Moral
Ein interessantes Beispiel von CarlSagan. Offensichtlich ist es so, dass manche Ausnahmesituationen Folter zumindest moralisch rechtfertigbar erscheinen lassen.
Der Begriff Moral wurde und wird hier regelmäßig bemüht, um verschiedene Argumentationen zu unterfüttern.
Wer beispielsweise die so genannte No-Plane-Theorie vertritt, der soll also von Haus aus unmoralisch sein, weil er damit zwingend alle Opfer in Frage stelle (was übrigens nicht stimmt). Wem es seltsam vorkommt, dass ein Sohn angesichts des bevorstehenden Todes sich bei der Mutter mit Vor- und Zunamen melde, der sei gar zu verachten.
Derlei Feststellungen werden dann meistens mit einiger Entrüstung vorgetragen und in der damit geschaffenen emotionalen Atmosphäre (für die Mutter von Mark Bingham sei es quasi Folter, sollte sie später einmal diese „Anschuldigungen“ lesen müssen) kann jeglicher Erklärungsversuch des „unmoralischen“ Verschwörungstheoretikers einfach kategorisch verneint werden.
Aber so einfach liegen die Dinge nicht.
Hat die Mutter von Mark Bingham ein Recht darauf, ihren toten Sohn als Helden in Erinnerung zu behalten? Natürlich.
Hat die Mutter eines mutmaßlichen Attentäters ein Recht darauf, herauszufinden, ob ihr Sohn vielleicht gar kein Massenmörder war, sobald es auch nur den leisesten Hinweis für diese Möglichkeit gibt? Und schon zögern wir mit der Antwort. Weil wir einfach ein fixes Bild im Kopf haben - nicht zuletzt aufgrund der medialen Aufbereitung.
Aber nun konkret oder: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht …
Zurück ins Jahr 1990. Vor dem Menschenrechtsausschuss des US-Kongresses erzählt ein 15-jähriges Mädchen namens Nayirah stockend und schluchzend von unfassbaren Gräueltaten irakischer Soldaten in Kuwait. Kaum jemand kann das Entsetzen unterdrücken, als das Mädchen von Babies erzählt, die von den irakischen Bestien aus ihren Brutkästen auf den kalten Boden geworfen wurden und dort starben. Mit eigenen Augen hat sie das gesehen.
Spoiler Nayirah Kuwaiti girl testimony
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Keine vier Monate später trägt nicht zuletzt diese später entlarvte Lüge eines Mädchens, das selbst nur ein instrumentalisiertes Opfer ist, entscheidend dazu bei, dass es zum zweiten Golfkrieg kommt. Abgesehen von den toten Soldaten der Alliierten und des Irak hat man Tonnen von abgereichertem Uran auf das Land regnen lassen. Heute noch werden Neugeborenen mit Missbildungen geboren.
Kein Mensch kam vorerst auf die Idee, diese Geschichte zu hinterfragen. Warum auch? Ein herzzerreißend schluchzender Teenager (professionell instruiert für 10 Millionen Dollar von Hill & Knowlton ), tote Babies, Bestien …
Hinterher jedenfalls musste man keine Opfer mehr leugnen …
Aber die Lügen hörten ja nicht auf. Ted Turners CNN verdiente sich dämlich mit erlogenen Berichterstattungen über einen herbeigelogenen Krieg:
<spoiler>CNN Fake Newscast Best Quality
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9/11 wurde als Gefühlskonserve für die nächste Lüge missbraucht, die zu einem noch grausameren Krieg – wieder gegen das irakische Volk führte:
<spoiler>Dead Wrong: Colin Powell's UN Speech
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Und so wie die Polizisten in CarlSagans Beispiel dann später nicht mehr die Folgen für ihr Handeln übernehmen wollten und in den Bericht schrieben, der Täter hätte freiwillig verraten, wo sich das Auto befände, nehmen es die Kriegstreiber und Massenmörder, die immer noch frei herumlaufen, auch nicht so genau mit der Moral.
Ist das nicht unfassbar wahnsinnig? Alleine durch das Zeigen von Bildern bringt man Leid über hunderte Millionen Menschen. Abgesehen von den direkten Opfern in den Kriegen, fließen Gelder in Trillionenhöhe in sinnlose, erlogene Kriege. Die Folgen der dadurch ausgelösten Finanz- und Wirtschaftskrisen sind weltweit zu spüren. Und doch verdienen immer wieder dieselben Leute daran. Ein paar Internetklicks reichen, um zu sehen, dass die Kriegstreiber dann auf mehr oder weniger verschlungenen Wegen Anteile an jenen Firmen haben, die am Krieg verdienen:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/wer-wirklich-am-irak-krieg-verdient-hat-a-889675.html
Man sollte meinen, die Menschen hätten daraus gelernt. Aber ganz im Gegenteil. Heute reicht es, wenn man uns nur noch erzählt, dass es Bilder oder Beweise gibt. Da braucht es nicht mal mehr ein Bild (wie beispielsweise das des toten Osamas) oder eines Beweises. Nein, der Zauberspruch „nationale Sicherheit“ sorgt für einen Schutzschild der Verbrecherbande.
Ist niemandem aufgefallen, dass seit geraumer Zeit auch keine genauen Quellen mehr in den Medien genannt werden? Es heißt: „anonymous sources“, „unnamed“, „does not want to be identified“, „according to officials“ und am Ende zwei andere Zaubersprüche: „unconfirmed“ und „ongoing investigation“.
Irgendetwas wird von irgendjemandem behauptet. Spekuliert werden darf darüber nicht, weil es ja „ongoing investigations“ betrifft. Prozesse werden verschoben - manchmal über zehn Jahre (9/11 Guantanamo), finden hinter verschlossenen Türen statt und am Ende steht ein Urteil, das man dann einfach hinnehmen soll/muss. Nach dem Urteil müssen auch keine Beweise mehr präsentiert werden.
Meine Meinung ist jedenfalls: Wer Folter in Ausnahmesituationen moralisch rechtfertigen kann (um beispielsweise Terroranschläge zu verhindern), der sollte auch die moralische Rechtfertigung jener nachvollziehen können, die aus Erfahrung wissen, dass man (Regierungen, Medien, etc.) nicht das erste Mal tote Menschen und Opfer einfach erfindet, um entweder Krieg zu führen oder andere Interessen durchzusetzen.
Wenn es sein muss, dass eine Verschwörungstheorie Opferleugnung beinhaltet, um eventuell einen neuen, erlogenen Krieg zu verhindern, dann stellt sich angesichts der bereits erfolgten Lügen und Kriege die Frage, ob das nicht nur erlaubt sein darf sondern sogar erlaubt sein muss.