Der Beginn von allem
13.08.2005 um 17:53
>Wie geht es weiter mit dem Universum?
Die Frage nach dem Beginn der Welt, also der Zeit und des Raums, ist eine ziemlich sinnlose Frage. Sie gleicht der Frage, wo auf einer Kugel Anfang und Ende sind. Dennoch ist die Physik in der Lage, den Beginn der Zeit - und des Raums - exakt festzulegen. Aus dem Wert der Lichtgeschwindigkeit (= 300.000 km/sec.) und anderen Grundgrößen der Natur ergibt sich ein Zeitpunkt nach dem Urknall, mit dem die beschreibbare Welt beginnt: 10-43 Sekunden (eine 1, geteilt durch eine 1 mit 43 Nullen!). Das ist fast null - aber eben nur fast!
Die kosmische Zeit hat sich also nicht exakt bei Null "eingeschaltet", sondern einen unbeschreiblich kleinen Augenblick später. Davor gab es keine Zeit, so ist zu vermuten. Es muss ein Zustand absoluter Formlosigkeit gewesen sein. Aus dieser Erkenntnis der Physik folgt, dass es keine kleinere Zeiteinheit als 10-43 Sekunden geben kann. Jeder Vorgang im Universum dauert mindestens 10-43 Sekunden. Innerhalb von 10-43 Sekunden passiert nichts. Das ist der absolut kleinste Teil der Zeit. Die Zeit fließt also in Wirklichkeit nicht dahin, wie es den Anschein hat, sondern verstreicht in winzig kleinen Sprüngen oder Zeitportionen. Die Zeit vergeht ruckweise; nur sind die Sprünge so klein, dass man sie nicht wahrnehmen kann.
Unlösbar verknüpft mit dieser ersten möglichen Zeitangabe im Universum ist die erste und damit kleinste Raumgröße. Sie ergibt sich aus der Strecke, die das Licht in 10-43 Sekunden durchläuft, nämlich 10-33 Zentimeter. Man könnte also sagen: 10-43 Sekunden nach dem Urknall hatte das Universum einen Durchmesser von 10-33 Zentimeter. Die gesamte Masse und Energie des Universums war also auf diesen winzigen Raum, der unvorstellbar viel kleiner war als ein Atom, zusammengepresst. Dieses winzige Universum war extrem heiß; es hatte eine Temperatur von 10 32 Grad.
Dieses höllisch heiße Universum dehnte sich blitzschnell aus und kühlte ebenso schnell ab. Die Frage, wohin es sich ausdehnte, ist so sinnlos wie die Frage, was vor dem Urknall war. Am besten sagt man, dass es sich in sich selber ausdehnte, aber verständlicher wird es dadurch auch nicht.
Während sich das Universum ausdehnte, entstanden aus purer Strahlung zuerst die Elementarteilchen: Quarks und Elektronen. Sie bildeten eine Art von superheißer Elektronen-Quark-Suppe. Aus den Quarks gingen etwa eine hunderttausendstel Sekunde nach dem Urknall die Protonen und Neutronen hervor, aus denen sich etwa drei Minuten nach dem Urknall die Atomkerne von Wasserstoff und Helium bildeten.
Als das geschehen war, änderte sich während der nächsten 300.000 Jahre am Universum nichts, außer dass es sich weiter ausdehnte und dabei weiter abkühlte. In dieser Zeit bestand es aus nichts anderem als Atomkernen von Wasserstoff und Helium, frei herumschwirrenden Elektronen und Strahlung, also Lichtteilchen. Erst als das Universum sich auf einige tausend Grad Celsius abgekühlt hatte, konnten sich die Elektronen mit den Atomkernen verbinden: Atome entstanden. Fortan bestand das Universum aus Materie und Strahlung, und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Während der nächsten eine Milliarde Jahre ballte sich die Materie aus Wasserstoff und Helium zu riesigen Gaswolken zusammen. Diese verdichteten sich immer mehr, bis endlich die ersten Sterne aufleuchteten. Aus ihnen formten sich Galaxien, und diese bildeten Galaxiehaufen und -superhaufen. Und in einer dieser 100 Milliarden Galaxien besitzt einer der dort versammelten 100 Milliarden Sterne einen kleinen blauen Planeten, auf dem sich Lebewesen befinden, die sich Gedanken zum Universum machen.
Aber was wird noch geschehen? Nun, das Universum wird sich weiter ausdehnen, möglicherweise sogar mit immer größerer Geschwindigkeit. Die gesamte Energie des Universums wird sich auf einen immer größeren Raum verteilen, und damit wird seine Temperatur immer noch weiter sinken, obwohl diese schon jetzt nur noch drei Grad über dem absoluten Nullpunkt liegt. Nur in der Nähe von Sternen ist es warm genug, um Leben zu ermöglichen. Aber auch Sterne leben nicht ewig, auch Sterne müssen sterben. Irgendwann geht ihnen der Brennstoff aus, und sie verglühen. Und mit jedem erloschenen Stern wird das Weltall etwas dunkler. Aber auch das, was von Sternen übrig bleibt, sogenannte Weiße Zwerge, Neutronensterne oder Schwarze Löcher, existiert nicht ewig.
In etwa fünf Milliarden Jahren wird auch unsere Sonne erloschen sein. Aber neue Sterne werden aus den reichlich vorhandenen Wasserstoffwolken entstehen. Irgendwann sind freilich auch diese Reserven aufgebraucht. In spätestens zehn Billionen Jahren (eine 1 mit 13 Nullen) werden die letzten Sterne erloschen sein. Für ein menschliches Auge, das es dann freilich nicht mehr geben wird, wäre das Universum von da an stockfinster.
Die Geschichte des Universums - und damit die Zeit - wird dennoch mit dem Ende der Sterne nicht zu Ende sein. Die erkaltenden Sternleichen werden in endlos langen Zeiträumen nach und nach ins Zentrum ihrer Galaxie stürzen. Dort werden sie von einem gewaltigen Schwarzen Loch, das dort sitzt, verschlungen werden. Damit aber nehmen die Schwarzen Löcher im Zentrum der Galaxien immer mehr an Masse zu. Die Galaxien, die nur noch aus Sternleichen bestehen, lösen sich nach und nach auf. Das wird aber etwa hundert Trillionen Jahre dauern (eine 1 mit 20 Nullen).
Von da an wird das Universum fast nur noch aus Schwarzen Löchern bestehen. Trotzdem dehnt es sich unablässig weiter aus. Das Universum wird gewaltig groß, aber dabei gähnend leer sein. Doch auch die Schwarzen Löcher sind nicht für die Ewigkeit bestimmt. Auch sie lösen sich mit der Zeit auf, verlieren an Masse, anfangs fast unmerklich in der Art eines Verdampfungsprozesses, am Ende in einer gewaltigen Explosion. Das wird aber erst in hundert Dezilliarden Jahren sein (eine 1 mit 65 Nullen).
Wenn alle Schwarzen Löcher im Universum verdampft beziehungsweise explodiert sein werden, wird fast nichts mehr passieren. Es wird ein extrem langweiliges Universum geben. Spätestens nach 10100 Jahren (eine 1 mit 100 Nullen) bestünde das Universum nur noch aus einer extrem dünnen Suppe aus elektrischer Strahlung, in der ein paar Elementarteilchen herum schwämmen. Diese Suppe, die gewissermaßen das Weltende darstellte, wäre so dünn, dass man nur alle Million Lichtjahre auf eines der Elementarteilchen stieße.
10100 Jahre wären vergangen, und der Kosmos wäre an dem Punkt angelangt, an dem es ihm unmöglich geworden ist, noch irgendwelche Ereignisse hervorzubringen. Wenn sich aber nichts mehr ereignet, dann vergeht auch keine Zeit mehr. Die Zeit, die ja nichts Absolutes ist, würde mit den Ereignissen aus dem Universum verschwinden, allerdings nicht mit der Plötzlichkeit, mit der sie 10-43 Sekunden nach dem Urknall "eingeschaltet" wurde. Die Zeit wird ganz allmählich zu existieren aufhören. Mit der absoluten Ereignislosigkeit wird das Universum die Grenze zur zeitlosen Ewigkeit überschreiten.
Das Universum bestünde zwar noch mit der gesamten Energie, die es von Anbeginn besaß, aber es tauchte in seinem endlosen Ausdehnen immer tiefer in einen Zustand ein, der jenseits der Naturgesetze läge. Aus einem solchen war es im Urknall urplötzlich hervorgegangen, in einem solchen wird es vermutlich wieder enden. Dann bleibt nur noch die Frage: Wozu das ganze Theater? Aber die wird niemand mehr stellen - außer vielleicht Gott.<
No More Excuses.