@OpenEyes Mal ein Zitat von deinem "wirklichen Fachmann".
"Beruhigend ist jedenfalls, dass es in den ersten 25 Jahren nach Tschernobyl zu keiner merklichen Zunahme von Leukämie-Fällen kam."
Au weiha, als ob Leukämie die einzige Folge eines Super-GAU wäre. Der Typ bekommt wohl nicht mehr so richtig mit, was seine Kollegen gerade erst veröffentlicht haben.
Zusammenfassung der Erkenntnisse der Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW Deutschland)
1. Folgen von Niedrigstrahlung (0 bis 500 mSV) wurden systematisch beobachtet
und untersucht. Vor Tschernobyl waren besonders die genetischen Folgen unklar.
Forschungen an Zellen und in der Zelle befindlichen Molekularstrukturen haben
diese Forschungsergebnisse ergänzt. Allerdings geht die internationale Strahlenschutz-
kommission ICRP immer noch von einer Schwellendosis für teratogene
Schäden in Höhe von 100 mSv aus. Diese Annahme haben zahlreiche Studien
inzwischen widerlegt.
2. Gefunden wurden „non-targeted effects“ wie genomische Instabilität und der
„Bystander Effekt“, d.h. auch nicht direkt von der Strahlung betroffene Zellen
können sich im Genom verändern.
3. Je niedriger die Strahlung, desto länger die Latenzperiode bis zum Ausbruch der
Krebserkrankung (schon durch Pierce und Preston 2000 im Rahmen der RERFStudien
herausgefunden).
4. Die genomische Instabilität des Erbguts potenziert sich mit jeder Generation. Sie
wird mit dem Erbgut weiter gegeben. Es liegen zahlreiche Forschungsergebnisse
hinsichtlich Chromosomenaberrationen bei den Kindern von Liquidatoren und
nicht strahlenbelasteten Müttern in den Forschungszentren von allen drei betroffenen
Republiken (Moskau, Minsk, Kiew vor). Erster Kumulationseffekt könnten
Schilddrüsenkrebserkrankungen bei den Kindern von bestrahlten Eltern sein. Dies
ist jedoch noch nicht sicher.
5. Es fand sich ein Anstieg von Nichtkrebserkrankungen. Gefunden wurden Herz-/
Kreislauf- und Magenerkrankungen sowie neurologisch-psychiatrischen Erkrankungen
als somatischer Effekt von Niedrigstrahlung. Letztere wurden insbesondere
durch die Forschung an Liquidatoren und deren Kindern beobachtet.
6. Nach russischen Angaben sind über 90 Prozent der Liquidatoren Invaliden; das
wären mindestens 747.000 schwer kranke Menschen. Liquidatoren altern vorzeitig.
Sie erkranken überdurchschnittlich an verschiedenen Krebserkrankungen, an
Leukämie, an somatischen und neurologisch-psychiatrischen Erkrankungen, ein
sehr hoher Anteil hat Katarakte. Aufgrund der langen Latenzzeiten wird für die
kommenden Jahre noch eine erhebliche Zunahme der Krebserkrankungen erwartet.
7. Unabhängige Schätzungen gehen davon aus, dass bereits 2005 112.000 bis
125.000 Liquidatoren gestorben sind.
8. Die vorliegenden Studien ergeben für Europa Tschernobyl-bedingte Todesfälle unter
Säuglingen in der Größenordnung von 5.000.
9. Genetische und teratogene Schäden (Fehlbildungen) haben sowohl in den drei
unmittelbar betroffenen Ländern als auch in mehreren Ländern Europas signifikant
zugenommen. Allein in Bayern kam es nach Tschernobyl zu 1.000 bis 3.000
zusätzlichen Fehlbildungen. Es ist zu befürchten, dass es in Europa strahlenbedingt
zu mehr als 10.000 schwerwiegenden Fehlbildungen kam. Die Dunkelziffer
muss hoch sein, wenn man berücksichtigt, dass sogar die IAEO zu der Einschätzung
kam, dass es in Westeuropa 100.000 bis 200.000 Abtreibungen wegen der
Tschernobylkatastrophe gab.
10. Unter Bezug auf den Wissenschaftlichen Ausschuss der Vereinten Nationen zur
Untersuchung der Auswirkungen der atomaren Strahlung (United Nations Scientific
Committee on the Effects of Atomic Radiation, UNSCEAR) kommt man auf
12.000 bis 83.000 mit genetischen Schäden geborene Kinder in der Tschernobylregion
und etwa 30.000 bis 207.500 genetisch geschädigte Kinder weltweit. In
der ersten Generation findet man nur zehn Prozent der insgesamt zu erwartenden
genetischen Schäden.
11. Nach Tschernobyl kam es in Europa jedoch nicht nur zu einer erhöhten Zahl von
Totgeburten und Fehlbildungen, sondern auch zu einer Verschiebung des Verhältnisses
von männlichen und weiblichen Embryonen: Nach 1986 wurden signifikant
weniger Mädchen geboren.
Hagen Scherb weist zudem in einer Arbeit mit Kristina Voigt nach, dass in der
Folge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl nach 1986 in Europa rund
800.000 Kinder weniger geboren wurden als eigentlich zu erwarten gewesen wären.
Da diese Arbeit mehrere Länder nicht abdeckte, muss laut Scherb mit schätzungsweise
einer Million fehlenden Kindern nach Tschernobyl gerechnet werden.
12. In Belorussland erkrankten seit der Katastrophe über 12.000 Menschen an
Schilddrüsenkrebs (Pavel I. Bespalchuk, 2007). Einer WHO-Prognose zufolge
werden allein im belorussischen Gebiet Gomel mehr als 50.000 Kinder im Laufe
ihres Lebens Schilddrüsenkrebs bekommen. In allen Altersgruppen zusammengenommen
wird man dann mit etwa 100.000 Schilddrüsenkrebsfällen in dem Gebiet
Gomel rechnen müssen.
13. Malko (2007) berechnete die Zahl der zu erwartenden zusätzlichen Schilddrüsenkrebserkrankungen
auf der Basis der bisher beobachteten Fälle in Weissrussland
und Ukraine und kalkuliert zusätzlich die Strahlenbelastung dazu. Er kommt dabei
auf eine Zahl von 92.627 Fällen von Schilddrüsenkrebs zwischen 1986 und
2056. Die Schilddrüsenkrebsfälle unter den Liquidatoren sind in dieser Kalkulation
nicht einbezogen. Für ganz Europa kommt Malko auf 239.900 zusätzliche
Krebserkrankungen einschließlich Leukämien.
14. Nach Tschernobyl war die Säuglingssterblichkeit in Schweden wie auch in Finnland
und Norwegen hochsignifikant um 15,8 Prozent gegenüber dem Trend der
Jahre 1976 bis 2006 erhöht. Für 1987 bis 1992 errechnete Alfred Körblein insgesamt
1.209 zusätzlich gestorbene Säuglinge.
15. In Deutschland stellten Wissenschaftler neun Monate nach Tschernobyl eine signifikant
ansteigende Anzahl von Trisomie 21-Fällen bei Neugeborenen fest. Besonders
konnte dieser Trend in West-Berlin und im süddeutschen Raum beobachtet
werden.
16. Orlov und Shaversky berichten über eine Serie von 188 Hirntumoren bei Kindern
unter drei Jahren in der Ukraine. Vor Tschernobyl (1981 bis 1985) wurden 9
Krankheitsfälle gezählt, also nicht einmal zwei pro Jahr. Von 1986 bis 2002
mussten 179 Kinder mit Hirntumoren diagnostiziert werden – über zehn Fälle pro
Jahr.
17. In höher belasteten Gebieten Süddeutschlands gab es eine signifikante Häufung
eines sehr seltenen Tumors bei Kindern, des so genannten Neuroblastoms.
18. In einer vom Tschernobylministerium der Ukraine publizierten Arbeit wurde in der
Ukraine eine Vervielfachung der Erkrankungen des Endokrinen Systems (25fach
von 1987 bis 1992), des Nervensystems (6fach), des Kreislaufsystems (44fach),
der Verdauungsorgane (60fach), des Haut und Unterhautgewebes (50fach), des
Knochen-Muskel-Systems und der Psychischen Störungen (53fach) registriert.
Unter den Evakuierten sank der Anteil der gesunden Menschen von 1987 bis
1996 von 59 Prozent auf 18 Prozent. Von den ehemaligen Bewohnern der belasteten
Gebieten waren 1987 noch 52 Prozent gesund, 1996 waren es nur noch 21
Prozent. Besonders dramatisch: Von den Kindern, die nicht selbst vom Tschernobyl-
Fallout betroffen waren, deren Eltern aber erhöhter Radioaktivität ausgesetzt
wurden, sank der Anteil der Gesunden von 81 Prozent auf 30 Prozent im Jahr
1996.
19. Seit mehreren Jahren wird berichtet, dass Diabetes Typ I (Zuckerkrankheit mit Insulinmangel)
bei Kindern und Jugendlichen stark zugenommen hat.
20. Zahlenmäßig überwiegen diese Nicht-Krebserkrankungen die spektakulären Leukämie-
und Krebserkrankungen bei weitem.
http://www.tschernobylkongress.de/fileadmin/user_upload/pdfs/Tschernobyl_Studie_2011_web.pdf