@KcDu kannst Menschen aber nicht immer aus der Psychose „führen“. Da passiert ja auch etwas im Gehirn. Man geht davon aus, dass bei einer Psychose (oder auch bei späterer Schizophrenie) ein Ungleichgewicht an Dopamin im Hirn herrscht, bei dem in einem Areal zu viel und in einem anderen zu wenig Dopamin vorhanden ist, was beispielsweise auch Halluzinationen erklären kann.
Sagst du einem psychotischen Menschen, dass das, was er wahrnimmt, nicht real ist, kann das ganz schön nach hinten losgehen, weswegen ich einem Betroffenen auch n i e einfach so sagen würde, dass seine Wahrnehmung nicht real ist. Für ihn ist es real, denn die Wahrnehmung ist bei einer Psychose verändert und du möchtest ja einen Zugang zu der Person finden. Also sind diverse Gesprächsstrategien am sinnvollsten.
Wichtig ist es erstmal, die Aussagen durchaus ernst zu nehmen. Nicht sie zu glauben, aber einfach sie als das anzunehmen, was die Person gerade empfindet. Das kann Panik sein, das kann Wut sein, usw. Über die Empfindungen sprechen ist auch ganz wichtig. „Wie geht es dir damit? Was macht das mit dir?“
Natürlich auch kritisches Hinterfragen; „hast du denn erkennen können, was der Mann, der dich verfolgt hat, anhatte?“; „hast du denn einen Screenshot von der telefonischen Verbindung gemacht, als er dich bedroht hat oder könnten wir das durch den Anbieter bestätigen lassen, wenn du sagst, dass du zur Polizei möchtest?“ usw.
Wichtig ist, die Fragen so zu formulieren, dass sie nicht wirken, als würde man das Erlebte nicht glauben. (außer jmd. hat da ne gute Krankheitseinsicht, dann kann man da durchaus unter Umständen offensiver vorgehen; „kann es sein, dass das mit deiner Erkrankung zu tun hat?; „ich glaube dir, dass du X wahrnehmen kannst, ich kann es jedoch nicht“..)
Fragen, was die Person entlasten könnte und Lösungsatrategien erarbeiten ist auch wichtig. Meinen Klienten (der mit Verfolgungswahn) hab ich dann beispielsweise einfach zu seinem Vater gebracht, denn er war so überhaupt nicht in der Lage zu differenzieren was wahr ist und was nicht und dann geht es erstmal darum, eben wieder in die Sicherheit zu kommen („bei meinem Vater kann mir nichts passieren, der beschützt mich“), damit die Person zur Ruhe kommen kann.
Du wirst die Wenigsten durch Gespräche kurzfristig aus einer Psychose begleiten können. Deshalb geht es akut erstmal eher darum, dass die Person zur Ruhe kommt und das möglichst reizarm. (Evtl. auch erstmal Medis, um eine Reizüberflutung zu begrenzen)
btw. nicht jede Psychose „muss“ aufgelöst werden. Stell dir mal vor, Susi 28, Studentin, bekommt ihren Alltag ganz normal geregelt, ist aber der festen Überzeugung nachts von Aliens entführt zu werden, was sie total spannend und interessant findet. Immerhin darf sie an den Experimenten dort teilnehmen, das ist ja schon was Besonderes..
;) Wieso sollte man sie da rausholen? Ihr geht es gut und sie schafft es alltäglichen Anforderungen adäquat nachzukommen.
Anderes Beispiel. Gerd, Rentner, Alkoholiker. Steht neben mir, wir unterhalten uns. Er warnt mich, da vorne tut sich der Boden auf, er möchte nicht, dass ich reinfalle. Bedank ich mich für seine Warnung oder geh ich in die Konfrontation, die vermutlich einen Schub ausgelöst hätte und ich ganz genau weiß, dass er sich dann wieder ins Koma säuft?
Deswegen; Feingefühl! Und zwar ganz viel.
Witzig, genau zu dem Thema hatte ich die Woche noch ne ziemlich gute Fortbildung
:Y: