@g00fy g00fy schrieb:Was haben Newton & Co. übersehen/falsch interpretiert?
Der Fehler liegt nicht auf Seiten von Newton und Co, sondern in deinem falschen Verständnis der potentiellen Energie.
Zunächst zum Energiebegriff: Obwohl in der Populärlitertaur gerne die abenteuerlichsten Dinge mit der "Energie" angestellt werden, handelt es sich in der klassischen Mechanik nach Newton um nicht mehr als eine zusätzlich eingeführte, mathematisch sauber definierte Hilfsgröße für viele Arten von Kraftfeldern, um gewisse Rechnungen zu vereinfachen (siehe Potentialtheorie).
Man ordnet hierbei dem reinen Kraftfeld, etwa dem Gravitationsfeld einer Punktmasse, das skalare Gravitationspotential zu, wodurch für jede Probemasse an jedem Ort nicht nur eine Kraftwirkung, sondern auch ein Potential definiert werden kann. So erfährt also jede Masse im Gravitationsfeld der Erde eine Beschleunigung in Richtung Erdmittelpunkt und besitzt gleichzeitig per Definitionem eine potentielle Energie.
Potentielle Energie wird nun aber nicht aus der Masse der Erde "bezogen", wie auch immer dies vonstatten gehen sollte, sondern ist aufgrund der Präsenz eines Kraftfeldes "einfach da", so wie die Gravitation in der klassischen Physik. Diese potentielle Energie ist es, die in kinetische Energie umgewandelt wird, um dem klassischen Energieerhaltungssatz zu genügen. Bis auf die Tatsache, dass gemäß Actio=Reactio auch die Erde eine (zumeist vernachlässigbare) Beschleunigung in Richtung der betrachteten Masse erfährt, passiert nichts Weiteres mehr. Keine Angst: Nach beinahe 300 Jahren Feinschliff durch Newton, Laplace, Hamilton und andere Geistesgrößen erweist sich die klassische Mechanik als hochgradig konsistente physikalische Theorie.
Kurzum: In der Aussage
g00fy schrieb:Da Gravitation ja nur eine Funktion der Masse ist, leite ich davon ab, das Masse über Gravitation in Bewegung umgewandelt wird
stimmt die Prämisse lediglich für Punktmassen und sphärisch-symmetrische Massenverteilungen, die Schlussfolgerungen hingegen ist immer falsch und entspricht nicht der physikalischen Idee eines Gravitationspotentials.
Auch
g00fy schrieb:Die aktuellen Beobachtungen im Universum wiedersprechen ja dem, was die Leute damals postuliert haben
ist so nicht richtig. Die Gültigkeit des Newtonschen Gravitationsgesetzes als nicht-relativistischer Grenzfall der Allgemeinen Relativitätstheorie wird auch heute noch durch genaue Messungen bis auf interstellare Skalen immer wieder sehr genau bestätigt.
Die von dir beschriebenen Abweichungen auf galaktischen Skalen, etwa in den Rotationskurven von Galaxien oder der Bewegung von Galaxieclustern werden rückwirkend auf den Einfluss einer nicht-leichtenden, exotischen Materieform zurückgeführt, die sich lediglich durch gravitative Effekte zeigt: Dunkle Materie. Hier schlagen wir jedoch ein ganz neues Kapitel aktueller Forschung auf.
Falls du dich in Mathematik fitt fühlst, empfehle ich dir den "Grundkurs Theoretische Physik I" (Nolting; Springer Akademischer Verlag), wo du all dies in der gebotenen Ausführlichkeit und fachlichen Strenge nachlesen kannst.
Übrigens: Den Satz
g00fy schrieb:Dazu sollte ich erwähnen, das ich diese Frage/Logikbeisüiel bereits promovierten Leuten gestellt habe, die mir das nicht einleuchtend bzw. zum Teil sogar überhaupt nicht erklären konnten.
kann ich dir nicht so wirklich abkaufen - Klassische Mechanik, Potentialtheorie sowie das Newtonsche Gravitationsgesetz sind Stoff im ersten Semester des Physikstudiums.