liezzy schrieb:Bei den dort herrschenden Temperaturen von minus 180 Grad Celsius könnte eine Silizium-Biologie sogar besser funktionieren als eine Kohlenstoff-Biologie, meint der Forscher.
Leider hat sich der Forscher nicht darüber ausgelassen, wie das energetisch machbar sein sollte. Nehmen wir mal die Verhältnisse auf Titan. Die Temperaturen bei minus 180 Grad Celsius bewirken gemäß Faustregel von van t'Hoff eine Reduzierung der Reaktionsgeschwindigkeiten auf 2^-20 bis 3^-20 dessen was bei Zimmertemperatur (20 Grad Celsius) abläuft.
Damit Silane Polymere bilden können, müssen sie sich Verketten. Das erfordert Energie, die angezapft werden müsste. Angenommen, es gibt eine anzapfbare Quelle (über die Umsetzung von Ethin mit Wasserstoff zu Methan ist bereits spekuliert worden), dann müssen wir uns die Resultate ansehen.
Polysilane sind analog zu Paraffinen, also chemisch äußerst träge und kaum zu etwas zu gebrauchen - jedenfalls nicht für eine enzymatische Funktion, sondern allenfalls - analog zu unseren Fetten - als Speicherstoff oder - analog zu Zellulose - als Baustoff für Zellwände oder Zellmembranen.
Da Sauerstoff fehlen muss, bleiben nur noch Stickstoff und Wasserstoff als Grundelemente übrig, um eine Biochemie aufzubauen. Was lässt sich daraus machen? Beispielsweise Blausäure (HCN) und daraus abgeleitet einige Heterocyclische Verbindungen, wie z.B. das aus unserer Biochemie bekannte Adenin.
Problematisch ist dann aber das fehlende Wasser bzw. der fehlende Sauerstoffanteil, denn um z.B. so etwas wie RNA zu basteln, wo komplementäre Basen eine Vererbung ermöglichen, gehen dem Adenin die passenden Basen aus. Und endständige Aminogruppen scharen willig Wasserstoffatome um sich, so dass zwar ein positiver Ladungspol entsteht, aber das negative Äquivalent, das bei uns in Gestalt von endständigen Ketogruppen vorhanden ist (u.a. bei Uracil und Thymin, aber auch bei den Basen Guanin und Cytosin), ist infolge fehlenden Sauerstoffs auch hier fehlend.
Erschwerend kommt bei allem hinzu, dass aufgrund der niedrigen Temperaturen so gut wie alles als Feststoff anfällt und damit zunächst in Lösung gehen muss, um verfügbar zu sein. Die Lösemitteleigenschaften von Methan als unpolare Flüssigkeit bewirken jedoch, dass sich polare Verbindungen, wie z.B. Adenin oder auch andere polare Stoffe, die über endständige Aminogruppen verfügen, nicht lösen, sondern - analog zu Fett in Wasser - sich als Oberflächenfilm abscheiden und für Reaktionen nicht weiter zur Verfügung stehen.
Damit verbleiben unpolare Verbindungen, die in gelöster Form vorliegen und in einer Biochemie eine Rolle spielen können. Doch unpolare Verbindungen sind aus chemischer Sicht höchst langweilig, weil katalytisch träge. Um so etwas wie unser Proteom aufzubauen, muss chemische Vielfalt her, die bewirken kann, dass z.B. Verbindungen gespalten oder verknüpft werden können oder aber dass bestimmte Verbindungsgruppen transferiert werden können usw. Dies wird aber wirksam dadurch verhindert, dass Polarität in Methan als Biosolvens nicht möglich ist. Unpolare Verbindungen haben nun mal kein Energiegefälle, das nötig ist, um eine Katalyse durchzuführen.
Folglich versackt eine Chemie ohne Sauerstoff, aber dafür mit Silizium statt Kohlenstoff im chemischen Gleichgewicht, wo sich zwar immer mehr Reaktionsprodukte aus Zufallsreaktionen ansammeln, aber niemals eine Chance besteht, dass eine selbsttätige Organisation hochwachsen kann, die zur aktiven Entropietrennung führt.
Lebensformen auf Silizium-Basis, die sich beispielsweise im heißen Magma des Erdmantels wohlfühlen könnten.
Ich denke, das könnte man leicht nachweisen, wenn man erkaltete Magma auf erstarrte Zellreste hin untersucht. Meines Wissens wurde da noch nichts derartiges gefunden. Und die Einwände bezüglich der Eigenschaften von Silizium sind nicht einfach dadurch obsolet geworden, weil Silikate irgendwann auch mal schmelzen und dann flüssig sind. Eine Biochemie ist deshalb noch lange nicht drin.