Hyperloop um die ganze Welt?
10.01.2018 um 15:30
1) Hyperloop ist der nach Transrapid naechste logische Schritt: mit der Magnetschwebetechnik faellt der Reibungswiderstand weg, mit der Vakuumroehre der Luftwiderstand.
Magnetschwebetechnik allein war nicht hinreichend, eine Revolution im Verkehr zu bewirken, da die Reibung bei hoeheren Geschwindigkeiten sowieso nicht das primaere Problem ist. Dh., Magnetschwebetechnik konnte sich nicht nennenswert von herkoemmlicher Hochgeschwindigkeits-Rad-Schiene Technik abheben.
Vakuumroehren jedoch ueberwinden ein Problem, welches kein anderes Verkehrsmittel bislang loesen kann, den Einfluss des Luftwiderstandes bei hohen Geschwindigkeiten zu reduzieren. Daher kann Hyperloop etwas, was mit keiner anderen Technik erreicht warden kann.
Das ist aber nur eine theoretische Ueberlegung. Die praktische Frage ist, die, ob Hyperloop einen existierenden Bedarf deckt oder nur ein Problem loest, welches gar nicht existiert...?
2) Der Vergleich der Concorde ist insoweit ziemlich hinkend, weil es einen riesigen Unterschied gibt:
die Investitionen fuer die Concorde waren verhaeltnismaessig gering, es bedurfte keiner neuen Flughaefen, die existierende Infrastruktur konnte mit minimalen Anpassungen einfach weitergenutzt warden. Insoweit war die Einfuehrung der Concorde kein grosser Akt.
Aber die Betriebskosten waren extrem hoch und insbesondere eine direkte Funktion der Transportmenge. Die Concorde konnte prinzipbedingt keine Skaleneffekte nutzen und damit die Kosten pro Transporteinheit senken! Daher bestand kein Anreiz fuer einen Ausbau und ein natuerliches Hemmnis fuer den Betrieb.
Bei Hyperloop ist es genau umgekehrt: die Investitionskosten fuer eine Hyperloop-Strecke sind extrem, daher ist es ziemlich ungewiss, ob je relevante Zahl von Strecken gebaut werden. Auch die Betriebskosten sind hoch, ABER sie sind relative constant und unabhaengig von der Transportmenge. Teuer ist es, das Vakuum in der Roehre aufrecht zu erhalten, die Roehre zu warten und betriebsbereit zu halten, aber es ist ziemlich wurscht, ob da alle Stunde oder alle 3 Minuten eine Kapsel durchfliegt...
Daher kann Hyperloop Skaleneffekte nutzen. Wenn es erstmal eine Hyperloop Strecke gibt, wird der Preis pro Nutzung drastisch sinken und insbesondere weit unter die Kosten des Flugverkehrs auf gleicher Relation sinken!
Das jedoch bedeutet, dass ploetzlich neue Verkehrsbeduerfnisse entstehen koennen, wenn es erstmal eine Hyperloop Strecke gibt, Beduerfnisse, die es vor Existenz der Strecke gar nicht gab.
Um mal Beispiele zu nennen, wo sowas vorher schon gelaufen ist: vor Existenz der London Tube gab es wohl kaum jemand, der zB. taeglich aus Harrow nach London zur Arbeit fuhr, als die Metropolitan Line gebaut war, zogen dort viele Arbeitnehmer hin, um einzupendeln. Als es mit der Postkutsche mehrere Tage von Hamburg nach Berlin dauerte, gab es kaum ein relevantes Verkehrsbeduerfnis, aber nachdem dank Dampfzug die Fahrzeit von mehreren Tagen auf wenige Stunden fiel, war das ploetzlich eine wichtige Verkehrsbeziehung. Oder um was aktuelleres zu nennen: dank der ICE Strecke Koeln-Frankfurt gibt es nun viele Pendler, die zB. aus Siegburg, Limburg oder Montabaur und Umgebung nach Frankfurt oder Koeln einpendeln. Das gab es vorher in nur sehr geringer Zahl. Oder man betrachte die Oeresundbruecke. Es gab auch vor dieser einen regen Schiffsverkehr zwischen Daenemark und Schweden, aber nicht mal einen Bruchteil von dem, was nun dort laeuft, jetzt fahren dort Zuege im 10 Minutentakt und die Strecke ist bis an die Belastungsgrenze ausgelastet.
Bei solchen Verkehrsprojekten, umso mehr, je einschneidender sie Kosten und Fahrzeiten aendern, darf man nicht dem Fehler verfallen, einfach nur eine Veraenderung des Modal-Split zu erwarten, man muss bedenken, dass sich daraus folgend ganz neue, andere Verkehrsbeduerfnisse entwickeln, dass sowas auch wesentliche wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen bewirken kann.
Ich sehe da viele Chancen, aber auch viele Gefahren, in Summe glaube ich jedoch, dass die Chancen ueberwiegen!
PS: noch zum Thema Haltestellenabstaende: Hyperloop macht nur Sinn, wenn man wesentlich schneller als mit konventioneller Rad-Schiene-Technik unterwegs ist. Das heisst, dass man mindestens Schallgeschwindigkeit erreichen sollte, sonst macht es keinen Sinn. Das waeren rund 330m/s. Als Komfortkriterium sollte eine langanhaltende Beschleunigungs- oder Bremsphase eine Beschleunigung von nicht mehr als 1,1m/s^2 haben. Da v=at heisst das, dass man die Zielgeschwindigkeit nicht erreicht, wenn man nicht mindestens 300 Sekunden beschleunigen und 300s bremsen kann. Da s= 1/2 at^2 heisst das mit a=1,1m/s^2 und t=300s, dass die Mindeststrecke fuer Beschleunigen und Bremsen jeweils rund 50km betragen muss, also das absolute Minimum fuer Haltestellenabstaende waere 100km. Sinnvoll jedoch waere Hyperloop sicher erst bei Haltstellenabstaenden jenseits von 200km.
Also zB. Hmaburg-Berlin (255km), Berlin-Prag (Luftlinie 279km), Prag-Wien (Luftlinie 252km), Wien-Budapest (Luftlinie 214km). Die Fahrzeit zwischen diesen Orten wuerde dann jeweils rund 18 Minuten (5 Minuten / 50km beschleunigen, 5 Minuten /50km bremsen und 150km bei rund 330m/s fahren, also 7 bis 8 Minuten Fahrt bei Topspeed).