presse seine Absicht publik, Dorothy Arnold zu heiraten, sollte sie jemals nach Hause zurückzukehren. In der Folge investierte Griscom mehrere Tausend Dollar, um Werbeanzeigen zu schalten, in denen er seine einstige Geliebte bat, sich bei ihm, der Familie oder den Behörden zu melden.

Hinweise über Hinweise
Die Pressekonferenz von Francis Arnold hatte zunächst den gewünschten Erfolg. Die »New York Times« und andere Zeitungen berichteten täglich über den mysteriösen Vermisstenfall. Die Familie ließ zudem Flyer mit Foto, Personenbeschreibung und dem Hinweis auf die Belohnung drucken. Man verteilte die Zettel in den gesamten USA, Kanada und Mexiko.

Die Publicity, die der Fall Dorothy Arnold dadurch erreichte, war für damalige Verhältnisse enorm. Das Interesse hatte eine Vielzahl von Hinweisen zur Folge. Zahlreiche Menschen im ganzen Land wollten plötzlich Dorothy Arnold gesehen haben. Die Polizei ging allen Spuren nach – vergeblich.

Die Arnolds erhielten zudem zwei Lösegeldforderungen über jeweils 5.000 Dollar. Es stellte sich heraus, dass die Schreiben von Trittbrettfahrern verfasst waren.

Ende Januar 1911 gab die Polizei bekannt, dass sie nach wie vor davon ausginge, dass Dorothy Arnold noch am Leben sei. Zumindest Francis Arnold teilte diese Hoffnung nicht mehr. Er äußerte jetzt sogar gegenüber der Presse, dass er von Anfang an überzeugt gewesen sei, dass seine Tochter Opfer eines Überfalls und ermordet wurde. Da stellte sich natürlich die Frage, warum er dann nicht sofort die Polizei eingeschaltet hatte.

Tod im Reservoir?
Francis Arnold hatte auch eine Theorie zum konkreten Tatgeschehen. Er glaubte, Dorothy sei im Central Park überfallen worden. Er vermutete, dass der oder die Täter ihre Leiche im sogenannten Reservoir-See versenkt hätten. Im Central Park gibt es mehrere Teiche und Seen. Das Reservoir ist die größte Wasserfläche. Arnold deutete an, dass zwei Indizien existierten, die seine Theorie untermauerten. Worum es sich dabei handelte, gab er jedoch nie zu erkennen.

Die Polizei hatte Zweifel an Arnolds Darstellung. Denn in den Tagen vor dem Verschwinden von Dorothy Arnold waren die Temperaturen in New York auf -6° Celsius gefallen. Die Oberfläche des Reservoir-Sees war komplett zugefroren. Auf dem See hatte sich eine stabile Eisschicht gebildet.

Dennoch durchsuchten die Polizisten den Central Park, ohne jedoch eine Spur zu finden, die auf Dorothy Arnold hindeutete. Als das Reservoir im Frühjahr 1911 wieder aufgetaut war, untersuchten Taucher den See. Sie fanden weder eine Leiche noch persönliche Gegenstände von Dorothy Arnold. Was war also mit der jungen Frau geschehen?

Die einzige Gewissheit

Die Theorien und Spekulationen über das Verschwinden von Dorothy Arnold waren mannigfaltig. Manch einer spekulierte, dass die junge Frau auf einem vereisten Gehweg ausgerutscht sei. Sie sei dabei auf den Kopf gestürzt, was einen Gedächtnisverlust ausgelöst habe. Im Krankenhaus sei sie dann ohne Erinnerung an ihren Namen aufgewacht.

Für diese Theorie existierte jedoch kein stichhaltiger Anhaltspunkt. Denn John S. Keith und die Pinkerton-Detektive hatten jede Klinik in New York und Umgebung überprüft. Keine der zum fraglichen Zeitpunkt eingelieferten Frauen litt unter einer solchen Amnesie.

Andere Beobachter mutmaßen, Dorothy Arnold sei betäubt und entführt worden. Auch dieser Tathergang war eher unwahrscheinlich. Sie wurde letztmals auf einer sehr belebten Straße im hellen Tageslicht gesehen. Eine Entführung wäre Zeugen mit ziemlicher Sicherheit aufgefallen. Außerdem hatte es keinerlei Lösegeldforderungen gegeben, abgesehen von den beiden gefälschten Schreiben, die erst nach der Pressekonferenz auftauchten, also mehr als sechs Wochen nach dem Verschwinden.

Selbstmord?
Der ehemalige Geliebte George Griscom äußerte hingegen den Verdacht, dass Dorothy Arnold möglicherweise Selbstmord begangen habe. Sie sei wegen ihres Scheiterns als Schriftstellerin sehr deprimiert gewesen. Nach der zweiten Absage vom McClure‘s Magazine habe sie ihm einen Brief geschrieben, indem sie ihre Enttäuschung zum Ausdruck gebracht und einen Selbstmord angedeutet habe.

Griscom zitierte das Schreiben wie folgt: »Also, sie haben es mir zurückgeschickt. McClure‘s hat mich abgelehnt. Ein weiteres Mal. Wenn ich in den Spiegel schaue, starrt mir die Erfolglosigkeit ins Gesicht. Ich sehe eine lange Straße vor mir. Eine Straße ohne jeden Abzweig. Mutter wird denken, es sei ein Unfall geschehen.«

Auch einige von Arnolds Familienangehörigen glaubten an einen Freitod. Doch sie hatten dafür einen anderen Grund im Verdacht. Nicht ihr mangelnder Erfolg als Autorin sei die Ursache gewesen, sondern die gescheiterte Beziehung zu »Junior« Griscom.

Fahndung eingestellt
Im Februar 1911 erhielt Francis Arnold eine Postkarte, die in New York City abgestempelt war. Sie enthielt die knappe Botschaft: »Mir geht es gut.« Die Karte war mit »Dorothy« unterschrieben. Die Handschrift entsprach der von Dorothy Arnold. Doch ihr Vater war überzeugt, dass sich jemand nur einen bösen Scherz erlaubt und das Schriftbild gefälscht hatte. Die Zeitungen hatten Proben ihrer Handschrift veröffentlicht.

Kurz darauf verkündete die New Yorker Polizei, dass sie die Fahndungsmaßnahmen nach der verschwundenen Millionenerbin abbrechen würden. In 75 Tagen war kein einziger konkreter Hinweis auf den Verbleib des Mädchens aufgetaucht. Aus Polizeisicht war noch entscheidender, dass bisher keinerlei Indiz existierte, dass überhaupt ein Verbrechen vorlag. Die Behörden behandelten die Angelegenheit Dorothy Arnold von nun an wie jeden anderen Vermisstenfall.

Die Spur zur illegalen Abtreibungsklinik
Erst 1916 kam nochmals Bewegung in den Fall. Es hatte bereits zuvor Gerüchte gegeben, dass Dorothy Arnold möglicherweise schwanger gewesen sei und deshalb eine Abtreibungsklinik aufgesucht habe, um ihrer Familie die Schande eines unehelichen Kindes zu ersparen. Bei diesem damals noch gefährlichen und illegalen Eingriff sei sie dann verstorben. Anfang April 1916 erhielten diese Gerüchte neue Nahrung.

In Bellevue (Pennsylvania) war eine illegale Abtreibungsklinik aufgeflogen, die von einem Dr. C.C. Meredith betrieben wurde. Dr. H.E. Lutz, einer der Ärzte, die in der Klinik gearbeitet hatten, erhob schwere Anschuldigungen gegenüber dem Betreiber. Lutz sagte vor dem Staatsanwalt aus, dass Dr. Meredith ihm gegenüber zugegeben habe, dass mehrere junge Frauen infolge von Komplikationen nach dem Eingriff verstorben seien – darunter auch Dorothy Arnold.

Dr. Lutz behauptete, dass die Leiche von Dorothy wie die der anderen Frauen im Heizungskessel der Klinik verbrannt worden sei. Der zuständige Bezirksstaatsanwalt hielt die Aussage für plausibel. Francis Arnold war anderer Ansicht. Er wertete die Geschichte als »lächerlich und absolut unwahr«.

Es stellte sich bei dieser Gelegenheit heraus, dass in der Vergangenheit bereits eine andere Spur nach Pittsburgh geführt hatte. Der Anwalt der Familie John S. Keith hatte zwei Monate nach dem Verschwinden von Dorothy Arnold einen Tipp von einem befreundeten Anwalt in Pittsburgh erhalten, dass sich die Gesuchte dort in einem Sanatorium aufhalte. Keith hatte die Klinik daraufhin aufgesucht, aber bei der fraglichen Frau handelte es sich nicht um Dorothy Arnold.

Die Geschichte von Edward Glennoris
Im April 1916 meldete sich zudem ein gewisser Edward Glennoris bei den Behörden. Glennoris war zu einer mehrjährigen Haftstrafe wegen versuchter Erpressung verurteilt worden, die er in Rhode Island absaß.

Glennoris behauptete nun, 250 Dollar erhalten zu haben, um den Leichnam von Dorothy Arnold im Dezember 1910 verschwinden zu lassen. Ein Bekannter, den er nur unter dem Namen »Little Louie« kenne, habe ihn ursprünglich für einen Fahrerjob angeheuert. Er habe eine Frau von New Rochelle nach West Point bringen sollen.

Als er am Treffpunkt in New Rochelle eingetroffen sei, hätten dort neben »Little Louis« ein gut gekleideter Herr und ein Typ, den die anderen nur den »Doc« nannten, auf ihn gewartet. Die Beschreibung, die Glennoris von dem wohlhabenden Mann in feinem Anzug abgab, ähnelte George Griscom.

Die Männer hätten eine bewusstlose Frau zu seinem Wagen geschafft. Sie hätten ihn dann angewiesen, zu einem Haus nach Weehawken in New Jersey zu fahren. Während der Fahrt habe ihm »Little Louie« erzählt, dass die junge Frau Dorothy Arnold heiße.

Glennoris wollte Dorothy auch anhand der Fotos, die die Zeitungen abdruckten, wiedererkannt haben. Außerdem beschrieb er detailliert einen Siegelring, den die junge Frau am linken Zeigefinger getragen habe. Die Beschreibung traf exakt auf ein Schmuckstück zu, das Dorothy Arnold tatsächlich besessen hatte.

Am nächsten Tag habe »Little Louie« ihn erneut kontaktiert, so Glennoris, um »den Job zu Ende zu bringen«. In Weehawken habe der »Doc« die Männer unterrichtet, dass die Frau während einer Operation verstorben sei. Glennoris und Little Louie hätten den Leichnam dann zurück zu dem Haus nach New Rochelle geschafft. Die Leiche hätten sie in ein Laken eingewickelt und im Keller vergraben.

Die Polizei ging der Geschichte zwar nach und durchsuchte mehrere Kellerräume in der Gegend, die Glennoris beschrieben hatte. Doch es fanden sich keine menschlichen Überreste.

Ein ungelöstes Rätsel
Die angeblichen Sichtungen von Dorothy Arnold rissen auch in den folgenden Jahren nicht ab. Das rätselhafte Verschwinden der Frau ließ die Leute nicht los. Die Arnolds erhielten zahlreiche Briefe von Frauen, die behaupteten, die gesuchte Tochter zu sein. Alle Spuren entpuppten sich jedoch als Sackgasse.

Captain John H, Ayers von der Vermisstenabteilung der New Yorker Polizei heizte 1921 nochmals kurzfristig das öffentliche Interesse an dem Fall an. Im Rahmen einer Lesung behauptete er, dass die Behörden seit geraumer Zeit über das Schicksal von Dorothy Arnold Aufschluss hätten.

Ayers weigerte sich jedoch, diese Bemerkung auf Nachfrage genauer auszuführen. Er verriet auch nicht, ob die Behörden annahmen, dass Arnold noch lebte oder tot war. Am nächsten Tag behauptete Ayers, er sei falsch zitiert worden. Er leugnete nun, dass der Polizei konkrete Erkenntnisse über das Schicksal der Vermissten bekannt seien.

Die einzige Gewissheit
Francis Arnold hatte im Laufe der Jahre etwa 250.000 Dollar für die Suche nach seiner verschwundenen Tochter ausgegeben. Bis zu seinem Tod am 6. April 1922 beharrte er auf seinem Standpunkt, dass Dorothy Arnold gekidnappt und ermordet worden sei. Er war davon so sehr überzeugt, dass er sie nicht einmal mehr in seinem Testament berücksichtigt hatte. Seine Frau Mary, die sechs Jahre später verstarb, war anderer Meinung. Sie äußerte bis zuletzt die Hoffnung, dass ihre Tochter noch lebe.

Es gab in diesem Fall nur eine Gewissheit. Dorothy Arnold hatte am Vormittag des 12. Dezember 1910 gut gelaunt ihr Elternhaus verlassen und sich auf einen Einkaufsbummel begeben. Und dann hatte sie sich in einer der belebtesten Straßen der Welt von einer Minute auf die andere in Luft aufgelöst.

Die Akten zu dem Vermisstenfall Dorothy Arnold sind schon lange geschlossen. Mit einer Klärung ihres Verschwindens rechnet nach über hundert Jahren inzwischen niemand mehr.



Link: http://www.true-crime-story.de/dorothy-arnold/
Auf der Seite im Link sind zusätzlich noch Fotos eingebunden, was die Sache anschaulicher macht.
Dazu kommt diese gänzlich andere Zeit, in der Dorothy Arnold damals gelebt hat und wie anfangs mit dem Vermisstenfall innerhalb der Familie umgegangen wurde.


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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

29.11.2015 um 15:18
Die Chancen sie zu finden, waren sicherlich von Anfang an schlecht. Aber die Ansichten der Familie und die Einengungen, denen Frauen zu der Zeit unterlagen, tat ein übriges.


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Alte Mord- und Vermisstenfälle bis in die 1950er Jahre

29.09.2017 um 10:15
Vor kurzem hat sich ein Vermisstenfall aus dem Jahr 1981 als Mordfall herausgestellt, der Täter sitzt bereits wegen anderen Taten seit vielen Jahren im Gefängnis

http://www.stern.de/panorama/stern-crime/beata-sienknecht-wurde-36-jahre-vermisst---nun-wurde-wohl-ihr-moerder-gefasst-7640120.html
Durch Nachforschungen sogenannter Cold-Case-Ermittler der Hamburger Polizei hat sich ein fast 36 Jahre alter Vermisstenfall als mutmaßlicher Mord entpuppt. Ein bereits wegen "weiterer Tötungsdelikte" seit vielen Jahren in der Psychiatrie einsitzender Mann habe gestanden, die damals 36-jährige Beata Sienknecht im Oktober 1981 getötet und ihre Leiche beseitigt zu haben, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit.



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