@Sonni1967:
Sonni1967 schrieb:Kann künstlich erschaffene Intelligenz neuronale Vernetzungen wie sie im Gehirn von Menschen oder auch Tieren auftreten (und damit auch ein Lernprozess stattfindet) selbstständig erweitern?
Dafür braucht es doch auch Sinnesorgane mit denen es Informationsinhalte aus der Außenwelt aufnehmen kann.
Ohne die kann es nix lernen. Ohne "Informationsinhalt" von außen bleibt es "dumm".
Zunächst mal, wie ich auch schon gegenüber
@schtabea erläutert hatte: Eine KI kann, muss aber nicht an die Struktur des menschlichen Gehirns angelehnt sein. Es gibt gegenwärtig Expertensysteme -- das ist ein Bereich, in dem ich umfangreiche professionelle Erfahrung habe -- die in begrenzten Wissensbereichen eine bemerkenswerte "Intelligenz" (mal ganz einfach als Problemlösungsfähigkeit definiert) besitzen, und nicht das geringste mit neuronalen Strukturen zu tun haben.
Eine zukünftige KI -- vermutlich sogar nahezu jeder Computer -- wird bereits mit einem sehr umfangreichen Startwissen ausgestattet sein. Im Prinzip funktioniert das ähnlich wie bei derzeitigen Expertensystemen, nur auf sehr viel umfassenderer Basis. Das vorhandene Wissen (z.B. könnte man den gesamten Inhalt von Wikipedia als Ausgangsbasis verwenden) muss dafür von menschlicher Sprache in ein logisch verarbeitbares Modell umgesetzt werden. Das ist eigentlich nicht übermässig schwierig, und in gewissem Rahmen auch mit der gegenwärtigen Technik bereits möglich.
Das gesamte Datenvolumen (alle Sprachen und inkl. Bilder) von Wikipedia dürfte irgendwo im niedrigen dreistelligen GB-Bereich liegen (geschätzt anhand der Angaben
hier, vermutlich gibt's irgendwo eine genaue Zahl, hab' aber gerade keine Zeit danach zu suchen), ist also keine allzu grosse Sache. Da die Speicherdichte in Zukunft nahezu sicher deutlich schneller steigen wird als das Datenvolumen von relevantem Wissen, wird diese Datenmenge immer einfacher und billiger handzuhaben sein. Man muss sich auch nicht auf Wikipedia beschränken, sondern kann auch noch alle wesentlichen anderen Enzyklopädien und ein paar zigtausend Fachbücher dazunehmen. Ich habe aktuell ca. 400 eBooks auf meinem iPad (grösstenteils Sachbücher, viele davon mit Illustrationen), die zusammen gerade mal weniger als 4 GB belegen.
Das ist die Ausgangsbasis. Dann kann die KI anfangen, dieses Wissen auf Fehler, Widersprüche und bisher unentdeckte Zusammenhänge zu überprüfen. Da sie im Gegensatz zu einem Menschen auf all dieses Wissen praktisch gleichzeitig zugreifen kann, und nicht den üblichen
Schwächen des menschlichen Denkens unterliegt, wird sie das Ausgangs-Weltmodell sehr wahrscheinlich drastisch verbessern, d.h. besser mit der Realität in Übereinstimmung bringen können. Ich bin ziemlich sicher, dass dabei in ganzen Reihe von Wissensgebieten eine ganze Menge angeblich "gesichertes Wissen" den Bach runtergehen wird. Sofern die KI -- was ich persönlich bevorzuge -- auf herkömmlichen Algorithmen, und nicht auf neuronalen Netzen beruht, wird sie jede ihrer Aussagen bis ins kleinste Detail begründen können. Natürlich muss nicht jede KI diesen ganzen Prozess von vorne durchlaufen, sondern "fertige" KI-Weltmodelle werden sowohl frei als auch (vielleicht umfangreicher, sorgfältiger überprüft und mit mehr Service) kommerziell verfügbar sein.
Bis dahin braucht die KI überhaupt noch keinen Kontakt mit der Aussenwelt (ausser vielleicht Wikipedia-Updates, etc.). Sofern das Ziel die Weiterentwicklung der KI ist, könnte man ihr als nächstes die Aufgabe stellen, eine Liste mit vermutlich praktikabel beantwortbaren Fragen zusammenzustellen, deren Beantwortung ihr Weltmodell möglichst optimal verbessern würde. Das können sowohl Fragen zu Spezialgebieten an menschliche Experten sein, als auch Fragen "an die Natur" in Form von vorgeschlagenen Experimenten. Letztere kann die KI ggf. in gewissem Rahmen auch selbst durchführen, wenn man ihr die entsprechenden Aktionsmöglichkeiten (z.B. Kontrolle über Roboter) gibt. Dadurch wird sich das Weltmodell, d.h. in gewissem Sinne das Verständnis der Realität der KI nochmal drastisch verbessern.
Der nächste Schritt wäre dann, der KI die Aufgabe zu stellen, das gesammelte Wissen auf das Ziel zu konzentrieren, sich selbst leistungsfähiger zu machen, zum einen durch Analyse und Verbesserung der Software, und durch Entwurf leistungsfähigerer Hardware. Anfangs wird dazu noch menschliche Hilfe nötig sein, später allerdings -- sofern der KI entsprechende Aktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen -- nicht mehr.
Durch wiederholtes Durchlaufen dieser drei Schritte: Verbesserung des Weltmodells durch interne Analyse, Verbesserung des Weltmodells durch Fragen (oft in Form von Experimenten) an die Aussenwelt, Nutzung des verbesserten Weltmodells zur Selbstverbesserung, kann sich die KI immer weiter entwickeln.
Zum Thema Sinnesorgane: Die KI braucht zunächst sehr leistungsfähige Subsysteme, die Text und Bilder in logisch verarbeitbare Modelle umsetzen (in gewissem Rahmen gibt es das schon, wobei die Bildanalyse noch nicht so weit entwickelt ist wie die Textanalyse). Dabei ist eigentlich zweitrangig, wo der Text und die Bilder herkommen, d.h. ein Text kann sowohl über das Internet aus irgendeiner weit entfernten Datenbank stammen, oder aus einem Spracherkennungs-Subsystem (das funktioniert inzwischen bekanntlich schon ziemlich gut), das mit einem lokalen Mikrofon verbunden ist. Vermutlich wird man eine KI aus rein praktischen Gründen mit lokalen "Sinnesorganen" wie Kameras und Mikrofonen ausstatten, unbedingt notwendig ist das aber nicht.
Sonni1967 schrieb:Es brauch für eine "selbstständige künstliche Intelligenz" viele Dinge. Verbindungen zur Außenwelt
(wie bei Menschen Sinnesorgane) um Information aufzunehmen, es muss sich selbstständig erweitern können ( wie ein
Gehirn was seine neuronalen Verknüpfungen selbstständig erweitern kann) und muss fähig sein die Energie die es braucht
auch selbstständig aufzunehmen (ohne Stecker aus der Strombüchse).
Zumindest anfänglich werden KIs stationär sein, und "aus der Steckdose" versorgt werden. Es wird einen gleitenden Übergang zwischen dem geben, was man heute ganz einfach als "Computer" bezeichnet, und dem, was wir hier als KI diskutieren. "Sinnesorgane" wird man ganz einfach nach Bedarf hinzufügen. Falls eine KI lokal nix tun soll, muss man auch keine Kamera anschliessen. Wahrscheinlich werden die "Sinnesorgane" in vielen Fällen die Form von Robotern annehmen, die von der KI gesteuert werden. Der Strombedarf einer KI wird auf absehbare Zeit zu hoch sein, um ihn dauerhaft auf andere Weise als "aus der Steckdose" zu decken. Langfristig (in einigen Jahrzehnten) halte ich es für denkbar, dass es gelingen wird, kleine, sichere nukleare Reaktoren (möglicherweise auf Basis irgendeiner Art von Kernfusion) zu entwickeln, womit das Stromversorgungsproblem gelöst wäre.
Sonni1967 schrieb:Kann der Mensch so etwas erschaffen in der Zukunft ? Ich glaub gerade ja, irgendwann.. grrrr
Ich hatte es in meinem vorhergehenden Beitrag schon geschrieben: Jeder Schritt in diese Richtung
vor Eintreten der eigentlichen Singularität bringt den jeweiligen Beteiligten erhebliche Vorteile (das kann man u.a. an den vielen IT-Millionären sehen). Deshalb ist es fast unvermeidlich, dass es dazu kommen wird.