Hallo.
Das mit dem Versicherungsbetrug halte ich für unwahrscheinlich. Schiffe, nochmehr Kriegsschiffe, sind für eine lange Lebensdauer ausgelegt. Eben weil der Bau so kostspielig ist. Viele werden über ihre, oft jahrzehntelange, Lebenszeit mehrfach umgebaut und aufgewertet, eben weil dies billiger ist, als einfach ein Neues Schiff zu bauen!
Zudem wäre es sehr merkwürdig das Schiff in einer für alle unerreichbaren Tiefe zu versenken wo es ohnehin niemand erreichen konnte und dann angeblich geänderte Bauteile als "Beweise" hinein zulegen... Äusserst unwahrscheinlich.
Konstruktive Mängel generell schliesse ich einfach mal aus. Die Titanic war damals hochmodern und auf dem neuesten Stand, auch was die Sicherheitstechnik betraf. Ihr Untergang stellt für mich lediglich eine Verkettung unglücklicher Zusammenhänge da, quasi das worst case scenario. Ihr Schwesternschiff, die Olympic, auch bekannt als "Old Reliable", die "alte Zuverlässige", überstand selbst mehrere Zusammenstösse relativ problemlos. Jeweils ein "Frontalcrash" mit einem Kriegsschiff, einem Feuerschiff und das absichtliche "Überfahren" eines angreifenden U-Bootes, in Ermangelung einer Bordbewaffnung (wobei die Olympic das erste und einzigste Nicht-Kriegsschiff ist und war, der so etwas gelang!).
Wie gesagt, das Schiff selbst war stabil gebaut. Und der Bereich, für den es ausgelegt war, deckte die damalige Bandbreite sehr gut ab. Was die Nieten betrifft, die
@Samnang erwähnte, könnte es zwar durchaus eine Beeinträchtigung geben, aber nicht unbedingt in übertriebenem Maße. Zudem liegt die Stabilität ja nicht bei einer einzelnen Niete, sondern allen gleichzeitig! Sollte also einige Nietverbindungen versagen, hält der Rest immer noch.
Maschinell eingepresste Nieten dürften fester und passgenauer sein als die manuell eingearbeiteten, ohne Zweifel. Auch wenn deren Material nicht ganz so hochwertig war, geht es doch um eine Befestigungsmethode, die auch etwas Spielraum benötigt. Nicht nur Holz "arbeitet", auch Stahl bzw Stahlplatten unterliegen der Physik. Sprich gewisse Spielräume bei Ausdehnung (Erwärmung) und Zusammmenziehen/Schrumpfen (Kälte). Bei Platten, die mit Schweißnähten fixiert und verbunden sind, ist das etwas schwerer. Allerdings sind die Nieten selbst auch eine faktische Sollbruchstelle. Aber dadurch wird auch ein eintretender Schaden, also eine einwirkende Kraft, lediglich oder immerhin, auf einen lokalen Bereich begrenzt. Zumindest im Normalfall!
So war es jedenfalls bei der Olympic. Die Schäden waren, auch wenn sie immens waren und noch schlimmer aussahen, doch immerhin auf einen gewissen "kleinen" Bereich konzentriert. Die Schotten erfüllten ihre Funktion und das Schiff war immer noch, wenn auch eingeschränkt und nur bis zur nächsten Werft/Hafen, Seetauglich und Fahrtfähig! Natürlich nun die Frage, warum dann nicht das gleiche bei der Titanic? Wo weniger (erkennbarer) Schaden war?
Olympic und Titanic hatten bei der damaligen Bauweise eine Aussenhaut/Rumpf, der von Querschotten versiegelt und damit segmentiert werden konnte. Dieses System würde sogar schon automatisch gesteuert und funktionierte auch!
Die Schäden der Olympic jedoch, fanden immer in einem eingegrenzten Bereich statt, die Bilder im Thread habt ihr ja gesehen. Durch diese lokal begrenzten Schäden wurden vielleicht ein, zwei oder drei Bereiche abgeschottet, ein also relativ kleiner Bereich des Schiffes selbst. Und die dort eindringenden Wassermassen konnten durch die Abdichtung der Schotts unter Kontrolle gebracht werden. Das Schiff wird träger und langsamer, ja, ist aber noch fahrtauglich und kann durch die Abschottung und Lenzpumpen stabil und im Gleichgewicht gehalten werden. Außerdem ist die Bugsektion ohnehin mit der schmalste Teil eines Schiffes.
Bei der Titanic nun stellt sich die Sache anders dar. Sie kollidiert mit einem Eisberg. Da steht eine viel größere Masse dahinter, als bei einem Schiff selbst. Die Kollision erfolgte nicht Frontal. Ich bin sogar der festen Überzeugung, hätte es eine Frontalkollision gegeben, wären die Schäden ähnlich der Olympic gewesen. Schlimmstenfalls hätte sich das Schiff im Eis verkeilt, nachdem es sich hineingerammt hätte. Aber sicher nicht gesunken! Der Schaden hätte sich auch da nur auf den Bug/Vorschiff bezogen und wäre relativ leicht einzudämmen gewesen.
Ausserdem ist die strukturelle Belastung bei einem Frontalcrash zwar sicher auch Hoch, wird aber durch die Form des Bugs schon abgemindert und auf eine größere Fläche verteilt. Ausserdem dauert diese Krafteinwirkung nicht so lange und erreicht also nach ziemlich kurzer Zeit damit ihren Nullpunkt.
Bei der Titanic nun fand die Kollision nicht am Bug, sondern längsseits statt. Man versuchte noch auszuweichen, ein kompliziertes Manöver, da durch die Wende das Heck selbst und mit ihm Ruder und Schraube Gefahr lief beschädigt zu werden. Das Schiff prallte also seitlich auf den Eisberg, schrammte eine Zeitlang daran, hatte also während dieser Zeit "Vollkontakt", bevor es sich lösen konnte.
Wir haben hier also eine weit größere Kraft/kinetische Energie (Eisberg) die über einen längeren Zeitraum permanent auf eine größere Fläche (Schiffsrumpf/Stahlplatten/Nieten) einwirkt/einwirken kann. Dabei wird die schon beeinträchtigte Struktur des Schiffes/Rumpfes durch Einwirkungen der Umwelt (Kaltes Wasser/Wind) bis ins Materialgefüge/Atomgitterstruktur beeinflusst, was die Materialien spröder werden lässt. Unter normalen Einsatzbedingungen kein Problem. Doch jetzt wirken immense Kräfte auf den Rumpf. Die Nieten werden jetzt, beeinflusst ähnlich wie der Stahl der Rumpfplatten (außen kalt, innen warm bis sehr warm) zum Schwachpunkt des ganzen. Wie ich schon sagte, einen normalen Aufprall hätte das Schiff verkraftet, auch seitwärts. Doch diese Krafteinwirkung setzt sich fort. Die Kräfte des Schiffes und des Eisberges arbeiten gegen einander, gehen möglicherweise sogar über. Durch die plötzliche Starke Reibung kann, trotz enormer Kälte, immer noch Reibungshitze entstehen, die das angegriffene, spröde Material noch mehr beeinflusst. (Im übrigen erhitzen sich sogar Schiffsschrauben durch die Reibungskräfte des Wassers, nur mal so..)
Meiner Meinung nach kam es dann zu einer Abfolge von Vibrationen und "Wellen" entlang und eventuell auch durch den Schiffskörper. Vibrationen/Wellen beeinflussen Materialien und Bauteile stetig (solange diese andauern) und besonders. Gerade in den alten Pötten durften die ständig irgendwelche Verbindungen/Schrauben/Muttern etc nachziehen, da diese sich durch die Maschinenvibrationen lockerten. Bei regelmässiger Wartung/Überprüfung aber kein Thema. Wenn man jetzt davon ausgeht, das durch die Kollision und und das aneinanderreiben der Schiffshaut/Eisberg quasi ein "geschlossenes System" entstand, wenn auch nur für kurze Zeit, kommt man zum Phänomen der Interferenz. Interferenz bedeutet das Reagieren von Wellen, wie sie auch durch Vibrationen dargestellt werden, mit verschiedenen Möglichkeiten. Ausgehend von den Frequenzen der Wellen gibt es drei Möglichkeiten. Die Wellen überlagern sich und tuen sich gegenseitig: 1tens abschwächen, 2tens gegenseitig auslöschen oder 3tens, was mir hier der Fall scheint, gegenseitig zu verstärken!
Wenn in diesem Fall die wirkenden Kräfte also exponential zunahmen und damit auf die schon geschwächten/beschädigten Strukturen der Rumpfplatten und besonders die Nieten einwirkten, sollte es nicht weiter überraschen, das diese weit über die Norm beansprucht wurden und schließlich versagten. Ich vermute das durch die Vibrationen so auf die Rumpfplatten wirkten, das diese in schwingung gerieten und bei dieser Belastung schlichtweg die schwächsten Nieten abscherten. Durch weiters Verbiegen, der an diesen Stellen freien und haltlosen Rumpfplatten, konnte genügend Wasser in großer Menge in das Schiffsinnere eindringen. Und das verteilt über einen größeren Bereich längsseits. Damit waren auch die Schotten, welche Querschotts waren völlig nutzlos. Einzig in Verbindung mit Längsschotten, welche parallel zum Rumpf verlaufen, hätte man die Lage kontrollieren können. Solches kam aber erst später und dann auch hauptsächlich nur bei Kriegsschiffen entsprechender Größenklassen.
Die Theorie von Sprengladungen halte ich für unbegründet und haltlos. Beim Wrack wurde nichts gefunden, was darauf hindeutet. Gäbe es da etwas, wäre anhand der Schäden sogar leicht zu klären was es für eine Sprengart war und ob die Detonation von aussen nach innen oder ungekehrt verlief. Da Wasserdichte Bomben/Ladungen zu der Zeit weder üblich noch verbreitet waren, müsste als Alternative ein Torpedoangriff gelten, was noch unwahrscheinlicher ist. Ausserdem benötigte man dafür doch eine erheblich Ladung Sprengstoff. Und das ist niemandem aufgefallen??? Ausserdem hätte es auch massive Schäden im Innern geben müssen, jedoch liefen Kessel und Maschinen ja fast bis zum Ende unbeeinträchtigt! Trotzdem hätte eine solche Detonation nur einen kleinen Teil der Aussenhaut beschädigt, mit einem solchen Leck wären die Querschotts und Lenzpumpen klar gekommen. Hohlladungen nur gegen die Nieten selbst wären zahlenmässig hoch gewesen und auch aufgefallen. Will man ein Schiff durch Sprengung zerstören, gibt es dafür weit bessere Alternativen. Für mich völlig unbegründet.
Im Nachhinein wurden aus dieser schlimmen Katastrophe die richtigen Schlüsse gezogen und umgesetzt. Die Olympic selbst wurde später auf Doppelrumpf umgebaut und bekam neben einer zweiten Aussenhaut auch noch nachträglich Längsschotts eingebaut!
Trotz alle dem hatte beide Schiffe, die zum damaligen Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Vorschriften nicht nur erfüllt, sondern sogar noch überboten.
Wie auch schon
@LordBaer postete, gab/gibt es da viele Parameter zu beachten und ich bin mir sicher jetzt auch nicht alles aufgelistet und expilizit dargestellt zu haben! Es sei mir hoffentlich nachgesehen.. :-)
Genug geschrieben erstmal, jetzt hab ich mir meinen Kaffee redlich verdient!
mfg
Eye