Erstaunliche Fakten aus den Naturwissenschaften
13.12.2023 um 12:34Peter0167 schrieb:Sehr schöner und informativer Beitrag, ich wusste bis heute noch nicht einmal, dass es so etwas wie Mathematische Biologie überhaupt gibt.Ja, das geht leichter unter, da man diese Vorgehensweise üblicherweise nur aus der Physik kennt. Dem ist aber bei weitem nicht so und man kann Vielteilchensysteme, welche die Biologie nun mal als Gegenstand hat, ebenfalls beschreibend mathematisch approximieren. :) Gerade die Chaostheorie bzw. die mathematische Theorie nichtlinearer Dynamiken dient hier als Beschreibung für viele biologische Phänomene, u.a. neuronale Systeme.
Um noch ein praktisches Beispiel anzuführen, was auch während der Corona-Zeit sicherlich bekannter wurde: SIR-Modelle (susceptible-infected-removed), welche die Dynamik von Epidemien und Pandemien zu beschreiben versuchen. Es gibt eine ganze Fülle an epidemiologischen Modellen, aber aus Gründen der Einfachheit verbleiben wir bei diesem Typus.
Der britische Arzt Ronald Ross hatte Anfang des 20. Jahrhunderts ein solches Modell für die Verbreitung von Malaria aufgestellt und konnte so dessen Verbreitung nachvollziehen; diese ging von Mosquitos aus, was davor jedoch nicht bekannt war und er entdecken konnte.
Ein simples, deterministisches (es enthält keine Wahrscheinlichkeiten) SIR-Modell ist ein System dreier gekoppelter nichtlinearer Differentialgleichungen und hat die folgende Form:
\frac{dS}{dt} = - \beta S I \newline
\frac{dI}{dt} = \beta S I - \nu I \newline
\frac{dR}{dt} = \nu I
wobei β >0 die Übertragungsrate und ν die Erholungsrate repräsentieren; S ist die Anzahl der empfindlichen bzw. gefährdeten Individuen, I die Anzahl infizierter Individuen, die Elemente aus S anstecken und abschließend bildet R die restlichen Individuen, die entweder genesen, immun oder verstorben sind. Alle davon sind von der Zeit t abhängig.
Mit einem solchen Modell kann man bereits die Dynamiken und die Stabilität der Lösungen untersuchen und analysieren, ab welchen Bedingungen die Krankheit ausstirbt oder ab wann sie beginnt, völlig entfesselnd zu wüten etc.
Die Basisreproduktionszahl R, von dem man sicherlich während der Covid-Zeit gehört hat, wird aus solchen Modellen ebenfalls errechnet bzw. abgeschätzt.
Also ja, mathematische Biologie hat durchaus einen sehr hohen Praxisbezug. :D
Quellen:
Wikipedia: Ronald Ross
Wikipedia: Basisreproduktionszahl
https://mat.uab.cat/~matmat/PDFv2013/v2013n03.pdf