@AnGSt Lass mich das ganze Themengebiet mal aus modellbildnerischer Sicht begutachten;
eine wichtige Forderung, die man an mathematische Modelle (Abbilder der Realität) stellt, ist die sogenannte
Parsimony, auf deutsch nicht ganz korrekt mit Sparsamkeit übersetzt.
Diese Forderung besagt, dass ein Modell mit möglichst wenigen Grundannahmen möglichst viel erklären soll; ein Modell, das viel mehr Annahmen benötigt, um etwa gleich viel zu erklären wie ein anderes, sparsameres Modell, ist vermutlich falsch.
Ganz wichtig hierbei: wenn man wirklich gute Naturgesetze hat, zeichnen sich diese meist dadurch aus, dass viele Annahmen wegfallen bzw. aus eben diesen Gesetzen hergeleitet werden können.
Gutes, geschichtliches Beispiel:
christliche Astronomen hatten lange Zeit versucht, die beobachteten Bewegungen der Himmelskörper mit ihrem geozentrischen Weltbild zu vereinen; als immer mehr Himmelskörper, v.a. Monde der Planeten, entdeckt wurden, mussten sie ihr anfängliches Bild, dass alle Körper auf Kreisbahnen um die Erde kreisen, um immer mehr Annahmen ergänzen, es wurden Epizyklen und noch weiter reichende Zyklen eingeführt, das Modell wurde sehr kompliziert (konnte aber trotzdem die Bewegungen der Himmelskörper erstaunlich genau beschreiben).
Der Schritt vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild machte kurzen Prozess mit dem komplexen Modell; im (nicht ideologisch geprägten) Modell von Galileo, Keppler, Brahe und Co. konnten die Himmelskörperbahnen plötzlich mit einigen wenigen Gesetzen (im wesentlichen nur dem Gravitationsgesetz, Newtons Axiomen und den Keppler-Gesetzen) erklärt werden, das bessere Modell ist sparsamer (und kann außerdem auch neue Planetenbahnen vorhersagen, was das Epizyklen-Modell nicht ohne umfangreiche Korrekturen konnte).
Fassen wir zusammen: Radosophie ist, wenn man vorher festlegt, was "rauskommen soll" und dann die mathematischen Modelle mit so vielen Rechenschritten, wie man eben braucht, hinbiegt, bis es passt, ungeachtet der Anwendbarkeit des Modells auf neue Daten.