Die Isdal Frau

@VanDusen
Diese in der Tat komischen Wörtern haben sicher nicht in den Pässen gestanden. Dazu hatte ich bereits schon mal etwas hier gepostet. Vielmehr gehen sie auf die spezifischen Deutschkenntnisse der Frau zurück.

@VanDusen
Wurden Berufsangaben in belgischen Pässen eingetragen? Heute jedenfalls nicht mehr. In Hotelformularen wurden sie eingetragen, aber dort wurden ja auch andere Angaben wie "Zweck der Reise" oder "Nächster Aufenthaltsort" erwartet. Ah, ich lese gerade, @Tuxhater geht auch davon aus , dass es nicht in den Pässen gestanden hat.

Quidquid schrieb:Hier eine "weiße" Feldflasche (aus Plastik) der NVA der DDR. Man hat sie allerdings in einen Tarnüberzug gepackt.

Tut mir leid, ich glaube nicht, dass irgendein Geheimdienst o.ä. solche Flaschen mitnimmt, um im Ausland irgendwelche dunklen Machenschaften zu betreiben, angesichts dessen, dass gleichzeitig im Fall der Isdal - Frau ein erheblicher Aufwand betrieben wurde, ihre Identität zu verschleiern.

Ich bin übrigens auf eine andere kleine Sache gestoßen, die ich hier noch kurz mitteilen will:
In den von POT freigegebenen Unterlagen findet sich eine Liste von Schreiben an verschiedene Behörden.
Sie wurde von @Bellaso am 28.2. 17 hier eingestellt. Wir nahmen an, dass die angeschriebene Behörde das Bundesamt für Verfassungsschutz war, das in Köln beheimatet ist.
Das kam mir schon seltsam vor, denn das BfV beschäftigt sich ja mit Inlandsfällen.
Inzwischen gehe ich davon aus, dass nicht das BfV. angeschrieben wurde, sondern das Belgische Konsulat in Köln, mit dem Zweck, die Pässe und Namen überprüfen zu lassen.
Denn das Konsulat war auch passausstellende Behörde.

@Quidquid
Eine gute Frage wegen den Feldflaschen. Ich hatte diesbezüglich auch bereits recherchiert, aber nichts herausgefunden. Wahrscheinlich waren die Flaschen skandinavische Massenware. Möglich wäre es trotzdem, dass die Flaschen eine bislang ungeklärte Herkunft haben.

@ligala

ligala schrieb:Denn das Konsulat war auch passausstellende Behörde.

Meinst du damit, dass ihre Pässe vom Konsulat in Köln ausgestellt wurden oder das Konsulate prinzipiell sowas machen?

Ich denke schon, dass das Fernschreiben an das BfV ging. Das BfV hat zwar seinen Haupttätigkeitsbereich im Inland, allerdings ist er auch für die Spionageabwehr zuständig. Ich zitiere mal: "Aufklärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten […] für eine fremde Macht". Ich habe auf irgendeiner Seite (auf jedenfall nicht deutschsprachig) gelesen, dass damals aufgrund der gefundenen Beweisstücke alle in Frage kommenden Länder (befreundete Mächte), in denen die Isdal-Frau offenbar gewesen sein könnte, kontaktiert wurden.

@Tuxhater
Ich hatte gelesen, dass das damalige belgische Konsulat in Köln für belgische Bürger, die z.B. in Deutschland sind, Pässe ausstellte.
Da kam mir der Gedanke. Kann natürlich immer noch sein, dass der Adressat das BfV war.

Tuxhater schrieb:Meinst du damit, dass ihre Pässe vom Konsulat in Köln ausgestellt wurden oder das Konsulate prinzipiell sowas machen?

Nein, ich meine nicht, dass das Konsulat für sie Pässe ausstellte, die waren ja alle falsch.

@ligala
Das Fernschreiben ging an das BfV als sog. "befreundeten Dienst" in Köln. Ich hatte meine Vermutung schon gegenüber dem NRK geäußert, das mir daraufhin das in der Ermittlungsakte enthaltene damalige Antwortschreiben des BfV an die POTgemailt hat. Danach konnte das BfV keinen entsprechenden Vorgang bei sich ermitteln.

@Bellaso
Danke für die Auskunft Bellaso, super!

Muss mich berichtigen, nachdem ich nochmal nachgesehen habe: Das NRK hat mir das Anfrageschreiben der POT an das BfV gemailt, nicht dessen Antwort. Das ändert aber ja nichts in der Sache.

borchert schrieb:Du hast ja früher geschrieben, die Isdal Frau sei deiner Meinung nach psychisch krank. Aber plötzlich bist du anderer Meinung, oder?

Nein, im Gegenteil. Ich glaube, dass ihr Lebensstil mit dem permanenten Herein- und Herausschlüpfen aus diversen Identitäten, den Maskierungen, dem dauernden Risiko, enttarnt zu werden, der Einsamkeit usw. ein Faktor war, der bei ihr das Auftreten einer wahnhaften paranoiden Erkrankung befördert hat. Dinge wie das Abkratzen von Etiketten auf Kosmetikartikeln lernt man nicht auf der KGB-Schule, das sind geradezu lehrbuchhafte Symptome von Verfolgungswahn.

Was die gefälschten Pässe anbelangt, so kann man die Siebziger in der Tat nicht mit heute vergleichen. Heutzutage ist es ebenso technisch trivial wie sinnlos, einen Pass zu fälschen, weil bei einer Kontrolle eben nicht (nur) der Pass an sich überprüft wird, sondern die Datenbank, in der er aufgeführt wird oder aufgeführt werden sollte. In den Siebzigern war das noch anders: das richtige Papier, die Wasserzeichen, die Stempel und so weiter entschieden über Erfolg oder Misserfolg. Dies war die gewissermaßen die goldene Zeit der Passfälscher. Die besseren darunter flogen, wenn überhaupt, nur durch sprachliche Ungeschicklichkeiten wie irgendeine "Kreisleitung" als ausstellende Behörde auf ;-)

@Bellaso
Trotzdem interessant! Was genau wollte man denn vom BfV wissen?

@VanDusen

Also, du meinst, die Isdal Frau war Mitglied einer Scheckfälscher-Bande, obwohl psychisch krank? Hätten die übrigen Mitglieder/Chefs nicht auf eine psychische Erkrankung reagiert? Ich bin der Meinung, man hätte sie dann rausgeschmissen.

Übrigens hat man ja, wie erwähnt, ihre Fingerabdrücke abgenommen. Vorstrafen hatte sie wohl keine - auf jeden Fall gibt es keine Informationen dazu. Das spricht aber gegen eine kriminelle Karriere. Ich glaube nicht, dass die Frau kriminell war, denn es gibt keine amtsbekannte "Bande" die ins Muster passen könnte.

Aber paranoid/psychisch krank halte ich für möglich.

Sinnlos ist es nicht, einen Pass heutzutage zu fälschen. Es kommt natürlich darauf an, wo man ihn benutzt. Die Kontrollen sind nicht überall rigoros.

@ligala
Die POT schilderte in der Anfrage grob den Zustand der Leiche und nannte die in den Hotelformularen aufgeführten Namen und Adressen. Interpol sei bereits befragt worden, an das BfV wende man sich für den Fall, dass die Angelegenheit einen "speziellen Hintergrund" habe. Die POT wollte wissen, ob dem BfV irgendwelche Informationen zu der Frau vorlagen.

borchert schrieb: Hätten die übrigen Mitglieder/Chefs nicht auf eine psychische Erkrankung reagiert? Ich bin der Meinung, man hätte sie dann rausgeschmissen.

Dafür hätten sie zunächst einmal davon erfahren müssen, und in diesem Metier sind die Grenzen zwischen gesunder Vorsicht und Paranoia fließend. Wenn man so will, kann man die bekannten Ereignisse (z. B. das angebliche Treffen mit Trimboli) allerdings so interpretieren, dass jemand da mal nach dem Rechten gesehen hat und zu dem Schluss gekommen ist, dass die Isdal-Frau eine potenzielle Gefahr darstellte.

borchert schrieb:Übrigens hat man ja, wie erwähnt, ihre Fingerabdrücke abgenommen. Vorstrafen hatte sie wohl keine - auf jeden Fall gibt es keine Informationen dazu. Das spricht aber gegen eine kriminelle Karriere.

Ich sehe das genau andersherum: Mit einer relevanten Vorstrafe wäre sie niemals als "Mule" für eine Scheckfälscher-Bande infrage gekommen, denn schon damals gab es Fingerabdruck-Datenbanken. Eine weiße Weste ist sozusagen die conditio sine qua non für den Job.

@Bellaso
Ah, verstehe, danke Dir.
Also kann man davon ausgehen, dass dem BfV keine Erkenntnisse vorlagen, es sei denn sie wäre aus dem "eigenen Stall", wofür ich aber erstmal nicht die leisesten Anzeichen sehe.
Inwieweit arbeiten das BfV und der BND eigentlich zusammen? Es dürfte ja thematisch einige Überschneidungen geben- aber stehen die eher im Konkurrenzverhältnis wie BfV und BKA oder arbeitet man einander zu?

@ligala
Ich vermute mal, dass BfV und BND sich gegenseitig Amtshilfe leisteten. 
Mir fällt gerade auf, dass in dem Schreiben der POT Angaben aus Meldeformularen enthalten sind, die bislang, soweit ich sehe, nicht veröffentlicht sind, ich habe bislang höchstens zwei Formulare auf den Seiten der NRK gesehen.

Daher poste ich hier mal die Angaben (alles kleingeschrieben im Fernschreiben):

claudia tielt, b. 11.7.43 and 11.7.45 in bruxelles, residence rue de la madeleine 3, bruxelles and place st walburga 17, bruxelles, passport no. 9972/b 81and 9975/b 81 issued in bruxelles

alexia zarnamerhez, b. 27.11.43 in Ljubljana, res.: 91 rue st hildegaarde, brxelles, passport no. gs 2553-21 issued in bruxelles

finella lorck, date of birth unknown, belgian passport no. l t 50284

elisabeth leenhouwer, b. 27.11.45 in ostende, res: 44 a philipstock str., bruxelles, belgian passport lg 254.138

genevieve lancier, b. 28.7.45 in louvain, res.:  2 rue st walburga, louvain, belgian passport no. ls eeeno. 8870/L 25

claudia nielsen, b. 25.4.45 in gent, res.: rue st walburga, belgian passport no. ls 3552/42

vera jarle - no further information

Entschuldigung, Schreibfehler: Es muss alexandra zandra-merchez heißen

Hoffentlich bekomme ich das mal richtig hin: alexandra zarna-merchez

Super, @Bellaso !
Ich werde das morgen mal mit den Kopien und Angaben, die ich gesammelt habe, abgleichen. Auf den ersten Blick fällt mir auf, dass es sich immer um belgische Adressen oder Passangaben handelt.
Einige Straßen sind auch neu, die kannten wir noch nicht.

Eine rue St Walburge scheint es nur in Lüttich, nicht aber in Brüssel oder Löwen zu geben. Eine Philipstockstraat gibt es in Brügge, nicht aber in Brüssel.

@VanDusen

Teilweise kann ich dir recht geben. Aber wieso ausgerechnet Scheckfälscherin? Weil die Frau als Spion dMn undenkbar sei?

Es sind wohl keine gefälschten Schecks o.ä. aufgetaucht, die deine Theorie unterstützen könnten.

@borchert
Sie sind sogar gar nicht so schlecht für diesen Bereich, weil die wenigsten damit rechnen. Deshalb würde ich das auch nicht ausschliessen wollen, auch wenn es dafür erstmal keine Beweise gibt.

@Bellaso
Sind die Angaben so richtig? Nimms nicht persönlich aber ich frage mich das wegen der Schreibweise der verschiedenen Städte.

Beim Name "Claudia Tielt" steht als Geburts- und Wohnort "Bruxelles", also die französische Bezeichnung. Auf dem Meldezettel stand es in deutscher Version "Brüssel".

Ebenso beim Name "Elisabeth Leenhouwer". Dort steht "Ostende". Auch dies ist die französische Bezeichnung. Auf Flämisch heißt es ja "Oostende".

Interessant ist dabei auch die Tatsache, dass über andere Namen nur unvollständige Angaben vorhanden sind. Warum dieses? Waren die Meldezettel nicht vollständig ausgefüllt worden? Das sollte eigentlich auffallen, denke ich mal.

Das das Bundesamt für Verfassungsschutz kontaktiert worden ist, finde ich einleuchtend. Wenn man sich die gesamten Umstände anschaut, also ihr Verhalten und auch die in den Koffern gefundenen, dann ist eine konspirative Tätigkeit, so will ich es mal nennen, durchaus naheliegend. Wenn man dann noch die Angaben auf den Meldezetteln anschaut, die auf Deutsch abgefasst worden sind, dann macht das Sinn.

Um die Passnummern zu übeprüfen, hätte man sich wohl nicht an die belgische Botschaft in Deutschland wenden müssen. In Oslo gibt es ja auch eine.