Antimaterie
18.03.2004 um 16:14
Die Antimaterie
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Die Antimaterie ist nichts Geheimnisvolles. Genauer gesagt, sie war einmal etwas Geheimnisvolles, allerdings nur fuer 4 oder 5 Jahre.
Nachdem Einstein seine Relativitaetstheorie aufgestellt und die Quantenphysiker die Quantenmechanik aufgestellt hatten, gab es Versuche, diese beide Theorien, die eine im Bereich des Makrokosmos gut bewährt und die andere im Bereich des Mikrokosmos, zu vereinigen. Der erste Erfolg gelang Paul Dirac.
Dirac ist ein englischer Physiker und ein unglaublich brillianter Mathematiker. Dirac vollendete 1928 eine Theorie, die die Quantenphysik und die spezielle Relativitaetstheorie zusammenbindet, und die bis heute ihre Gültigkeit bewahrt hat (trotz vieler Entdeckungen, die erst danach kamen). Dirac bemerkte in seiner neuen Theorie, dass es Lösungen gibt, die auf dem ersten Blick physikalisch nicht sinnvoll erscheinen.
Um diese Sachverhalt zu verdeutlichen, lassen sie uns einmal mit einer ganz einfachen Aufgabe einen Vergleich machen: Ein quadratisches Gelände hat eine Fläche von 4 km^2, wie gross ist die Seitelaenge? 2km sagt der Schueler. Naja, der peinlich genauer Mathematiker wuerde sagen plusminus 2km. Aber offensichtlich gibt es fuer die -2km keinen physikalischen Sinn, also nimmt man die +2km als Loesung.
So ähnlich war nun es auch Dirac ergangen. Nun war Dirac einer jener Menschen, die der Mathematik sehr vertrauen. Wenn die Mathematik schon so eine Lösung liefert, dann muss sie in der Natur auch einen Sinn haben, sagte er sich. Und so sah er, dass man diese Loesung als eine Art Anti-Materie betrachten kann.
Diese Anti-Materie hat mit der Materie fast alles gemeinsam, die Masse, die Energie, das Verhalten, die Ladungsmenge, nur nicht das Ladungsvorzeichen. Ein Stueck Anti-Materie, das etwa einem Elektron entspricht, wuerde also nicht etwa eine Minuselementarladung besitzen, sondern eine Pluselementarladung.
Nun hat bis 1928 noch keiner eine Antimaterie gesehen, so standen viele Physiker auch dieser Spekulation von Dirac sehr skeptisch gegenüber. Schliesslich sind die Physiker ja keine Mathematiker und für sie existiert genau das, was auch tatsächlich in der Natur nachgewiesen werden kann.
So vergingen 4 Jahre, und am 2.August 1932 machte ein Amerikaner namens Carl Anderson auf der Sternwarte von Mount Wilson eine Entdeckung, die besagt, dass Diracs Spekulation richtig ist.
Was hat dieser Anderson gemacht? Dieser Anderson hat die Höhenstrahlung untersucht. Damals gab es noch keine Teilchenbeschleuniger, und die Physiker wussten auch noch nicht, wie man so richtig hochenergetische Teilchen erzeugen kann. Aber damals wusste man schon von Höhenstrahlung, die wurde nämlich noch früher durch Höhenbalons mit entsprechenden Geräten an Bord entdeckt. Nun sagten die Physiker, na gut, wenn wir noch keine Teilchenbeschleuniger zu bauen wissen, können wir doch die Natur benutzen. Also nahm man die Teilchen zur Untersuchung, die von der Höhenstrahlung kommen.
Da man nie so richtig weiss, wann denn ein Teilchen ankommt, und das Warten darauf zu langweilig ist, überlässt der faule Mensch das Warten einen Photoapparat. Bei Anderson wurde ein Nebelkammer benutzt, der von Bleiplatten durchtrennt war, und daneben eine Kamara. Parallel zur Kamara war noch ein magnetisches Feld geschaltet. Wenn ein elektrisch geladenes Teilchen durch dieses magnetisches Feld fliegt, dann macht seine Bahn eine Krümmung. Diese Krümmung hängt von zwei Grössen ab: die Masse des Teilchens (genauer gesagt, das Verhältnis Masse/Ladung, da allerdings die Höhenstrahlung nur Teilchen mit 1 Elementarladung aufweisen, gibt diese indirekt den Hinweis auf Masse) und die Geschwindigkeit des Teilchens. Die Richtung, nach welche Seite die Spur gekrümt ist, hängt von dem Vorzeichen der Ladung ab (aber das musst Du eigentlich schon in der Schule gehabt haben, von wegen Rechtehand-Regel und so).
An jenem besagten August-Tag nun registrierte die Kamera von Anderson eine Spur, die ausserordentlich seltsam war. Von der Richtung der Krümung sah man, dass es eine positive Ladung war. Da man damals ausser Elektronen nur Protonen kannte, würde man daraus schliessen, dass das ein Proton gewesen sein musste. Allerdings durchdringt die Spur eine Bleiplatte. Das muss bedeuten, dass das Teilchen eine sehr hohe Geschwindigkeit gehabt haben musste. Wenn das ein Proton wäre und wenn seine Geschwindigkeit so gross wäre, würde er aber einen viel groesseren Krümungsradius haben als der auf der Platte. Folglich: das Teilchen, das diese Spur verursacht hatte, hat eine viel kleinere Masse.
Das ist doch was äusserst merkwürdiges, dachte sich Anderson und beschloss, die Sache genauer zu untersuchen, so konnte er aus der Spur vor und nach der Bleiplatte die Geschwindigkeit des Teilchens bestimmen und somit die Masse, und siehe da, die Masse war genau so gross wie die des Elektrons. Somit hatte Anderson ein positives Elektron, also ein Positron, entdeckt. Das war das erste Anti-Materie-Teilchen, dass je in der menschliche Geschichte dokumentiert wurde.
Heute kennt man schon so viele Positronen, dass Photoplatten der Hoehenstrahlung mit einem Positron-Spur glatt weggeworfen werden, weil sie völlig uninteressant sind.
Nun, wie entstehen die Positronen in der Höhenstrahlung (und damit verbunden auch die Frage, wie macht man sowas), schliesslich besteht ja unsere Welt aus Materie. Die Höhenstrahlung besteht aus Teilchen mit sehr hoher Geschwindigkeit (zum Beispiel Elektronen oder Protonen, die sich mit fast Lichtgeschwindigkeit bewegen) oder sehr hochenergetische Photonen (also Gamma-Strahlung). Wenn diese Teilchen auf ein irdisches Teilchen in der Atmosphäre trifft, dann zerschmettert dieses das irdische Teilchen buchstäblich. Daraus wird zuerst einmal ein riesen Trümmerhaufen, der sich mit ebenfalls immer noch sehr hoher Geschwindigkeit bewegt. Dabei können Teilchen-Antiteilchen-Paare entstehen, ein hochenergetisches Photon kann also zum Beispiel in einem Positron und einem Elektron zerfallen. Das ist das Umkehrereignis, wie wenn ein Positron ein Elektron trifft, dann gibt es ein Lichtblitz. So stellen heutzutage die Physiker auch in den Teilchenbeschleunigern Antimaterie her: Man beschleunigt zum Beispiel Elektronen oder Protonen so stark, dass sie fast mit Lichtgeschwindigkeit fliegen und zerschmettern sie auf Atomkerne, dabei kann unter anderem auch Antimaterie entstehen.
An sich ist dies inzwischen schon Routine bei den Hochenergie-Physikern. Wenn zum Beispiel die Ringe bei DESY oder bei CERN laufen, werden täglich Milliarden von Positronen erzeugt.
Diese erzeugte Teilchen fliegen aber ebenfalls mit sehr hoher Geschwindigkeit. Diese zu fangen und abzubremsen, das ist nun eine wahre Kunst, die ebenfalls eine lange und wundervolle Entwicklungsgeschichte hinter sich hat und einige Nobelpreise hervorgebracht hatte. Vor etwa 5 Jahre war man so weit, dass man Anti-Protonen so weit abkühlen konnte, dass man sie in einem thermosflaschenfoermigen Behaelter in einem Pkw von der Ostkueste des amerikanischen Kontinents bis zur Westkueste transportieren konnte (ich moechte gern wissen, welche Gefahrengut-Transport-Tafel das Fahrzeug getragen hatte :-).
Anti-Protonen oder Positronen sind deswegen "leicht" zu behandeln, weil sie elektrisch geladen sind. Elektrisch geladene Teilchen kann man immer mit elektrischen oder magnetischen Kräften ablenken, während bei neutralen Teilchen das schon viel schwieriger ist, zumal bei den Anti-Teilchen man sie nicht antasten kann, weil wie vorhin schon beschrieben, sie sonst in einem Lichtblitz zerstrahlen. Das ist auch der Grund, warum die Anti-Protonen transportiert werden konnten und die Anti-Wasserstoff-Atome binnen kuerzester Zeit wieder weg waren.
Um diese schon recht lange (und doch immer noch nicht ausführlich genuegende) Mail zu beschliessen, haenge ich noch drei Literatur-Empfehlungen fuer das weiterlesen (alle drei aus dem Zeitschrift "Spektrum der Wissenschaft"):
Saufen rauchen randalieren,
scheiße an die wände schmieren,
nuten ficken geldverprassen, jungfrauen an die möse fassen,
das ist unser trost prost.
alkohol ist keine lösung :-)