Wissensgesellschaft 2.0
15.01.2010 um 23:48Hallo,
Was sagt ihr zu dem folgenden Artikel?
Besonders die beiden letzten Punkte finde ich sehr interessant und wichtig.
Im der Gesamtheit geht es um die heutige Wissensgesellschaft, wie sie entstanden ist und welchen Einfluss die auf die Menschen hat.
1.
Mich würde interessieren wie tragt ihr eure Informationen zusammen?
2.
Entscheidet ihr intuitiv, was wahr sein kann oder was möglicherweise nur ein Fake ist?
3.
Wie vielseitig beschäftigt ihr euch mit der Welt?
4.
Also habt ihr spezielle Gebiete oder habt ihr auch schon versucht die Welt als ganzes zu sehen, sprich vernetzt zu denken?
http://www.heise.de/bin/tp/issue/r4/dl-artikel2.cgi?artikelnr=24265&mode=html&zeilenlaenge=72
10.2. Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit
Ständig wird zwar überall von Wissen und Wissensgesellschaft gesprochen, kaum jemand macht sich aber wirklich die Mühe zu klären, was er unter Wissen eigentlich und überhaupt versteht. Um welches "Wissen" geht es in der Wissensgesellschaft 2.0? Wann wird eine Zahl oder Formel, ein Bild oder eine Information überhaupt zum Wissen? Und: Ist der Informierte auch der Wissende?
Sicherlich verändert das Internet Wissen. Datenbanken wie Google und Yahoo oder Wissensportale wie Xipolis oder Wissen.de sind die modernen Enzyklopädien des 21. Jahrhunderts. Anders als die Bibliotheken der Wissensgesellschaft 1.0 liefern sie aber ein offenes Wissen zweiter Ordnung. Die Regeln und Codes, nach denen dieses funktioniert, die "Ontologie des Wissens", sind dagegen streng geheim und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Dadurch unterscheiden sie sich erheblich von ihren Vorläufern. Die Enzyklopädisten schickten ihrem Werk einen "Discours préliminaire" voraus, in welchem sie die verschiedenen Konzeptionen der Wissenschaftssystematik ausführlich erläutert haben.
Das Internet verändert aber auch die Art, wie Wissen entsteht, dargestellt und verbreitet wird. Das hängt eng mit der Hypertexttechnologie und den Linkstrukturen zusammen, die es trägt. Statt einer linearen logischen bildet es eine vernetzte Struktur. Ob Wissen in unseren Köpfen und Gehirnen ähnlich organisiert ist, darüber streiten bislang Hirnforscher und Kognitionspsychologen. Unstrittig ist dagegen wiederum die Annahme, dass das Wissen dadurch seine Form und seinen Inhalt verändert.
Die Nutzer haben sich dem weitgehend angepasst. Sie verabschieden sich, soweit sie das Netz nutzen, von linearen Prozessen der Wissensaufnahme. Sie clicken und surfen und kompilieren sich aus diversen Wissensteilen oder -versatzstücken ein eigenes und neues Stück Wissen. Das heißt, auch die Form des Zugriffs auf Wissen hat sich verändert. Da es im Prinzip offen ist und jedem Interessierten Zugriff bietet, es ständig und beinahe unkontrolliert wächst, bildet es einen gigantischen Speicher an Wissen, so groß, wie ihn die Menschheit weder gesehen noch jemals besessen hat. Gerade deswegen findet sich dort neben vielen Mautzonen, Zugangsverboten und Kontrollen auch viel Halbgares und Aufgeregtes, Kurioses oder Verlogenes. Und da sich das alles ständig ändert, Wissen sich vermehrt und wieder verschwindet, wird es für den Nutzer überaus schwer, das er- und nachgefragte Wissen auf seine Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit hin zu befragen oder gar zu überprüfen. Über die Mittel, die ein professioneller Journalist oder Wissenschaftler besitzt, um Information von Desinformation, Tatsachen von Tatsachenbehauptungen zu unterscheiden, verfügt der normal user in aller Regel nicht. Weshalb ihm meist nichts anderes übrig bleibt, sich an bekannten Namen und Adressen zu orientieren, denen er ein überaus hohes Maß an Vertrauen und Glaubwürdigkeit entgegenbringt.
10.3. Speichern und Verarbeiten
Damit bin ich unweigerlich wieder am Beginn meiner Tour d'horizon durch die Wissensgesellschaft angelangt. Bereits um 1500 und danach ist die Informationsflut groß. Und schon damals stellt sie alle Wissbegierigen vor das Problem, wie sich Quellen, Manuskripte und Verträge auf ihre Echtheit und Welthaltigkeit überprüfen lassen. Das Krisenbewusstsein dafür ist mithin alt, es begleitet die Wissensgesellschaft(en) von Anfang an und sorgt dafür, dass man nach Mitteln und Wegen, Methoden und Regeln sucht, das Geschriebene und Mitgeteilte auf ihre Qualität und ihren Wahrheitsgehalt hin zu beleuchten. Seinerzeit fand man sie im Empirismus und in Fußnoten, im Discours de la méthode und im Quellenstudium.
Diese Zeit der Prüfung und Diskussion bleibt im überhitzten Getriebe der Echtzeit-Gesellschaft kaum noch, sodass eigentlich nur noch die gut bewehrte Skepsis bleibt, der Zweifel gegenüber allem, was Aufklärung, Wahrheit und Gewissheit verspricht. Mit ihr lassen sich zwar keine universalen oder sonstigen Wissensansprüche einlösen, doch bewahrt Skepsis vor etlichen Missdeutungen und Falschbehauptungen.
Andererseits: Eindrücke und Informationen zu sammeln ist nichts Ungewöhnliches, wir machen das tagein, tagaus, beim Autofahren, beim Kochen in der Küche oder beim Flanieren in der City. Und bloß zu wissen, wo man Wissen findet, wenn man es braucht, bleibt letztlich unzureichend. Wer wirklich wissen will, muss es sich deshalb aneignen. Das ist bisweilen anstrengend und beschwerlich. Es erfordert Zeit, Ruhe, Muße und Konzentration. Erst wenn Daten und Informationen von jemandem gedanklich verarbeitet und/oder systematisiert werden, wird sie zu qualitativ hochwertigem Wissen. Genau darauf kommt es aber an, auf informiertes Wissen, nicht auf rohe und ungekochte Information, die sofort digitalisiert, automatisiert und outgesourct werden kann. Was die Wissensgesellschaft 2.0. vor allem benötigt ist Wissenswissen, Wissen über das Wissen, Wissen, das in die Kultur eingebettet ist. Nur das ist letztlich wertvoll, für sie, für Kulturen und alle nachfolgenden Generationen.
Dies aber, Information in Orientierungs- oder Referenzwissen zu verwandeln, können immer weniger Menschen. Um es zu generieren, braucht es nämlich nicht nur kognitiver Kompetenzen und Medienkompetenz, sondern auch und vor allem Empathie, Intuition und Fantasie. Vielleicht ist das auch der Grund, warum unsere Zeit für Systematiker, Groß- oder "Meisterdenker" nicht gerade günstig ist[150] .
Wird Wissen mit Information gleichgesetzt, dann fließt sie wie Wasser von hier nach da. Es wird beliebig und um die Ecken und Kanten seiner Aneignung und seines Besitzes gebracht. Deswegen sollten wir auch nicht den Ameisen folgen, die begierig und gedankenlos Daten zusammentragen, oder den Spinnen, die aus sich heraus irgendwelche Netze spinnen, sondern, wie Francis Bacon es in seinem Novum Organum anno 1620 ausgedrückt hat, der Biene nacheifern, die "ihren Stoff sammelt, ihn dann aber durch eigene Kraft verarbeitet."[151]
Grüße trailerguy :)
Ach und der Bericht ist sehr lang, aber ich denke es gibt fast kein besseres Thema für diese Forum, weil wer auf allmy angemeldet ist, ist auf der suche nach der Wahrheit. Und um zur Wahrheit zu gelangen muss man oft einen weiten Weg zurück legen, desswegen lohnt sich das Thema denke ich.
Was sagt ihr zu dem folgenden Artikel?
Besonders die beiden letzten Punkte finde ich sehr interessant und wichtig.
Im der Gesamtheit geht es um die heutige Wissensgesellschaft, wie sie entstanden ist und welchen Einfluss die auf die Menschen hat.
1.
Mich würde interessieren wie tragt ihr eure Informationen zusammen?
2.
Entscheidet ihr intuitiv, was wahr sein kann oder was möglicherweise nur ein Fake ist?
3.
Wie vielseitig beschäftigt ihr euch mit der Welt?
4.
Also habt ihr spezielle Gebiete oder habt ihr auch schon versucht die Welt als ganzes zu sehen, sprich vernetzt zu denken?
10.2. Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit
Ständig wird zwar überall von Wissen und Wissensgesellschaft gesprochen, kaum jemand macht sich aber wirklich die Mühe zu klären, was er unter Wissen eigentlich und überhaupt versteht. Um welches "Wissen" geht es in der Wissensgesellschaft 2.0? Wann wird eine Zahl oder Formel, ein Bild oder eine Information überhaupt zum Wissen? Und: Ist der Informierte auch der Wissende?
Sicherlich verändert das Internet Wissen. Datenbanken wie Google und Yahoo oder Wissensportale wie Xipolis oder Wissen.de sind die modernen Enzyklopädien des 21. Jahrhunderts. Anders als die Bibliotheken der Wissensgesellschaft 1.0 liefern sie aber ein offenes Wissen zweiter Ordnung. Die Regeln und Codes, nach denen dieses funktioniert, die "Ontologie des Wissens", sind dagegen streng geheim und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Dadurch unterscheiden sie sich erheblich von ihren Vorläufern. Die Enzyklopädisten schickten ihrem Werk einen "Discours préliminaire" voraus, in welchem sie die verschiedenen Konzeptionen der Wissenschaftssystematik ausführlich erläutert haben.
Das Internet verändert aber auch die Art, wie Wissen entsteht, dargestellt und verbreitet wird. Das hängt eng mit der Hypertexttechnologie und den Linkstrukturen zusammen, die es trägt. Statt einer linearen logischen bildet es eine vernetzte Struktur. Ob Wissen in unseren Köpfen und Gehirnen ähnlich organisiert ist, darüber streiten bislang Hirnforscher und Kognitionspsychologen. Unstrittig ist dagegen wiederum die Annahme, dass das Wissen dadurch seine Form und seinen Inhalt verändert.
Die Nutzer haben sich dem weitgehend angepasst. Sie verabschieden sich, soweit sie das Netz nutzen, von linearen Prozessen der Wissensaufnahme. Sie clicken und surfen und kompilieren sich aus diversen Wissensteilen oder -versatzstücken ein eigenes und neues Stück Wissen. Das heißt, auch die Form des Zugriffs auf Wissen hat sich verändert. Da es im Prinzip offen ist und jedem Interessierten Zugriff bietet, es ständig und beinahe unkontrolliert wächst, bildet es einen gigantischen Speicher an Wissen, so groß, wie ihn die Menschheit weder gesehen noch jemals besessen hat. Gerade deswegen findet sich dort neben vielen Mautzonen, Zugangsverboten und Kontrollen auch viel Halbgares und Aufgeregtes, Kurioses oder Verlogenes. Und da sich das alles ständig ändert, Wissen sich vermehrt und wieder verschwindet, wird es für den Nutzer überaus schwer, das er- und nachgefragte Wissen auf seine Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit hin zu befragen oder gar zu überprüfen. Über die Mittel, die ein professioneller Journalist oder Wissenschaftler besitzt, um Information von Desinformation, Tatsachen von Tatsachenbehauptungen zu unterscheiden, verfügt der normal user in aller Regel nicht. Weshalb ihm meist nichts anderes übrig bleibt, sich an bekannten Namen und Adressen zu orientieren, denen er ein überaus hohes Maß an Vertrauen und Glaubwürdigkeit entgegenbringt.
10.3. Speichern und Verarbeiten
Damit bin ich unweigerlich wieder am Beginn meiner Tour d'horizon durch die Wissensgesellschaft angelangt. Bereits um 1500 und danach ist die Informationsflut groß. Und schon damals stellt sie alle Wissbegierigen vor das Problem, wie sich Quellen, Manuskripte und Verträge auf ihre Echtheit und Welthaltigkeit überprüfen lassen. Das Krisenbewusstsein dafür ist mithin alt, es begleitet die Wissensgesellschaft(en) von Anfang an und sorgt dafür, dass man nach Mitteln und Wegen, Methoden und Regeln sucht, das Geschriebene und Mitgeteilte auf ihre Qualität und ihren Wahrheitsgehalt hin zu beleuchten. Seinerzeit fand man sie im Empirismus und in Fußnoten, im Discours de la méthode und im Quellenstudium.
Diese Zeit der Prüfung und Diskussion bleibt im überhitzten Getriebe der Echtzeit-Gesellschaft kaum noch, sodass eigentlich nur noch die gut bewehrte Skepsis bleibt, der Zweifel gegenüber allem, was Aufklärung, Wahrheit und Gewissheit verspricht. Mit ihr lassen sich zwar keine universalen oder sonstigen Wissensansprüche einlösen, doch bewahrt Skepsis vor etlichen Missdeutungen und Falschbehauptungen.
Andererseits: Eindrücke und Informationen zu sammeln ist nichts Ungewöhnliches, wir machen das tagein, tagaus, beim Autofahren, beim Kochen in der Küche oder beim Flanieren in der City. Und bloß zu wissen, wo man Wissen findet, wenn man es braucht, bleibt letztlich unzureichend. Wer wirklich wissen will, muss es sich deshalb aneignen. Das ist bisweilen anstrengend und beschwerlich. Es erfordert Zeit, Ruhe, Muße und Konzentration. Erst wenn Daten und Informationen von jemandem gedanklich verarbeitet und/oder systematisiert werden, wird sie zu qualitativ hochwertigem Wissen. Genau darauf kommt es aber an, auf informiertes Wissen, nicht auf rohe und ungekochte Information, die sofort digitalisiert, automatisiert und outgesourct werden kann. Was die Wissensgesellschaft 2.0. vor allem benötigt ist Wissenswissen, Wissen über das Wissen, Wissen, das in die Kultur eingebettet ist. Nur das ist letztlich wertvoll, für sie, für Kulturen und alle nachfolgenden Generationen.
Dies aber, Information in Orientierungs- oder Referenzwissen zu verwandeln, können immer weniger Menschen. Um es zu generieren, braucht es nämlich nicht nur kognitiver Kompetenzen und Medienkompetenz, sondern auch und vor allem Empathie, Intuition und Fantasie. Vielleicht ist das auch der Grund, warum unsere Zeit für Systematiker, Groß- oder "Meisterdenker" nicht gerade günstig ist[150] .
Wird Wissen mit Information gleichgesetzt, dann fließt sie wie Wasser von hier nach da. Es wird beliebig und um die Ecken und Kanten seiner Aneignung und seines Besitzes gebracht. Deswegen sollten wir auch nicht den Ameisen folgen, die begierig und gedankenlos Daten zusammentragen, oder den Spinnen, die aus sich heraus irgendwelche Netze spinnen, sondern, wie Francis Bacon es in seinem Novum Organum anno 1620 ausgedrückt hat, der Biene nacheifern, die "ihren Stoff sammelt, ihn dann aber durch eigene Kraft verarbeitet."[151]
Grüße trailerguy :)
Ach und der Bericht ist sehr lang, aber ich denke es gibt fast kein besseres Thema für diese Forum, weil wer auf allmy angemeldet ist, ist auf der suche nach der Wahrheit. Und um zur Wahrheit zu gelangen muss man oft einen weiten Weg zurück legen, desswegen lohnt sich das Thema denke ich.