Jack the Ripper
11.01.2022 um 11:43Da leider ein paar wissenswerte Informationen flöten gingen, stelle ich diese hier noch mal ein. Früher oder später stellen sich wohl jeder am Fall Interessierte die Fragen, ob der Ripper einen Schlüssel hatte und so rein-, aber auch raus gekommen wäre. Oder wer hätte sonst wohl hinter dem Ripper die Tür abgeschlossen?
Ich denke, das Problem lässt sich einfacher lösen, wenn man nicht nach dem wer, sondern dem wie fragt.
Dieser Fall weist einige typische Handlungselemente auf, die sich wohl am besten mit damals und britisch kategorisieren lassen.
Es wurde ja etwas Blut an der zerbrochenen Fensterscheibe gefunden, das könnte aber dort schon länger gewesen sein; schließlich haben Kelly und Barnett doch wohl ab und an durchs Fenster gegriffen, um die Tür von innen zu öffnen (genauer: sie entriegelt), nachdem sie den Schlüssel verlegt hatten.
Aber taten sie das immer?
Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass der Ripper auf diesen Weg rein gekommen wäre. Ich denke, Kelly hat ihn mit nach Hause genommen oder ihm die Tür geöffnet.
Dass der Täter die Tür abschloss, um nicht gestört zu werden, ist zwar möglich, aber ebenso könnte es Kelly selbst gewesen sein. Dass er sie abschloss, damit Kelly nicht (zu früh) gefunden werden konnte, nachdem er gegangen war, wäre aber unnötig und ist vermutlich auch nicht so gewesen.
Diese Verwirrung mit dem Schloss ergibt sich ziemlich sicher aus einer typischen Eigenheit britischer Türschlösser. Vor ein paar Jahren kam darüber mal eine Diskussion im Casebook auf. Jüngere Briten und alle Nicht-Briten kannten/kennen das System nämlich kaum oder nicht oder nicht mehr.
Ich kannte es zwar, hatte aber lange nicht gewusst, wie es eigentlich funktioniert (habe mich vor 30 Jahren deshalb auch mal in einem Hotel, das noch ein paar Türen mit diesem altem System hatte, ausgeschlossen, obwohl der Schlüssel im Inneren steckte und nicht umgedreht war).
Ich denke, es bedarf der näheren Aufklärung, um mal mit dem Mythos, der Ripper hätte unbedingt einen Schlüssel gebraucht, damit die Tür hinter ihm schloss, aufzuräumen.
Hätte er nämlich gar nicht.
Diese Türschlösser besaßen neben der Möglichkeit, sie mit dem Schlüssel zu verschließen, noch einen internen Riegel innerhalb des Schlüsselschlosses. Wenn man den umlegte, ging nur von innen, dann war die Tür auch dann verschlossen, wenn man den Schlüssel nicht umdrehte, oder gar keinen hatte. Kelly und Barnett konnten also ziemlich sicher ihr Zimmer auch ohne Schlüssel verriegeln, weshalb sie sich ja erst mal gar nicht um einen neuen kümmerten, auch nicht auf dem Höhepunkt der Ripper Panik.
Dies Schlösser boten drei Möglichkeiten:
1. Weder verriegeln, noch mit Schlüssel abschließen, und waren in dem Fall von beiden Seiten, innen und außen, zu öffnen. Auch, wenn außen ein Knauf war, was meistens der Fall war. Der Knauf besaß einen kleinen Knopf in der Mitter, der, wenn gedrückt, die Tür von außen öffnete.
2. Mit Schlüssel abschließen. In dem Fall konnte man das Schloss von beiden Seiten nur mehr mit dem Schlüssel öffnen.
3. Und dann die britische Variante: von innen den Riegel einhaken lassen, in welchem Fall man die Tür von außen nicht mehr öffnen konnte (auch nicht mit dem Knopf im Knauf), aber bequem von innen, ohne den Riegel zurück legen und ohne den Schlüssel drehen zu müssen (der konnte allerdings beide Systeme wieder öffnen und wurde auch benötigt, um so ein verriegeltes Schloss von außen wieder zu öffnen. Daher kam ja auch die Polizei ohne Schlüssel nicht rein).
Im Gegensatz zu kontinentalen Riegeln, die zusätzlich angebracht wurden/werden, und die man auch von innen zuerst öffnen muss(te), um raus zu kommen, konnte der britische Verriegelungstyp also auch verriegelt bleiben, und trotzdem ließ sich die Tür von innen problemlos öffnen.
Muss wohl so eine Art Feuerschutzmaßnahem gewesen sein. Man konnte die Tür nach außen sichern, aber im Falle von Gefahr/Panik von innen sofort raus, ohne erst lange mit einem Schlüssel hantieren oder ihn gar suchen zu müssen.
Eigentlich recht praktisch, wenn auch für Uninformierte verwirrend.
Ich denke, Barnett und Kelly haben es genau so gemacht. Wenn sie zu Hause waren, riegelten sie einfach ab. Wenn sie darauf beim Rausgehen vergaßen, mussten sie später eben durchs Fenster greifen (und vielleicht hat sich dabei einer der beiden auch mal verletzt; vermutlich Kelly, da Barnett es sonst erwähnt hätte, als man das Blut fand).
Ebenso vermutlich haben sie aber wohl auch die Tür einfach oft unverschlossen gelassen, wenn sie ausgingen. Wer sollte denn bei ihnen schon etwas stehlen können?
Für Letzteres spricht auch die Zeugenaussage von, hmm, oje, weiß jetzt nicht mehr, ob Cox oder Prater, die an dem Abend hinter Kelly und ihrem Gast her ging. Die sagte aus, dass Kelly einfach die Tür öffnete, also keinen Schlüssel (den sie nicht mehr hatte) brauchte und auch nicht durchs Fenster griff. Demnach war die Tür also unverriegelt gewesen.
Wenn der letzte Gast (Carotty Man) der Täter war oder Kelly doch noch später noch jemanden einließ/mit nahm, dann hätte sie die Tür vermutlich von innen verriegelt (oder der Täter es getan).
Als der Täter den Tatort dann verließ, musste er dazu nur die Tür öffnen, durchgehen und hinter sich zuziehen oder ins Schloss fallen lassen. Die Verriegelung schnappte zu, die Tür war von außen verschlossen, ohne das der Täter dazu je einen Schlüssel gebraucht hätte.
Was somit niemanden, der einen Schlüssel hätte besitzen können, verdächtiger macht als jeden anderen Verdächtigen.
Ich denke, das Problem lässt sich einfacher lösen, wenn man nicht nach dem wer, sondern dem wie fragt.
Dieser Fall weist einige typische Handlungselemente auf, die sich wohl am besten mit damals und britisch kategorisieren lassen.
Es wurde ja etwas Blut an der zerbrochenen Fensterscheibe gefunden, das könnte aber dort schon länger gewesen sein; schließlich haben Kelly und Barnett doch wohl ab und an durchs Fenster gegriffen, um die Tür von innen zu öffnen (genauer: sie entriegelt), nachdem sie den Schlüssel verlegt hatten.
Aber taten sie das immer?
Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass der Ripper auf diesen Weg rein gekommen wäre. Ich denke, Kelly hat ihn mit nach Hause genommen oder ihm die Tür geöffnet.
Dass der Täter die Tür abschloss, um nicht gestört zu werden, ist zwar möglich, aber ebenso könnte es Kelly selbst gewesen sein. Dass er sie abschloss, damit Kelly nicht (zu früh) gefunden werden konnte, nachdem er gegangen war, wäre aber unnötig und ist vermutlich auch nicht so gewesen.
Diese Verwirrung mit dem Schloss ergibt sich ziemlich sicher aus einer typischen Eigenheit britischer Türschlösser. Vor ein paar Jahren kam darüber mal eine Diskussion im Casebook auf. Jüngere Briten und alle Nicht-Briten kannten/kennen das System nämlich kaum oder nicht oder nicht mehr.
Ich kannte es zwar, hatte aber lange nicht gewusst, wie es eigentlich funktioniert (habe mich vor 30 Jahren deshalb auch mal in einem Hotel, das noch ein paar Türen mit diesem altem System hatte, ausgeschlossen, obwohl der Schlüssel im Inneren steckte und nicht umgedreht war).
Ich denke, es bedarf der näheren Aufklärung, um mal mit dem Mythos, der Ripper hätte unbedingt einen Schlüssel gebraucht, damit die Tür hinter ihm schloss, aufzuräumen.
Hätte er nämlich gar nicht.
Diese Türschlösser besaßen neben der Möglichkeit, sie mit dem Schlüssel zu verschließen, noch einen internen Riegel innerhalb des Schlüsselschlosses. Wenn man den umlegte, ging nur von innen, dann war die Tür auch dann verschlossen, wenn man den Schlüssel nicht umdrehte, oder gar keinen hatte. Kelly und Barnett konnten also ziemlich sicher ihr Zimmer auch ohne Schlüssel verriegeln, weshalb sie sich ja erst mal gar nicht um einen neuen kümmerten, auch nicht auf dem Höhepunkt der Ripper Panik.
Dies Schlösser boten drei Möglichkeiten:
1. Weder verriegeln, noch mit Schlüssel abschließen, und waren in dem Fall von beiden Seiten, innen und außen, zu öffnen. Auch, wenn außen ein Knauf war, was meistens der Fall war. Der Knauf besaß einen kleinen Knopf in der Mitter, der, wenn gedrückt, die Tür von außen öffnete.
2. Mit Schlüssel abschließen. In dem Fall konnte man das Schloss von beiden Seiten nur mehr mit dem Schlüssel öffnen.
3. Und dann die britische Variante: von innen den Riegel einhaken lassen, in welchem Fall man die Tür von außen nicht mehr öffnen konnte (auch nicht mit dem Knopf im Knauf), aber bequem von innen, ohne den Riegel zurück legen und ohne den Schlüssel drehen zu müssen (der konnte allerdings beide Systeme wieder öffnen und wurde auch benötigt, um so ein verriegeltes Schloss von außen wieder zu öffnen. Daher kam ja auch die Polizei ohne Schlüssel nicht rein).
Im Gegensatz zu kontinentalen Riegeln, die zusätzlich angebracht wurden/werden, und die man auch von innen zuerst öffnen muss(te), um raus zu kommen, konnte der britische Verriegelungstyp also auch verriegelt bleiben, und trotzdem ließ sich die Tür von innen problemlos öffnen.
Muss wohl so eine Art Feuerschutzmaßnahem gewesen sein. Man konnte die Tür nach außen sichern, aber im Falle von Gefahr/Panik von innen sofort raus, ohne erst lange mit einem Schlüssel hantieren oder ihn gar suchen zu müssen.
Eigentlich recht praktisch, wenn auch für Uninformierte verwirrend.
Ich denke, Barnett und Kelly haben es genau so gemacht. Wenn sie zu Hause waren, riegelten sie einfach ab. Wenn sie darauf beim Rausgehen vergaßen, mussten sie später eben durchs Fenster greifen (und vielleicht hat sich dabei einer der beiden auch mal verletzt; vermutlich Kelly, da Barnett es sonst erwähnt hätte, als man das Blut fand).
Ebenso vermutlich haben sie aber wohl auch die Tür einfach oft unverschlossen gelassen, wenn sie ausgingen. Wer sollte denn bei ihnen schon etwas stehlen können?
Für Letzteres spricht auch die Zeugenaussage von, hmm, oje, weiß jetzt nicht mehr, ob Cox oder Prater, die an dem Abend hinter Kelly und ihrem Gast her ging. Die sagte aus, dass Kelly einfach die Tür öffnete, also keinen Schlüssel (den sie nicht mehr hatte) brauchte und auch nicht durchs Fenster griff. Demnach war die Tür also unverriegelt gewesen.
Wenn der letzte Gast (Carotty Man) der Täter war oder Kelly doch noch später noch jemanden einließ/mit nahm, dann hätte sie die Tür vermutlich von innen verriegelt (oder der Täter es getan).
Als der Täter den Tatort dann verließ, musste er dazu nur die Tür öffnen, durchgehen und hinter sich zuziehen oder ins Schloss fallen lassen. Die Verriegelung schnappte zu, die Tür war von außen verschlossen, ohne das der Täter dazu je einen Schlüssel gebraucht hätte.
Was somit niemanden, der einen Schlüssel hätte besitzen können, verdächtiger macht als jeden anderen Verdächtigen.